Indonesiens Forstwirtschaftsministerium steht kurz davor, einen Antrag Acehs zuzustimmen, 1,2 Millionen Hektar Wald für Bergbau, Holzeinschlag und Palmölproduktion freizugeben, berichtet die ‘Aceh Post’.
In einem am 13. März veröffentlichten Artikel gab Tgk. Anwar, Vorsitzender des Raumplanungskommittees der Regierung von Aceh, bekannt, dass das Forstwirtschaftsministerium “die neue Raumplanung, die die Zonierung bisher geschützter Wälder für Bergbau, Holzkonzessionen und Ölpalmplantagen vorsieht, nahezu hundertprozentig akzeptiert hätte”. Aceh verfügt über die größte Waldfläche aller Provinzen Sumatras, die in den letzten 20 Jahren um 36 Prozent zurückging.
Einer Koalition verschiedener Umweltorganisationen zufolge, verspricht diese Neuplanung dem Bergbau etwa eine Million Hektar Land, Holzkonzessionen 416.086 ha und 256.250 ha für die Palmölproduktion. Sie beinhalte ebenso “Pläne, um dem gesamten ‘Tripa-Torfregenwald’ den Schutzstatus zu entziehen. Dieser Wald hat durch illegale Aktivitäten von Palmölkonzernen, die dort den Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Sumatra Orang-Utan zerstören, intensive internationale Aufmerksamkeit erlangt. Diese Vorgänge sind nach wie vor Untersuchungsgegenstand des Umweltministeriums und der Polizei”, sagt die Coalition of People Concerned for Aceh’s Forests (KPHA).
Die meisten Konzessionen gehen an die Industrie. Lokale Gemeinschaften erhalten hingegen nur 14.704 ha. Die Planungen sehen außerdem ein umfangreiches Straßennetz vor, das durch geschützte Waldgebiete verlaufen würde.
Aceh province, Indonesia. Image courtesy of Sumatran Forest and Google Earth.
In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme kritisierten Mitglieder von KPHA die Konzessionsplanungen wegen der möglichen Auswirkungen auf die reichhaltige Biodiversität Acehs.
“Die beabsichtigten Veränderungen wurden von Acehs Zivilgesellschaft und Umweltorganisationen komplett abgelehnt”, sagt Efendi, ein Sprecher von KPHA. “Trotz unserer Bemühungen wurden NGOs und Gemeinden vom Entwicklungsprozess der Planungen vollständig ausgeschlossen. Es fehlt jegliche Transparenz und Verantwortlichkeit.”
“Die Planungen sehen auch die Schaffung neuer Grundstücke für Zuwanderer mitten in dem Teil des tropischen Regenwaldes Sumatras vor, der UNESCO-Welterbe ist. Zudem erwähnt der neue Plan weder das gesetzlich geschützte Leuser-Ökosystem, eine für ihre ökologischen Funktionen bedeutsamen Region, noch die Aufhebung der Zonierung von Ulu Masen als für die Biodiversität bedeutsames Gebiet, mit einem Wort.”
Die Planungen würden ebenso Gebiete betreffen, die durch Indonesiens zweijähriges Moratorium für Forstkonzessionen gegenwärtig von der Umwandlung ausgeschlossen sind.
“Trotz der fortlaufenden rechtlichen Verfahren gegen Palmölkonzerne, die durch NGOs, das Umweltministerium und die nationale Polizei angestrengt werden, ist nun anzunehmen, dass Tripa seinen derzeitigen Schutzstatus endgültig verlieren wird. Das einzigartige Torfmoor-Ökosystem und seine gesamte Artenvielfalt sowie sein äußerst wertvoller Kohlenstoffspeicher fallen den Palmölkonzernen in die Hände, um vollständig und endgültig vernichtet zu werden”, sagt Ian Singleton, vom Sumatra Orang-Utan Conservation Program. “Und es geht nicht nur um Tripa und Orangutans. Die neuen Pläne nehmen nicht einmal die Existenz des weltbekannten Leuser-Ökosystems zur Kenntnis oder die Tatsache, dass die Wälder, die sie abholzen wollen, die letzte Hoffnung für das langfristige Überleben von Sumatra-Tiger, Elefant und Nashorn sind. Die Zukunft all dieser Arten, und unzähligen anderen, wird unmittelbar gefährdet, wenn diese Planungen in die Tat umgesetzt werden.”
Singleton fügt hinzu, dass die jetzigen Pläne zig Millionen Dollar an aufgebrachten Mitteln zum Schutz der Wälder Acehs untergraben werden. Der Plan wird wohl auch Acehs Stellung als globaler Vorreiter beim Schutz der Wälder gefährden, die es sich durch die Beteiligung an der Governors Climate and Forests Task Force, die an der Entwicklung von Finanzierungsmodellen für Waldschutz arbeitet, erworben hat. Aceh war einer der ersten nicht nationalstaatlichen Akteure, der sich dieser Initiative angeschlossen hat.
Abschließend argumentiert die Koalition der Umweltorganisationen, dass die geplanten Abholzungen in Acehs Wäldern ein erhöhtes Risiko für Naturkatastrophen bedeuten würden. Aceh trug die Hauptlast des verheerenden Tsunamis im Dezember 2004, durch den die Küstengebiete eingeebnet und mehr als 100.000 Bewohner Acehs getötet wurden.
“Gebiete, die zuvor als zu hoch oder zu steil für die Umwandlung befunden worden waren, oder unangemessene Bodenbeschaffenheiten und starke Regenfälle aufwiesen, so dass die Wälder im Rahmen der bestehenden indonesischen Gesetze (Hutan Lindung) geschützt werden sollten, sind nun als Ziele für Holzkonzessionen, Straßen- und Bergbau und Ölpalmplantagen auserkoren worden”, sagt Graham Usher. “Solche Wälder der Nutzung zuzuführen ist ein sehr gefährlicher Schritt. Acehs Bevölkerung weiß sehr genau, dass die Rodung der Wälder auf solch steilen und instabilen Böden zu verheerenden Erdrutschen und Überschwemmungen während der Regenzeit führen kann, wie sie Aceh jedes Jahr erlebt”.
“Die Menschen wissen von vergangenen Sturzfluten in der Region, wie beispielsweise im Jahre 2006, sehr genau, dass die Abholzung der Wälder einen direkten Einfluss auf den Flusslauf und damit auf ihre Sicherheit flussabwärts hat”, fügt der Umweltjournalist Rudi Putra an. “Die Menschen in Aceh sind keine Dummköpfe, wir wissen, dass es direkt zu einer größeren Gefährdung durch Naturkatastrophen kommt, wenn diese instabilen Gebiete abgeholzt werden.”