Viele amerikanische Kinder unter 10 Jahren verbringen ihre Freizeit mit Fernsehen, Videospielen und Sport, aber die Geschwister Carter (9) und Olivia Ries (8) widmen den Großteil ihrer Zeit dem Schutz bedrohter Tierarten. Die Organisation One More Generation (OMG) hat nicht nur einen einfallsreichen Namen (er spielt auf die englische Abkürzung für „Oh my God“ an), sie hat wahrscheinlich die zwei jüngsten Gründer einer Umweltschutzorganisation in den USA.
„Wir gründeten OMG, weil es uns in der Seele wehtat, zu wissen, dass so viele Tierarten vom Aussterben bedroht sind“, berichtete Carter mongabay.com. Die OMG, die mit Hilfe der Eltern der beiden Kinder und zahlreicher Umweltexperten geleitet wird, hat bereits viele lokale und internationale Kampagnen gestartet. Sie sammelt unter anderem Spenden zum Schutz von Geparden, setzt sich gegen die Verwendung von Einweg-Plastiktüten ein und kämpft gegen die amerikanische Tradition der Rattlesnake Roundups, bei denen Tausende von Klapperschlangen im Rahmen von Volksfesten getötet werden.
Carter und Olivia Ries. Foto mit freundlicher Genehmigung von OMG. |
Die Geschwister haben vor Kurzem ein Rattlesnake Roundup besucht, um besser verstehen zu können, was Menschen dazu bringt, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Dort trafen sie auch viele Kinder in ihrem Alter.
„Es ist traurig, aber wir verstehen, dass die meisten Kinder und auch viele Eltern nicht wissen, welchen Schaden sie durch die Teilnahme an solchen Volksfesten anrichten. Denn die Veranstalter bieten Karussellfahrten, Spiele, Essen etc. an, um Familien anzusprechen“, erklärt Olivia.
OMG arbeitet mit lokalen Gesetzgebern und anderen Umweltschutzorganisationen zusammen, um das Wesen dieser Volksfeste zu ändern.
„Wir möchten erreichen, dass die Rattlesnake Roundups zu Klapperschlangenfestivals werden. Anstatt wie bisher aus Angst vor dieser Spezies so viele Klapperschlangen wie möglich zu sammeln und zu töten, sollten diese Tiere für den Nutzen, den sie für das Ökosystem haben, gefeiert werden“, fordert Carter.
Olivia berichtet, dass sie und ihr Bruder gerade erst mit ihrer Arbeit zur Rettung bedrohter Arten begonnen haben. „Ich liebe alle Tiere, und eines Tages werden mein Bruder und ich das größte Tierschutzgebiet gründen, wo alle bedrohten Arten überleben können.“
INTERVIEW MIT CARTER UND OLIVIA RIES, DEN GRÜNDERN VON OMG
Mongabay: Warum habt ihr euch entschlossen, One More Generation (OMG) zu gründen?
Olivia bei dem von OMG veranstalteten „Bug Out Festival“ im Fernbank Museum in Atlanta. Foto mit freundlicher Genehmigung von OMG |
Carter Ries: Wir gründeten OMG, weil es uns in der Seele wehtat, zu wissen, dass so viele Tierarten vom Aussterben bedroht sind. Seit Jahren adoptieren wir Geparden in Südafrika. Wenn sich niemand für den Schutz dieser Tiere einsetzt, wird es zu der Zeit, wenn unsere Kinder in unserem Alter sind, keine Geparden in freier Wildbahn mehr geben. Als wir das erfuhren, begann meine Schwester zu weinen. Wir wussten, dass wir etwas dagegen unternehmen mussten.
Mongabay: Warum sollten sich die Menschen für bedrohte Tierarten einsetzen?
Olivia Ries: Es gibt viel zu viele Tiere, die vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben sind. Wenn wir nicht beginnen, ihnen zu helfen, werden sehr viele der Geschöpfe Gottes von der Erde verschwinden, denn sie können nicht selbst um ihr Überleben kämpfen. Tiere tun so viel für uns Menschen, deshalb sollten wir auch etwas für sie tun.
Mongabay: Könntet ihr unseren Lesern erklären, was ein Rattlesnake Roundup ist, und warum ihr dagegen seid?
Carter Ries: Jedes Jahr veranstalten zahlreiche Gemeinden in verschiedenen Bundesstaaten der USA Rattlesnake Roundups, bei denen jährlich rund 100.000 Schlangen nur zum Spaß getötet werden. Als wir erfuhren, dass zwei Gemeinden in unserem Bundesstaat Georgia (Wigham und Claxton) diese barbarischen Volksfeste veranstalten, wussten wir, dass wir etwas unternehmen mussten. Wir haben mehrmals versucht, ein Treffen mit den Verantwortlichen zu vereinbaren, um mit ihnen über die Rattlesnake Roundups zu sprechen, aber bis jetzt haben sie uns einfach ignoriert.
Mongabay: Wie findet ihr es, dass viele Kinder in eurem Alter die Rattlesnake Roundups besuchen?
Carter beim Malen für eine Silent Auction in seiner Gemeinde mit dem Ziel, Kinder über das Schicksal bedrohter Arten zu informieren. Foto mit freundlicher Genehmigung von OMG. |
Olivia Ries: Es ist traurig, aber wir verstehen, dass die meisten Kinder und auch viele Eltern nicht wissen, welchen Schaden sie durch die Teilnahme an solchen Volksfesten anrichten. Denn die Veranstalter bieten Karussellfahrten, Spiele, Essen etc. an, um Familien anzusprechen. Wenn sie nur einmal darüber nachdenken würden, was mit den Schlangen geschieht, die sie einfangen, würden die meisten Familien zweimal darüber nachdenken, ob sie wirklich hingehen wollen. Da bin ich mir sicher.
Mongabay: Ihr habt vor Kurzem ein Rattlesnake Roundup besucht. Was haltet ihr davon?
Carter Ries: Vor zwei Wochen besuchten wir das Rattlesnake Roundup in Wigham, damit wir besser mit der Gemeinde über unseren Vorschlag sprechen können. Wir möchten erreichen, dass die Rattlesnake Roundups zu Klapperschlangenfestivals werden. Anstatt wie bisher aus Angst vor dieser Spezies so viele Klapperschlangen wie möglich zu sammeln und zu töten, sollten diese Tiere für den Nutzen, den sie für das Ökosystem haben, gefeiert werden. Wussten Sie, dass die Wahrscheinlichkeit, vom Blitz getroffen zu werden, sechs Mal höher ist als die Wahrscheinlichkeit, von einer Schlange gebissen zu werden?
Als wir auf dem Rattlesnake Roundup waren, unterhielt sich eine Reporterin mit meiner Schwester und meinem Vater. Ihre Mutter, die sie zu dieser Veranstaltung begleitete, sprach mit unserer Mutter. Unsere Mutter fragte sie, was sie von dieser Veranstaltung halte. Die Frau meinte, dass sie keine Meinung darüber habe. Sie versuche, nicht darüber nachzudenken, was mit den Schlangen passiere. Sie erzählte, dass sie kein Schlangenproblem auf ihrem Grundstück habe, dafür aber ein Rattenproblem. Sie sagte, die Ratten seien überall. Daraufhin fragte meine Mutter, ob sie wisse, warum es so viele Ratten gibt. Die Frau meinte, sie habe keine Ahnung, aber sie habe bemerkt, dass die Ratten im Laufe der letzten Jahre immer mehr zu einem Problem geworden seien. Meine Mutter fragte sie, ob sie glaube, dass die Rattlesnake Roundups etwas mit der Rattenüberbevölkerung zu tun haben könnten. Nach kurzem Nachdenken antwortete sie: „Wow, ich habe nie darüber nachgedacht.“
Die Tatsache, dass die Leute nicht darüber nachdenken, macht es möglich, dass diese Volksfeste weiterhin stattfinden… bis es zu spät ist. Dieses Jahr wurden beim Rattlesnake Roundup in Wigham nur 82 Schlangen gefangen. Das ist ein Rückgang um mehr als 50% von der Ausbeute des letzten Jahres und bei weitem die niedrigste Zahl an Schlangen in der 50-jährigen Geschichte der Veranstaltung. Schlangenjäger müssen die Klapperschlangen bereits in Nachbarstaaten fangen, um sicherzustellen, dass es genug Schlangen für die Roundups gibt. Die Veranstalter befürchten nämlich, dass zu wenige Schlangen zu einem Rückgang der Besucherzahlen führen könnten. Dies zeigt, dass diese sinnlosen Veranstaltungen den Schlangenbestand drastisch dezimieren, was den Überfluss an Nagern erklärt.
Mongabay: Was hat OMG unternommen, um diese Veranstaltungen zu verändern?
Carter und Olivia mit ihren Anti-Walfang-Plakaten, als sie die Organisation Sea Shepard bei ihrer Anti-Walfang-Kampagne unterstützten. Foto mit freundlicher Genehmigung von OMG |
Olivia Ries: Wir kontaktierten unseren Gouverneur, trafen uns mit dem Senator unseres Bundesstaates und mit dem Chef von Georgias Department of Natural Resources (DNR), um das Bewusstsein für diese Veranstaltungen zu schärfen und um Hilfe zu bitten bei dem Versuch, sie abzuschaffen. Wir haben in Georgia schon 1.200 Unterschriften gegen die Rattlesnake Roundups gesammelt und die unterschriebenen Petitionen bereits unserem Senator übergeben. Wir arbeiten mit dem Center for Biological Diversity (CBD) und der lokalen Umweltschutzorganisation P.A.L.S. (Preserving All Living Species) zusammen, um den Gesetzestext der Umweltregulierungen des Department of Natural Resources in Georgia so zu verändern, dass die Rattlesnake Roundups in ihrer jetzigen Form nicht mehr stattfinden dürfen.
Mongabay: habt auch eine Kampagne gegen Plastiktüten gestartet. Warum sollten wir keine Einweg-Plastiktüten mehr verwenden?
Carter Ries: Wussten Sie, dass jeder Erwachsene rund 500 Einweg-Plastiktüten pro Jahr verwendet. Jede Minute werden in den USA mehr als eine Million dieser Einkaufstaschen benutzt. Ja, jede Minute. Es dauert Hunderte von Jahren, bis diese Plastiktüten verrotten. Viele Plastiktüten landen in unseren Flüssen und Meeren, wo sie von Fischen, Vögeln und Meeresschildkröten gefressen werden, die sie für Nahrung halten. Meeresschildkröten verwechseln die im Wasser schwimmenden Plastiktüten mit Quallen. Und wenn sie sie fressen, sterben sie daran. Auch Seevögel fressen Plastiktüten, was zu einer Verstopfung ihres Verdauungstrakts führt. Dadurch verhungern die Tiere.
Wir wollen, dass unsere Gemeinde und unser Bundesstaat die ersten im Südosten der USA sind, die Gebühren für Plastiktüten einführen, sodass jeder, der eine Plastiktüte verlangt, eine Gebühr von 5 Cent bezahlen muss. Dieses Geld sollte zur Verbesserung des Recyclings und für diverse Müllsammelaktionen zur Säuberung von Bächen, Flüssen, Stränden und der gesamten Gemeinde eingesetzt werden.
Mongabay: Welches Tier würdet ihr am liebsten in der Wildnis sehen?
Carter und Olivia beim Aufladen von Vorräten für das Marine Mammal & Sea Turtle Rescue Center in New Orleans zur Unterstützung beim Kampf gegen die Folgen der Ölpest im Golf von Mexiko. Foto mit freundlicher Genehmigung von OMG. |
Olivia Ries: Ich liebe alle Tiere, und eines Tages werden mein Bruder und ich das größte Tierschutzgebiet gründen, wo alle bedrohten Arten überleben können. Wir werden dafür kämpfen, dass große Bereiche unserer Meere vor der Umweltverschmutzung geschützt werden, sodass dort alle Meereslebewesen überleben können. Außerdem werden wir uns für den Schutz großer Landstriche einsetzen, auf denen viele bedrohte Tiere leben. Natürlich würden wir auch gerne Ausbildungsprogramme auf der ganzen Welt organisieren, damit alle Kinder lernen, wie sie etwas bewegen können.
Carter Ries: Ich liebe Geparden und Schneeleoparden, aber auch ich möchte so viele Arten wie möglich retten. Wir treffen so viele Kinder, die unsere Arbeit befürworten und sich ebenfalls daran beteiligen wollen. Wir lieben unsere Organisation. 😉
Mongabay: Welche Ratschläge könnt ihr Kindern geben, die wie ihr bedrohte Tierarten retten wollen, aber nicht wissen, wie sie es anstellen sollen?
Carter Ries: Ihr müsst damit beginnen, euren Eltern zu sagen, was ihr wirklich denkt. Erzählt jedem Erwachsenen in eurer Familie und in der Schule über eure Pläne. Erzählt ihnen alles, und erzählt es wieder und wieder. Irgendwann werden sie euch zuhören und euch unterstützen. Als wir mit der Gründung unserer Organisation begannen, erschien es unmöglich, aber wie unsere Mutter uns immer gesagt hat, man macht immer einen Schritt nach dem anderen, und ehe man sich versieht, ist man auf dem Weg.
Ich weiß, das hört sich einfach an, aber in Wirklichkeit ist es nicht so. Wenn jemand Ratschläge will, kann er oder sie uns immer eine E-Mail schreiben. Ich bin mir sicher, dass unsere Eltern ihnen gerne Tipps geben würden. Wir suchen ständig Kinder, die uns dabei helfen, Spenden für die verschiedenen Projekte, an denen wir arbeiten, zu sammeln. Jeder kann einen Gebäckverkauf an seiner Schule organisieren. Wir können sie mit Firmen in Kontakt bringen, die wiederverwendbare Plastiktüten anbieten, die bei Spenden-Sammel-Aktionen verkauft werden könnten. Wir haben viele Ideen. Sie brauchen uns nur zu fragen, und wir helfen gerne.
Auf unserer website bieten wir auch T-Shirts und Kaffeetassen an. Wir sind gerade dabei, unser Angebot durch Wasserflaschen aus rostfreiem Stahl und wiederverwendbare Plastiktüten zu erweitern. 100% der Einnahmen werden zur Rettung bedrohter Arten und zur Säuberung der Umwelt eingesetzt.