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Norwegen sichert Peru finanzielle Unterstützung in der Höhe von 300 Millionen US-Dollar zu, wenn das Land die Entwaldung bis 2021 unter Kontrolle bringt
Von den Anden bis zum Amazonas beherbergt Peru einige der spektakulärsten Wälder der Welt. Im peruanischen Amazonasgebiet leben stolze indigene Völker, die eine große kulturelle Vielfalt aufweisen. Unter ihnen befinden sich einige Stämme, die sich dazu entschieden haben, kaum Kontakt zur Außenwelt zu halten. Und obwohl Wissenschaftler vom Waldboden bis zum Blätterdach des Amazonas-Regenwaldes bereits zehntausende Tier- und Pflanzenarten identifiziert haben, gibt es noch tausende unbekannte und namenlose Arten.
Doch Perus Regenwälder sind zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt: Dazu zählen unter anderem skrupellose Öl- und Gaskonzerne, der illegale Holzeinschlag, die Umwandlung der Wälder in landwirtschaftliche Nutzflächen, der Straßenbau sowie industriell oder handwerklich betriebene Goldminen. Manche Indigenenführer haben den Versuch, ihre Wälder zu schützen, mit ihrem Leben bezahlt, und einige Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Diese Krise geht sogar weit über die Grenzen des Regenwaldes hinaus: Die peruanische Regierung und Zivilgesellschaft sind mit sozialen und ökologischen Konflikten konfrontiert, die auf die Zerstörung der scheinbar weit von der Hauptstadt Lima entfernten Regenwälder zurückzuführen sind. Während im Kampf um Perus Wälder kein Ende in Sicht scheint, könnte sich jedoch ein neues Abkommen, das im September 2014 bei einem entscheidenden UNO-Sondergipfel zum Klimaschutz in New York verkündet wurde, als Wendepunkt erweisen.
Submontaner Regenwald mit hoher Biodiversität im peruanischen Amazonasgebiet. Foto von Rhett A. Butler .
Der peruanische Präsident, Ollanta Humala, verkündete, dass sein Land ein Partnerschaftsabkommen mit Norwegen und Deutschland unterzeichnet hatte, mit dessen Hilfe Peru bis zum Jahr 2021 im Hinblick auf die Entwaldung und die Landwirtschaft CO2-neutral werden soll. Darüber hinaus wird in der Absichtserklärung, wie das Abkommen offiziell bezeichnet wird, festgelegt, dass indigenen Stämmen die Landrechte für eine zusätzliche Fläche von mindestens fünf Millionen Hektar im Amazonasgebiet erteilt werden sollen, ein Zugeständnis, für das viele Stämme lange und hart gekämpft haben.
„Wir tun dies, weil es im Interesse Perus liegt, doch die Unterstützung Deutschlands und Norwegens wird uns in dieser sicherlich schwierigen Übergangsphase eine große Hilfe sein“, sagte Präsident Humala und fügte hinzu, dass es immer mehr Beweise für die Vereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Umweltschutz gebe
Norwegen sicherte Peru in den nächsten sechs Jahren eine finanzielle Unterstützung in der Höhe von bis zu 300 Millionen US-Dollar zu, sofern das Land nachweisbare Ergebnisse liefern könne. Deutschland, das Peru seit Langem im Umweltschutz unterstützt, verpflichtete sich dazu, die finanzielle Unterstützung für dieses Land im selben Zeitraum aufrechtzuerhalten.
„Dieses Abkommen steht für eine Partnerschaft, die auf Transparenz, Rechenschaftspflicht und einem tiefgreifenden Verständnis für den Zusammenhang zwischen sozialer Gerechtigkeit, ökologisch nachhaltiger Entwicklung, Landrechten, der Landnutzung und dem Klimawandel basiert“, erklärte die norwegische Ministerpräsidentin, Erna Solberg, in New York.
Das Abkommen wurde genau zur rechten Zeit bekannt gegeben, da in Peru weniger als drei Monate später die nächste UNO-Klimakonferenz stattfand, die den Weg für die Einigung auf ein neues internationales Abkommen im Jahr 2015 in Paris bereiten sollte. Diese Bekanntgabe wird Peru wohl auch vor dem Vorwurf der Untätigkeit schützen, der in den letzten Jahren gegen andere Gastgeber solcher Konferenzen, wie etwa Polen oder Katar, erhoben wurde..
Porträt eines umkämpften Waldes
Perus Regenwälder zählen zu den intaktesten Wäldern der Welt, auch wenn sie immer größeren Bedrohungen ausgesetzt sind Global Forest Watch zufolge sind mehr als 60 % des Landes, eine Fläche von über 77 Millionen Hektar, mit Wald bedeckt. In der enormen Biomasse dieser Wälder, bei denen es sich großteils noch um Primärwälder handelt, sind nach Angaben der FAO derzeit 8.560 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert.
Die Abholzung der Regenwälder (in pink) in Nord- und Zentralperu von 2001 bis 2012. Von Global Forest Watch. Zum Vergrößern auf das Bild klicken.
Die zunehmende Abholzung der Regenwälder ist eine der Hauptquellen für Perus CO2-Emissionen. Im Jahr 2011 machten die durch die Landnutzung und Abholzung der Wälder verursachten CO2-Emissionen 46 Prozent der Gesamtemissionen des Landes aus.
Weltweit ist dieser Anteil beträchtlich niedriger und liegt nur bei 10 bis 15 Prozent. Wissenschaftler und Experten vertreten seit Langem die Meinung, dass Maßnahmen zur Eindämmung der Entwaldung eine der schnellsten Möglichkeiten zur kurzfristigen Reduktion der globalen Emissionen darstellen würden. Der Schutz der Wälder bietet natürlich noch viele weitere Vorteile: den Erhalt der Artenvielfalt, den Schutz von Wassereinzugsgebieten, die Produktion von Niederschlägen, die Verhinderung der Erosion und natürlich die Wahrung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften.
In den letzten Jahren ist die Entwaldung in Peru, ebenso wie in vielen anderen Ländern, angestiegen. Global Forest Watch berichtet, dass im Jahr 2001 86.204 Hektar Wald gerodet wurden. 2012 lag diese Zahl bereits bei 246.456 Hektar, was einem Anstieg von 185 Prozent in etwas mehr als zehn Jahren entspricht. Über den gesamten Zwölf-Jahres-Zeitraum hinweg gingen in Peru mehr als 1,5 Millionen Hektar Wald verloren. Der Zuwachs durch Wiederaufforstung war in diesem Zeitraum vergleichsweise niedrig und lag nur bei 191.037 Hektar.
Versprechen für ein neues Peru?
Mit dem neuen Abkommen zwischen Peru, Norwegen und Deutschland soll dieser erschreckende Trend umgekehrt werden.
Auf kurze Sicht verspricht das Abkommen, die durch Forstwirtschaft und Bergbau verursachte Entwaldung zu reduzieren, Instrumente zur Ausarbeitung eines neuen Forstgesetzes zu schaffen, mit der steigenden Zahl an Unternehmen zusammenzuarbeiten, die auf die Abholzung von Wäldern verzichten wollen, und Systeme zu entwickeln, um zu überprüfen, wie stark die durch die Entwaldung verursachten Emissionen in Peru sinken.
Luftaufnahme der riesigen Río Huaypetue Goldmine in einem abgelegenen Teil des peruanischen Amazonasgebietes, die für die massive Abholzung des Regenwaldes sowie für die Umweltverschmutzung in diesem Gebiet verantwortlich gemacht wird. Foto von Rhett A. Butler. |
Neben der Erteilung von Landtiteln für eine Fläche von fünf Millionen Hektar an indigene Gemeinschaften sieht das Abkommen auch vor, dass zwei Millionen Hektar indigenes Land in Programme zur finanziellen Förderung des Naturschutzes aufgenommen werden sollen. Dies bedeutet, dass indigene Gemeinschaften unter bestimmten Bedingungen Geld für den Schutz ihrer Wälder erhalten könnten.
„Unsere indigenen Völker waren stets die besten Hüter unserer Wälder“, erklärte Präsident Humala. „Wir hoffen, dass wir uns auf diesem Weg zur entwaldungsfreien Entwicklung auch unseren indigenen Völkern annähern und gemeinsam auf eine harmonischere Zukunft zusteuern können.“
Als vorsichtiges Zeichen für eine verbesserte Beziehung begrüßte Perus einflussreichste Organisation für indigene Völker, die Interethnische Vereinigung für die Entwicklung im Peruanischen Regenwald (AIDESEP), das Abkommen.
„Die Unterzeichnung dieses Abkommens ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Schaffung einer neuen Partnerschaft mit der peruanischen Regierung, deren Ziel es ist, die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Anliegen indigener Gemeinschaften zu berücksichtigen und unsere Wälder im Amazonasgebiet langfristig zu schützen“, meinte Daysi Zapata, die Vizepräsidentin von AIDESEP.
Test für die Rechte indigener Völker
AIDESEP äußert jedoch noch einige Bedenken. In einer gemeinsamen Pressemitteilung dieser Organisation und der Rainforest Foundation Norway (RFN) weisen beide Organisationen auf viele mögliche Hindernisse für die Umsetzung des Programms hin.
„Peru hat kürzlich seine Umweltpolitik im Hinblick auf den Schutz der Wälder abgeschwächt. Wie die vor kurzem von RFN veröffentlichten Daten zeigen, ist es Peru nicht gelungen, seine Entwaldungsrate in den letzten zehn Jahren zu senken“, schreiben die beiden Organisationen. Sie fügen hinzu, dass indigene Völker „einer wachsenden Bedrohung durch die Abholzung der Regenwälder, durch die Erdöl- und Erdgasförderung sowie durch andere Eingriffe in ihr traditionelles Territorium ausgesetzt sind“.
Nur einige Wochen zuvor wurden vier Angehörige des Ashaninka-Stammes ermordet, unter ihnen der bekannte Indigenenführer und Umweltaktivist Edwin Chota Valera. Experten zufolge wurden die Morde wahrscheinlich von illegalen Holzfällern begangen, die es satt hatten, dass sich die indigenen Völker für ihre Landrechte einsetzten.
Smaragdkehl-Glanzschwänzchen (Metallura tyrianthina) in den Nebelwäldern der Anden. Nebelwälder sind die Heimat vieler Arten, die nirgendwo sonst anzutreffen sind, doch sie werden durch die Entwaldung und den Klimawandel bedroht. Foto von Rhett A. Butler .
Trotz der Morde – die weltweit für Schlagzeilen sorgten – hat die Regierung nach Angaben von AIDESEP und RFN „keine Schritte unternommen, um den rechtmäßigen Forderungen dieser indigenen Gemeinschaften nach Landrechten nachzukommen“.
Wenn Peru, Deutschland und Norwegen nicht großen Einsatz zeigen, dann bestehe aufgrund des starken Interessenskonfliktes innerhalb der peruanischen Regierung und schwammiger Formulierungen in Bezug auf die Kontrolle der indigenen Gemeinschaften über ihr angestammtes Land die Gefahr, dass sich das Abkommen als reine Absichtserklärung erweise und nicht umgesetzt werde, warnen die Organisationen.
AIDESEP zufolge haben indigene Gruppen Anspruch auf 20 Millionen Hektar Land im peruanischen Amazonasgebiet erhoben, doch selbst wenn ihnen all diese Landrechte zugesprochen werden würden, wäre dies nicht genug.
„Wichtig wären Maßnahmen zur Verhinderung des Landraubs in indigenen Gebieten, zur Gewährleistung der Transparenz und der Partizipation indigener Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft, sowie die Umsetzung eines Forstgesetzes, das Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Waldschädigungen und zur Förderung der gemeinschaftlichen Waldbewirtschaftung vorsieht“, fordern die Organisationen.
Ein großer Tag für die Wälder?
Das Abkommen zwischen Peru, Norwegen und Deutschland war nicht die einzige Ankündigung zum Thema Wälder auf diesem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen. Norwegen kündigte auch ein ähnliches Abkommen mit Liberia an, dessen Ziel es ist, die Abholzung der Wälder zu stoppen. Darüber hinaus versprach der multinationale Agrarkonzern Cargill dass er nicht nur Palmöl, sondern all seine Rohstoffe aus Quellen beziehen würde, für die keine Wälder gerodet wurden.
Die weitreichendste Initiative war jedoch die Unterzeichnung der „New York Declaration on Forests“ durch eine Reihe von Staaten, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen. In dieser Deklaration verpflichten sie sich dazu, die Entwaldung bis 2020 – also innerhalb von sechs Jahren – zu halbieren und bis 2030 vollständig zu stoppen. Darüber hinaus sollen 350 Millionen Hektar Wald wiederaufgeforstet werden, um auf diese Weise die Primärwälder zu entlasten und mehr Kohlenstoff zu binden.
Blätter im peruanischen Amazonasgebiet. Foto von Rhett A. Butler.
Allerdings wurde die Bedeutung dieses Abkommens durch die Tatsache untergraben, dass es von Brasilien nicht unterzeichnet wurde. Brasilien, das den Großteil des Amazonas-Regenwaldes beherbergt, besitzt nach Russland die zweitgrößte Waldfläche der Welt. Dem Land ist es in den letzten zehn Jahren gelungen, die Abholzung im Amazonas-Regenwald stark zu reduzieren.
Allerdings wird sich erst zeigen, ob diese Abkommen auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. Wenn im Falle von Peru die Überwachung durch Deutschland und Norwegen – zusammen mit ihrer finanziellen Unterstützung – dem Land dabei helfen kann, die Entwaldung im Allgemeinen einzudämmen, dann könnte sich dies nicht nur als Wendepunkt für Perus Wälder erweisen, sondern zu einem Vorbild dafür werden, wie waldreiche Länder die Vernichtung ihrer Wälder verhindern können.
„Uns bleibt noch viel zu tun, um unsere Wälder zu schützen, die Rechte der indigenen Völker Perus zu stärken und das Land auf den Weg zur Nachhaltigkeit zu führen“, erklärte Präsident Humala. „Dieses Abkommen ist ein wichtiger Schritt für uns.“
Ein erster Schritt, doch die nächsten werden entscheidend sein.