Die Suche auf Instagram, einer Webseite zum Teilen von Fotos, fördert einen blühenden Bestand von Babyschimpansen und -Orang-Utans in reichen Arabische Golfstaaten zu Tage.Die Verkäufer bieten auf der Seite bedrohte Affenarten zum Kauf an und verletzen damit anscheinend internationale Gesetze.Zum Redationsschluss hatten Instagram and seine Muttergesellschaft facebook nicht auf die Anfrage zu einer Stellungnahme bezüglich der anscheinenden Entdeckung dieses Marktes für bedrohte Tierarten reagiert. Am 9. September kehrte ich nach einem Ermittlungseinsatz in Dubai und Ägypten für den unabhängigen Umweltschützer Karl Ammann zurück nach Mombasa, Kenia. Keine Region der Welt macht es Ausländern einfach, Handel mit bedrohten Tierarten zu dokumentieren, aber im Nahen Osten ist es besonders schwierig. Karls Berichte über seinen letzten Einsatz dort sind wegen der Erzählungen über mauernde Bürokraten und Konfrontationen mit aggressiven Tierzüchtern und der Polizei ebenso informativ wie wegen der gesammelten Fakten. So hart die Reise auch war, wir machten ein paar interessante Entdeckungen. Eine davon ist, dass möglicherweise ein Superschmuggler für bedrohte Schimpansen und Orang-Utans existiert, welcher der Öffentlichkeit völlig unbekannt bleibt, nicht unbedingt aber den Gesetzeshütern. Wir kennen seinen echten Namen, aber bei meiner Rückkehr im September hatten wir nur einen Spitznamen für ihn, dessen ersten Teil – Gorge – ich hier verwenden werde und dessen zweiter Teil der Name eines Heimatlandes wilder Schimpansen ist. Wir wüssten immer noch nichts von Gorge, wenn eine befreundete Tierschützerin aus Ägypten ihn mir gegenüber nicht auf unserer Reise Ende August erwähnt hätte. Sie wusste fast gar nichts über diesen Mann, außer dass er Ausländer war und für Unmut unter Ägyptens gut etablierten Verkäufern exotischer Tierarten sorgte, unter ihnen viele, deren Zuchtstationen sich in einem Dorf nahe den Pyramiden von Gizeh befinden. Eine der älteren dieser Familien rief unsere Freundin mehrmals an, um sich über diesen Gorge zu beschweren. Zwielichtige Händler beschweren sich über andere zwielichtige Händler. Wenn das passiert, weiß man, dass man an etwas Großem dran sein könnte. Zufälligerweise ist das eines unserer wichtigsten Werkzeuge, um Durchbrüche zu erzielen. Wir baten unsere Naturschutzverbündeten darum, ihr Netzwerk zu nutzen, um bezüglich dieser Person etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Das war nahezu erfolglos: Während ich das schreibe, behauptet sie nach wie vor, dass sie abgeblockt wird. Die Menschen dort haben “Angst” vor Gorge, wie sie uns in einer E-Mail schreibt. Seit Generationen vermitteln die Ägypter exotische Tiere, aus Afrika, darunter Schimpansen, an Sammler in der ganzen Welt. Sie sind Experten auf diesem Gebiet und finden mittlerweile, dass ihnen diese Geschäftsnische zusteht. Was für ein Mensch macht Menschen wie ihnen Angst? Schließlich stieß ich wieder auf Gorge, aber an einem Ort, an dem ich nicht mit ihm gerechnet hatte. Online und außer Kontrolle In Mombasa hab ich meine versteckten Kameras und andere Untersuchungsausrüstung weggepackt und damit angefangen, mit Hilfe von Internetrecherche einige lose Enden zu verknüpfen. Irgendwann landete ich bei Instagram. Für die meisten Menschen ist diese Seite selbsterklärend. Die erst 2010 gestartete Webseite ist zur weltgrößten Plattform zum Teilen von Fotos geworden. Für die meisten Nutzer ist sie nur ein Ort, an dem sie ihre Familien-, Reise- und Freizeitfotos ein bisschen attraktiver aussehen lassen können als auf facebook, dem Instagram mittlerweile zufälligerweise gehört. Tausende Läden nutzen die Seite, um ihre Produkte auszustellen. Das Schmuggeln von Gorillas ist ein Projekt mit noch höherem Risiko als Schimpansen und Orang-Utans. Es ist weitaus kostspieliger (zum Teil da viele der Jungtiere sterben) und nur wenige versuchen es. Offen zugängliche Beweise sind im Internet schwer zu finden, aber ich tippte auf gut Glück den Hashtag “#gorilla” ein. Ich scrollte ein paar Meter durch Touristenfotos aus Ruanda und Uganda und dann sah ich ein Bild eines Babygorillas mit einer ungewöhnlichen Bildunterschrift. Eine Tierhandlung hatte es geteilt und dort stand: “Coming soon.” [Dt.: “Demnächst verfügbar.”] Der dreiste Beitrag eines Tierhändlers aus Dubai, mit dem unsere Nachforschungen auf Instagram begannen. Man beachte die Hohe Zahl an “Likes”. Das beigefügte Foto zeigt ein Gorillajunges, das sich tatsächlich im Besitz eines Instagram-Nutzers aus dem Nahen Osten befindet. Es scheint bei schlechter Gesundheit zu sein und sein Schicksal ist unbekannt. Bei den Fotos handelt es sich um Bildschirmfotos von Instagram. Bestimmt ein Scherz, dachte ich. Schmuggler würden doch nicht auf eine riesige Seit wie Instagram gehen und praktisch sagen: “Hallo zusammen, wir bieten eines der seltensten und ikonischsten Säugetiere des Regenwaldes an, schickt uns einfach eine Nachricht unter dieser What’sApp-Nummer!” Ich klickte auf den Namen des Kontos, Amazon Pet, und klickte durch die anderen Bilder des Anbieters. Es war kein Scherz. Bei Amazon Pet handelt es sich um ein echtes Unternehmen, das eine breite Palette exotischer Tiere in den Vereinigten Arabischen Emiraten anbietet. Überpatriotisch wie viele ihrer Mitbürger, taggen die Besitzer ihre Tierfotos stolz mit #mydubai. Mehr als 43.000 Menschen folgen den Beiträgen von Amazon Pet. Und ja, das Unternehmen hat auch What’sApp, wenn man also das Geld dazu hat, ist das Traumhaustier Affe nur ein paar Gesten entfernt. (Wie wir herausgefunden haben, dient den Verkäufern von Wildtieren auf Instagram diese App als bevorzugte Kommunikationsplattform, die wohl der Ansicht sind, dass deren Privatsphäre und der günstige Preis das lästige Tippen von Nachrichten aufwiegen.) Noch verstörendere Bilder folgten. Derselbe, in Dubai ansässige Laden teilte ein wahrhaftig quälendes Foto, nachfolgend gezeigt, von einem jungen Schimpansen, der auf einem Koffertrolley anscheinend im Flughafen am Persischen Golf sitzt. Dieses Foto ließ mich innehalten. War das wirklich ein Foto eines Schimpansen, der schamlos über internationale Grenzen hinweg geschmuggelt wurde, das Äquivalent eines Koffers voller Koks oder Elfenbein, der weit geöffnet in der Wartehalle eines Flughafens steht? Ein Schimpansenjunges auf dem Transportweg, anscheinend in einem Flughafen im Nahen Osten, so wie es die in Dubai ansässige Zoohandlung geteilt hat. Die auf Instagram mit den bedrohten Tierarten Handelnden scheinen keine Angst vor Sanktionen durch den Eigentümer der Seite, durch facebook, zu haben. Bei dem Foto handelt es sich um ein Bildschirmfoto von Instagram. Skeptiker könnten kontern, dass es nur ein Bild ist. Wir räumen ein, dass ein Foto im Internet von einem als Haustier gehaltenen Schimpansen oder Orang-Utan allein noch kein Beweis dafür ist, dass das Tier illegal beschafft wurde. Veteranen wie Karl, die sich schon seit Jahrzehnten mit diesem Geschäft beschäftigen, wissen allerdings, dass es kaum legale Wege gibt, um solche Tiere zu erwerben. Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten (CITES; siehe Seitenleiste) liefert den rechtlichen Rahmen, um den internationalen Wildtierhandel zu regeln. Gemäß dem CITES-Übereinkommen wäre es legal, einen Schimpansen zu kaufen und zu importieren, wenn es sich dabei zumindest um ein in zweiter Generation in Gefangenschaft geborenes Tier aus einer zugelassenen Zuchtstation handelt. Allerdings dürfen nur Zoos oder angesehene Forschungsinstitute, wovon es in den arabischen Ländern keine gibt, einen solchen Kauf tätigen – niemals aber Geschäftskunden. Des Weiteren konnten unsere Veterinärkontakte im Golf keine zugelassenen Zuchtstationen in der Region ausfindig machen und wir wissen, dass davon keine in Afrika existieren. In Ägypten gibt es mindestens eine Zuchtstation für Schimpansen, allerdings wurde diese nicht durch das CITES-Übereinkommen zugelassen, zum Teil zumindest nicht, da man sich dort weigert, seriösen Umweltschützern aus dem Ausland Zugang zu gewähren, um die Station zu inspizieren. Die Jungtiere dort wären sowieso nicht legal, da sie nicht aus der zweiten Generation stammen. Zuchtstationen in den westlichen Nationen gehen weitgehend konform mit den Exportbestimmungen des CITES-Übereinkommens und selbst skrupellose Züchter aus dem Westen könnten diesen Strom an Jungtieren nicht aufrechterhalten, den wir kurz darauf entdeckten. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass Amazon Pet ein Konto mit vielen Followern ist, das sich selbst ziemlich ernst nimmt, tendierten wir dazu, dieses Foto ernst zu nehmen. Und die üblichen Fragen wurden aufgewirbelt. Woher kam das Schimpansenjunge gerade? In welchem tropischen afrikanischen Land wurde es gestohlen, höchstwahrscheinlich nachdem es mit ansehen musste, wie seine Mutter von einer Gewehrkugel getötet wurde, als sie es beschützen wollte? Genau welche Routen und welche Logistik werden aktuell verwendet, um illegale Tiere wie dieses aus Afrika heraus zu transportieren? Diese Fragen bleiben ohne Antwort. Aber für uns als Ermittler ergab der Sitz von Amazon Pet Sinn. Lange vor Instagram und anderen sozialen Medien hatten wir dort schon Probleme gesehen. Menschen im Nahen Osten haben sich schon immer gerne Tiere gehalten, ihr Geschmack ging dabei in die Richtung des Exotischen. Tropische Vögel, Affen und Geparden gehören in den Wohnräumen reicher und adeliger Araber schon lange zum Inventar. Affen als Haustiere kamen dabei auch schon vor. “Ich glaube, dass es in fast jedem Palast mindestens ein Schimpasen- oder Orang-Utanjunges gibt. Das ist schrecklich!”, sagte uns ein Tierarzt aus dem Ausland, der intensiv im Golf gearbeitet hatte. Was sich nun verändert – und was zusätzlich das Überleben einiger dieser Arten bedroht – ist die rasant steigende Zahl an Millionären im Golf. Viele von ihnen möchten dem Lebensstil der gesellschaftlich Ranghöheren nacheifern. Die ersten Spielzeuge, die sie sich kaufen, sind meist Highend-Allradfahrzeuge und ein lachhaft teures und ungeeignetes Haustier, wie einen Löwen, einen Schimpansen oder einen Orang-Utan, um damit herumzufahren. Instagram gehen die Fotos von Haustieraffen aus dem Nahen Osten nicht aus, auffallend daran ist entweder, wie die Tiere behandelt werden oder die unglaubliche Anzahl der Tiere, die manche Menschen besitzen. In der dem Artikel beigefügten Collage haben wir ein paar Beispiele zusammengesucht. Man beachte das Fastfood – und das Nikotin – das auf dem Speiseplan mancher von ihnen steht und das Schimpansenjunge, das unter mehreren Wildkatzen freigelassen wurde, die es eigentlich zerfleischen könnten. Instagram ist voll von Bildern von Affen in unnatürlichen und manchmal übergriffigen Posen. Es ist unwahrscheinlich, dass auch nur einer dieser Affen auf legalem Weg erworben wurde. Nutzernamen, die der echte Name des Besitzer sein könnten, wurden zensiert. Bei den Fotos handelt es sich um Bildschirmfotos von Instagram. Während es auf mit dem Smartphone aufgenommenen und mit Emoticons überquellenden Schnappschüssen so aussieht, als liebten die Besitzer die Tiere wirklich, kann man die schrecklichen Taten nicht ignorieren, die begangen werden, damit dieser privilegierte Kreis seine Dschungelhaustiere haben kann. Karl schätzt dass zehn Schimpansen getötet werden müssen, um an ein Junges zu gelangen, das sich zum Verkauf eignet. Ausgewachsene Schimpansen sind groß und stark und schützen aggressiv ihre Jungen. (Es ist eine gute Frage, was Quellenländer in Äquatorialafrika unternehmen, um den Handel zu stoppen. Deren Durchgreifen wird allerdings durch zu geringe Finanzierung, Korruption und in manchen Teilen durch Kriege behindert. Auf der anderen Seite scheint es, als stünden den gut bezahlten Zollbeamten in ihren geschniegelten Uniformen in den Golfstaaten keine solchen strukturbedingten Hürden gegenüber und sie scheinen definitiv über die Mittel zu verfügen, um zwielichtige Tiertransporte abzufangen.) Diesen Jungtieren steht möglicherweise ein düsteres Schicksal bevor. So wie die Pythons, die zu groß für das Zuhause ihrer Besitzer werden und im Sumpf im Everglades-Nationalpark ausgesetzt werden, verlieren Affen ihre Niedlichkeit, sobald sie ausgewachsen sind. Instagram wird überschwemmt mit Bildern von Babyschimpansen und Orang-Utans in Windeln, die von ihren stolzen Besitzern mit Spielzeugen und Leckereien überhäuft werden. Dabei werden Schimpansen in Gefangenschaft bis zu 60 Jahre alt, Orang-Utans etwa 50. Wo sind die älteren Tiere? Bei dem “Affenbabyboom”, den wir aktuell beobachten, ist es fraglich, ob die wahrscheinlichen Massen an ausgesetzten Tieren in einigen der größten und am besten finanzierten Zoos der Welt untergebracht werden könnten, noch viel weniger in den Einrichtungen durchschnittlicher Größe im Nahen Osten. Dieser Tiersammler aus Dubai hat eine Villa voll von Löwen und hat auf Instagram sage und schreibe 850.000 Fans. Hier posiert er mit dem teuersten Haustier Dubais, einem jungen Schimpansen. Der Anzeigename scheint der Klarname des Besitzers zu sein und wurde deshalb zensiert. Bei dem Foto handelt es sich um ein Bildschirmfoto von Instagram. Ein Fass ohne Boden Zurück auf Instagram fiel es mir schwer, meine Suche abzuschließen. Untersuchungen des illegalen Tierhandels sind schon immer ein langsamer Prozess gewesen, bestehend aus jeder Menge anstrengender, ermüdender Rennerei und nervtötender, persönlicher Vernetzung. Von Zeit zu Zeit erzielten wir ein paar “einfache” Treffer durch Internetsuche. Auf Instagram entdeckten wir nun fast jeden Tag neue Besitzer, Käufer und Verkäufer von bedrohten Affenarten. Obwohl Instagram dafür gemacht wurde, Fotos zu zeigen, bietet es genügend Funktionen von Sozialen Medien, dass sich dort Gemeinschaften bilden können. Kontoinhaber können anderen Konten folgen und indem wir diese Listen durchgingen, fanden wir die Spur eines Kreises aus Liebhabern von Haustieraffen. Vielleicht trifft die Beschreibung eine Gruppe verschiedener Kreise eher zu, da die diversen Beteiligten nicht unbedingt eine große, glückliche Gruppe sind. Die Reaktion der Bevölkerung Ägyptens auf den Schmuggler Gorge zeigt das ganz deutlich. Viele der Instagram-Konten, die wir über diese Netzwerke erreicht haben, sind privat, ein weiteres Hindernis. Wir können nicht überprüfen, ob sie Affenfotos und dazugehörige Verkaufsangebote hochgeladen haben, ohne vorher Zugriff durch den Inhaber des Kontos erhalten zu haben und alle unsere verdeckten Anfragen wurden bislang abgelehnt. (Gorge, auf den wir später näher eingehen werden, gehört zu denen, die ein privates Konto unterhalten.) Wir gehen davon aus, dass sich hinter diesen privaten Konten noch weitere bedrohte Tiere in der Schwebe befinden, darunter auch aber nicht nur Affen. Da es grundsätzlich keinen legalen Weg für gewöhnliche Bewohner des Golfs gibt, um Affen zu erwerben, ist die Annahme realistisch, dass die Affen in der Golfregion illegal erworben wurden. Aber wie? Eine Hintertür, die Karl und andere in der Vergangenheit dokumentiert haben, ist die Bestechung von CITES-Landesbeamten, um eine gefälschte Import- oder Exportgenehmigung auszustellen, in der fälschlicherweise angegeben ist, das Tier sei in Gefangenschaft gezüchtet worden. Und doch müssten diese Genehmigungen, so sie existieren, gemäß den Regeln bei der CITES-Geschäftsstelle in Genf eingereicht worden sein. Als wir allerdings in der CITES-Datenbank nachsahen, fanden wir nur eine Handvoll Affenexporte in die Golfstaaten in den letzten zehn Jahren. Diese erklären nicht die vielen Schimpansenjungen, die in den arabischen Instagram-Feeds auftauchen. Bezüglich der Orang-Utans ist die Datenlage deutlich klarer: Nicht ein einziger Orang-Utan hat seit 2005 die Golfstaaten mit einer CITES-Genehmigung betreten, weder unter wahrheitsgemäßen noch unter falschen Angaben. Und es sieht so aus, als befänden sich dort eine Menge Orang-Utans. Standbilder eines Videos zeigen, wie ein im Golf ansässiger Schmuggler seine Schimpansenjungen in Getreidesäcken schmuggelt. Bei den Fotos handelt es sich um Bildschirmfotos von Instagram. Es muss noch einen anderen Weg geben. Wir sehen uns dazu gezwungen anzunehmen, dass Jungtiere völlig außerhalb des CITES-Systems bewegt werden. Das bedeutet, sie werden geschmuggelt. Wahrscheinlich zusammen mit vielen anderen bedrohten Tierarten gemäß CITES Appendix I und II. Das Aufspüren dieser Wege ist für uns nun eine dringliche Priorität. Möglicherweise haben wir schon einen vielversprechenden Anfang gemacht. Neugierig auf Gorge Gorge quälte uns weiter. Seit August kennen wir seinen Anzeigenamen, aber nach wie vor nichts anderes, um diese mysteriöse Person greifbar zu machen, die Angst unter ihren Konkurrenten verbreitete. Aber dann gelang uns ein Durchbruch, ebenso dank Instagram. Ich verbrachte über 50 Stunden auf der Webseite, sah mir Bilder und Videos von Affen an, durchkämmte die Hashtags und Kommentare. Ich fand ein Video von zwei Schimpansen (ein Bildschirmfoto davon wird in diesem Artikel gezeigt), das auffiel, da der in Qatari ansässige Nutzer, ein weiterer Zulieferer von bedrohten Tierarten, der es geteilt hatte und auf den wir aufmerksam geworden waren, offen schrieb, dass sie zum Verkauf stünden. Nicht nur das, er nannte den Preis und obendrein noch den Namen des Zulieferers. “Zum Verkauf, Schimpanse, Jungtier, etwa zwei Monate alt, in Zusammenarbeit mit Gorge [Nachname], Kuwait 120, verhandelbar” steht in dem Hashtag auf Arabisch. (120.000 Kuwait-Dinar sind etwa 36,000 Dollar.) Der Instagram-Beitrag, der alle losen Enden zusammenführte: Ein Beitrag, in dem Schimpansen zum Verkauf angeboten wurden mit dem Hinweis für interessierte Käufer, sich an Gorge zu wenden, den Spitznamen eines geheimnisvollen Händlers im Arabischen Golf. “All des Guten würdig”, kommentiert Gorge das Video (orange unterstrichen). Einige Identitäten wurden unkenntlich gemacht, um unsere fortlaufenden Untersuchungen zu schützen. Bei dem Foto handelt es sich um ein Bildschirmfoto von Instagram. Gorge ist ein relativ seltener Name in der arabischen Welt, allerdings nicht völlig unbekannt in Anbetracht der christlichen Gemeinden im Irak, in Syrien, dem Libanon und angrenzenden Ländern. Wir können nicht ausschließen, dass möglicherweise mehrere Gorges getrennt voneinander diesen Handel aus dem Golf heraus betreiben. Allerdings sind die exotischen Tiere an der Spitze, wie Affen, eher eine kleine Nische. Es ist nicht dasselbe wie mit Tomaten, die kistenweise importiert und verkauft werden. Dieser Videobeitrag bekräftigte auch eine Vermutung meinerseits, seit ich ein facebook-Konto unter seinem vollen Namen gefunden habe: Gorge kommt aus Kuwait oder zumindest gibt er das an. Die facebook-Seite war relativ inaktiv und enthielt nur wenig zusätzliche Informationen über ihn. Allerdings enthielt sie einige Fotos, wie beispielsweise das hier gezeigte einer Schubkarre voll von Orang-Utanjungtieren, die unsere Theorie über seine Geschäftsaktivitäten stützen. Gorge scheint erpicht darauf zu sein zu unterstützen, was er offensichtlich für seine außergewöhnlichen Angebote lebendiger Tiere hält. Er kommentiert auf Arabisch das Video der Schimpansenjungtiere mit: “All des Guten würdig.” Dennoch machten wir bald eine weitere, eine höchst merkwürdige Entdeckung. Ich grub tiefer in den Instagram-Konten, weitete dabei meine Suche aus auf Follower und Follower von Followern. Es war ein weiterer glücklicher Zufall, aber ein Konto eines Tierhändlers aus Kuwait enthielt eine merkwürdige Grafik (nachfolgend gezeigt), eine Collage aus Bildern von exotischen Tieren, darunter seltene Katzen und Orang-Utans. Darüber stand in großen Buchstaben ein zu diesem Zeitpunkt bekannter Name. Eine Hommage an einen Mann, der von seinen Geschäftspartnern scheinbar als beinahe gottgleich gesehen wird. Jungs hängen Poster ihrer Sporthelden auf. Hier hatten wir nun Tierhändler, die einem Mann huldigten, der praktisch jedes verbotene Tier beschaffen konnte. Eine ungewöhnliche Hommage an den mysteriösen Händler Gorge, geteilt von einem anderen Verkäufer exotischer Tiere, möglicherweise von einem Handelspartner. Bei dem Foto handelt es sich um ein Bildschirmfoto von Instagram. Wir fanden noch weitere “Tierläden” auf Instagram, die ähnliche Ehrungen für Gorge teilten. Bislang beschränken sie sich auf Kuwait und Qatar. Könnte dieses aufstrebende Netzwerk der Grund für die Frustration der ägyptischen Händler sein? Es ist unwahrscheinlich, dass sie neue Konkurrenz von einem Bürger aus dem Golf begrüßen würden, insbesondere da letzterer besseren Zugang zu Reichtum hat. Das Ausmaß von Gorges Rolle in der Beschaffung von Affen für Kunden in den Golfstaaten, insbesondere seine Versorgungswege und -methoden müssen nach wie vor besser erforscht werden. Allerdings bleiben durch das geteilte Video mit den beiden zum Verkauf stehenden Schimpansen kaum Zweifel, dass er aktiv ist. Weitere Beweise könnten sich unentdeckt hinter Konten verbergen, die wir uns bislang noch nicht ansehen konnten. Aber ein Faktor scheint zu unseren Gunsten zu stehen und zwar Gorges eigener Hang zur Selbstdarstellung, sowohl durch seine Kommentare auf Instagram als auch die idolisierenden Bilder, die Menschen auf Instagram für diesen “Elvis” des Tierhandels teilen. Eine weitere Überraschung – und eine unangenehme Frage Das facebook-Konto unter Gorges vollem Namen, der seine Pipeline für lebende Tiere auf eine auffällig unsubtile Art bewirbt. Informationen anhand derer er erkannt werden könnte, wurden zensiert. Bei diesem Foto handelt es sich um einen Screenshot von facebook. Seit ich damit angefangen habe, sein Konto, Amazon Pet, zu durchsuchen, hat der Lieferant des illegalsten unter den illegalen Tieren, dem Gorillajungen, angekündigt, dass er seinen ersten Laden in einem Einkaufszentrum in Dubai eröffnen wird. Wir glauben nicht, dass Schimpansen- und Orang-Utanjungen in Windeln im Schaufenster dieses Ladens für alle gut sichtbar herumtoben werden. Aber Geschäfte können im Hinterzimmer geschlossen werden, nachdem Bilder gezeigt wurden und Zahlungen können geleistet werden. Selbstverständlich wird jemand von uns diesen laden überprüfen. Wir werden ein wachsames Auge auf den Gorillabeitrag haben. Wie bereits erwähnt, ist es extrem schwierig, Gorillajungtiere zu transportieren, die noch ihre Mutter brauchen, noch viel mehr auf die Schmugglerart in kleinen und ungeeigneten Kisten. Allerdings haben wir über die Händler exotischer Haustiere aus dem Golf gelernt, dass wir sie nicht unterschätzen sollten. Niemand würde etwas so Verrücktes tun? Die Golf-Gang schon. Als wir eBay und Amazon nach Begriffen wie “Schimpanse” und “Orang-Utan” durchsuchten, fanden wir Videos und Stofftiere – keine Angebote für lebende Tiere. Das Durchgreifen dieser beiden Unternehmen in der Vergangenheit scheint den Tierhändlern signalisiert zu haben, dass sie ihr Glück anderswo versuchen sollten. Was die Händler offensichtlich getan haben. Dagegen ist Instagram anscheinend ein sicherer Ort für Menschen, die Tiere illegal zum Verkauf anbieten und Bilder teilen, auf denen sie missbräuchlich behandelt werden. Wir schickten sowohl an Instagram als auch an facebook eine Nachricht, legten unsere wichtigsten Funde vor und baten um eine Stellungnahme. Seit dem Tag der Veröffentlichung haben wir keine Antwort erhalten. CITES und Menschenaffen Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten (CITES) wurde 1970 aufgesetzt, um die Bewegungen von gefährdeten Tierarten über Grenzen hinweg zu regulieren. Die Regeln verbieten den Export in freier Wildbahn gefangener Menschenaffen, darunter Gorillas, Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans. In Gefangenschaft gezüchtete Affen dürfen unter strengen Auflagen exportiert werden: die Zuchtstation muss zugelassen werden und nur Affen aus zweiter oder höherer Generation – Enkel der in freier Wildbahn gefangenen Tiere – sind für den Export zugelassen. Wurden allerdings die ursprünglichen Zuchttiere illegal beschafft, werden deren Nachkommen vom Export ausgeschlossen. (Verkäufer beruhigen Käufer meist mit der Behauptung, deren gefangene Tiere seien in Gefangenschaft gezüchtet worden.) CITES ist ein dezentrales System, das Durchsetzung und Meldung den Mitgliedsländern überlässt. In jedem Land ist eine leitende Behörde (MA – Management Authority) vorgesehen, die Exportgenehmigungen für Tiere ausstellt, die legal exportiert werden dürfen. Wie allerdings mein Kollege, der unabhängige Umweltschützer Karl Ammann, und andere gezeigt haben, haben korrupte MAs in afrikanischen Ländern zugelassen, dass wilde Affen mit gefälschten Genehmigungen exportiert wurden, meistens nachdem eine große Menge Schmiergeld bezahlt wurde. Die importierenden Länder, die generell reicher sind, sind unter CITES ebenso dafür verantwortlich, Fälscher von Genehmigungen zu schnappen; Karl stellte fest, dass Nachlässigkeit auf deren Seite auch ein Problem ist. Obwohl CITES nicht über seine eigene Polizei mit der Erlaubnis zur Festhaltung oder Verhaftung verfügt, verfügt das Sekretariat in Genf über die Befugnis, Sanktionen zu verhängen, die laut Karl und anderen zu wenig genutzt wird. Laut Artikel 8 dieses Übereinkommens müssen Mitgliedsländer sich um die “Konfiszierung und Rückführung” der Tiere kümmern, die auf eine Art beschafft wurden, welche zu irgendeinem Zeitpunkt gegen die Regeln verstößt. Zu dieser Verletzung kann es sogar schon gekommen sein, bevor das Tier geboren wurde, wenn, wie vorstehend erklärt, dessen Eltern nicht gemäß CITES beschafft wurden. CITES trägt Verantwortung für geschmuggelte bedrohte Tierarten ohne CITES-Dokumente genauso wie für solche mit Genehmigung. Das liegt daran, dass der Schmuggel ohne Genehmigung als eine Verletzung der CITES-Verordnungen betrachtet werden kann. Artikel 8 verpflichtet seine Mitgliedsländer dazu, “den Handel mit die Vereinbarungen verletzenden Exemplaren zu verbieten”. Quellen Ammann, K., Pax Animalis (2011). The Cairo Connection Part II. Ammann, K., Sparwasser, K., Cockayne, N., Schoene, C., Pax Animalis (2013). The Conakry Connection. Ammann, K. (2015). The CITES Permitting System and the Illegal Trade in Wildlife.