Der Blick hinauf ins Baumkronendach des Regenwalds von Sumatra, wenn man unter einem Kompassbaum steht. Foto: Rhett A. Butler
UPDATE: Greenpeace hat verkündet, Beweismaterial über illegale Baumfällungen durch APP-Zulieferer an die indonesische Polizei übergeben zu haben; zukünftige Ermittlungen sind zu vermuten.
Eine einjährige verdeckte Ermittlung lieferte Beweise, dass Asia-Pulp-and-Paper-Betriebe (APP) unter Naturschutz stehende Raminbäume fällen und einstampfen, eine Tätigkeit, die sowohl gegen indonesiches als auch gegen internationales Recht verstöβt. Das Fällen von Raminbäumen (der Gattung Gonystylus), die hauptsächlich in den Sumpfregenwäldern von Sumatra zu finden sind, ist in Indonesien seit 2001 verboten; die Bäume sind auβerdem im Appendix II der Convention on International Trade in Endangered Species (CITES) aufgelistet und man benötigt eine Sondergenehmigung für ihren Export. Die neuen Vorwürfe wurden laut, nachdem die Firma APP, eine Dachmarke auf dem Papiersektor, aufgrund ihrer fortwährenden Nutzung von Papiermasse aus den Regenwäldern und Sumpfwäldern von Sumatra mehrere Kunden verlor. Laut Greenpeace gefährdet diese Vorgehensweise den Sumatra-Tiger (Panthera tigris sumatrae) und den Orang-Utan (Pongo abelii) und produziert zudem riesige C02-Emissionen.
„Greenpeace hat die Firma Asia Pulp and Paper auf frischer Tat ertappt —die Untersuchung zeigt, dass ihre Haupt-Papiermühle regelmäβig illegales Raminholz verarbeitet. Dies führt ihre öffentliche Aussage, dass sie eine ‘Nulltoleranz-Linie’ gegenüber illegalem Holz habe, ad absurdum”, sagte Bustar Maitar, der Leiter der Forests Campaign von Greenpeace Indonesien, in einer Pressemitteilung.
Die systematische Untersuchung begann mit verdeckten Besuchen von Indonesiens gröβter Papiermühle, Indah Kiat Perawang, die von APP geleitet wird. Die Ermittler machten Videoaufnahmen von Ramin-Holzscheiten, die auf dem Gelände zu Holzbrei verarbeitet werden sollten. Manche davon waren einen Meter dick. Es wurden auβerdem sechsundvierzig Gewebeproben von den Holzscheiten entnommen. Diese wurden von einem Labor des Institute of Wood Technology and Wood Biology an der Universität Hamburg als Raminholz identifiziert.
Sumatra-Orang-Utan in Nord-Sumatra
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„Gelegentlich tauchen in der Mühle umstrittene Holzscheite auf”, gab ein Vertreter von APP mongabay.com gegenüber zu. „Die Holzprüfstationen der Mühle entfernen diesen Bestand und bringen die kontroversen Holzscheite in einen separaten Quarantänebereich, der von den auszuliefernden Gütern abgestrennt ist, um das Risiko einer Kontaminierung zu eliminieren. Wir behalten die Holzscheite als Beweismittel, machen eine Aktennotiz und melden den Vorfall der Polizei. Die Zulieferer werden anschlieβend bestraft.”
Die Ermittler fanden allerdings auf dem Mühlengelände eine Mischung von legalen Holzscheiten und Raminholzscheiten. Auβerdem dürfen nach indonesischem Recht Raminbäume gar nicht erst gefällt werden.
„Ramin ist, wie Sie wissen, eine unter Naturschutz stehende Baumart und wird nicht gefällt. Wenn auf einer Plantage vereinzelt Raminbäume wachsen, liegt das meist daran, dass es gesetztlich geboten ist, diese stehenzulassen”, teilte APP mongabay.com letztes Jahr mit.
In einem Statement sagte APP heute erneut, dass der Betrieb eine „Nulltoleranz-Linie gegenüber illegalem Holz in der Zulieferkette” habe and ein „umfassendes“ System anwende, um illegales Holz auszuschlieβen. Bevor ein Regenwald gefällt wird, müssen die Zulieferer APP zufolge alle unter Naturschutz stehenden Bäume notieren und anschlieβend stehen lassen. Bevor das Holz die Mühle erreicht, wird es an Kontrollstationen überprüft, um zu bestätigen, dass keine unter Naturschutz stehenden Arten auf den Lastwagen sind. Auβerdem werden in der Mühle periodisch Stichproben von Fasern genommen.
„APP akzeptiert jedoch, dass kein System dieser Welt, und sei es noch so exakt, 100% fehlerfrei ist”, fährt APPs heutige Presseerklärung fort. „Wir begrüβen den neusten Bericht von Greenpeace International und werden ihn genaustens studieren —um sicherzustellen, dass wir jegliche Schwächen in unseren Produktkettten-Systemen identifizieren und die nötigen Schritte einleiten. APP möchte auf jeden Fall mit Greenpeace und anderen gleichgesinnten NRO zusammenarbeiten, um unsere verantwortungsbewussten Beschaffungsstrategien und –Praktiken zu verbessern.”
Laut APP hat der Betrieb kürzlich ein unabhängiges Gutachten erstellen lassen, welches in der Mühle keine einzige unter Naturschutz stehende Spezies fand. Bezüglich der Anfrage, Details des Berichts zu veröffentlichen, teilte ein APP-Vertreter mongabay.com mit, dass der Bericht „nicht für die Ӧffentlichkeit bestimmt“ sei und der Betrieb „zur Zeit nicht vorhab[e], die Namen der Auditoren zu veröffentlichen, obwohl diese äuβerst achtbar“ seien.
Seit 2001—als Indonesien Ramin unter Naturschutz stellte—fällten APP-Zulieferer laut Greenpeace mindestens 180 000 Hektar Sumpfwald. Sumpfwälder sind von entscheidender Bedeutung als Lebensraum für den Sumatra-Orang-Utan und die letzten 400 Sumatra-Tiger der Insel – beide stehen auf der roten Liste der IUCN als vom Aussterben bedrohte Arten —so wie tausende weiterer in Wäldern lebende Arten, groβ und klein. Die Zerstörung dieser Wälder und die Trockenlegung der Sumpflandschaft sorgt auβerdem für substantielle Trebihausgasemissionen, was Indonesien zu einem der Top-Treibhausgasproduzenten der Welt macht.
Nachdem die Firma APP zwei Versprechen, die Zerstörung des Regenwalds zugunsten ihrer Papierprodukte aufzugeben, nicht eingehalten hat, ist der Betrieb zu einer ständigen Zielscheibe für NRO wie Greenpeace und den WWF geworden. Aufgrund seiner fortdauernden Abhängigkeit vom einheimischen Regenwald verlor die Firma APP 2007 auβerdem ihre Zertifizierung vom Forest Stewardship Council (FSC). Seit langem schon werfen Umweltschutzgruppen der Firma APP vor, sich mehr auf schlaue PR-Aktionen und Desinformation zu konzentrieren, als vielmehr ihre Tätigkeiten vor Ort zu bereinigen.
„Greenpeace bittet die [indonesische] Regierung, sofort jegliches illegales Raminholz aus APPs Betrieb in Indonesien zu beschlagnahmen”, sagt Maitar. „Die Beweismittel wurden den Behörden zur Verfügung gestellt, um ihnen dabei zu helfen, die Kontrolle des Forstsektors zu verbessern. Alle Betriebe, die von APP kaufen, sollten sich von diesem illegalen Regenwaldskandal distanzieren und von APP nichts mehr kaufen, bis der Betrieb seine Affären in Ordnung gebracht hat.”
Weitere Untersuchungen von Greenpeace wiesen Fasern aus dem indonesischen Regenwald in Produkten mehrerer beliebter Firmen nach, wie unter anderem der gemeinnützigen Wissenschaftsorganisation National Geographic, des Papierriesens Xerox, des Einzelhändelers Wal-Mart, des Buchhändlers Barnes and Noble und des Nahrungsmittelherstellers Danone. Die Produkte wurden aus Regenwaldholz gewonnen, das in Indah Kiat Perawang gemahlen worden war und das die Firmen nicht nur mit der Zerstörung des Regenwalds in Verbindung bringt, sondern sie auch Risiko laufen lässt, mit illegal gefälltem Ramin in Kontakt zu kommen. Da Ramin in Indonesien unter Naturschutz steht, könnte sein potentielles Auftauchen in amerikanischen Produkten zu Untersuchungen der Bundesbehörden führen.
„Ein Produkt, das in die USA eingeführt wird und eine CITES-geschützte Spezies wie Ramin beinhaltet, ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Papiere zu haben, sollte Gegenstand einer Lacey-Act-Untersuchung werden – vor allem wenn wiederholt ausagekräftige Beweise vorliegen, die ein Muster derselben Praktiken zeigen”, sagte Andrea Johnson von der Environmental Investigation Agency (EIA). Der Lacey-Act verbietet in den USA den Verkauf von und Handel mit Holzprodukten, die nachweislich illegal beschaffen wurden.
In den letzten Jahrzehnten ist die Insel Sumatra zum Hauptschauplatz der Zerstörung des asiastischen Regenwalds geworden: zwischen 1985 und 2007 verlor Sumatra fast die Hälfte seiner Waldbestände durch Abholzung, Umformung in Monokulturen und Waldbrände. Neben der Gefährdung vom Austerben bedrohter Arten und der Produktion riesiger CO2-Emissionen hat die Abholzungskrise des weiteren zu Konflikten mit der einheimischen Anwohnern geführt, die die Wälder brauchen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Viodeo von Greenpeace über die Untersuchung von Raminbäumen in einer APP-Mühle.