- Biologen untersuchten 2018 die invasive Pflanze Parthenium, die als Kongressgras bekannt ist und sich im Grasland des indischen Pobitora Nationalparks angesiedelt hat.
- Invasive Arten bedrohen Schutzgebiete im Staat Assam, aber auch Pflanzenfresser wie die darin lebenden Nashörner. Dies geschieht, indem sie die einheimischen Pflanzen verdrängen, auf die die Tiere als Nahrung angwiesen sind.
- Jedes der vier Nashornreservate in Assam ist derzeit Bedrohungen durch invasive Pflanzen ausgesetzt, einschließlich Parthenium, Mimose, Mikania und Wasserhyazinthe.
- Experten erwägen die Verwendung mehrerer Strategien zur Bekämpfung invasiver Pflanzen, einschließlich der manuellen Entfernung und der Einführung biologischer Pflanzenschutzmittel wie des mexikanischen Käfers, der sich von Parthenium ernährt.
An einem trüben Nachmittag im Mai 2018 besuchte der Naturschutzbiologe Bibhab Talukdar den Pobitora Nationalpark im indischen Bundesstaat Assam. Als er auf einem Elefanten in das Grasland im Herzen des Parks ritt, sah er einen alarmierenden Anblick: das üppige Wachstum eines niedrigen, buschigen Krauts mit kleinen grünen Blättern und cremeweißen Blüten. Diese lokal als Kongressgras bekannte Pflanze, Parthenium hysterophorus, stammt aus Nord- und Südamerika und ist eine gebietsfremde Art in Indien.
Talukdar, Vorsitzender der IUCN (International Union for Conservation of Nature), Asian Rhino Specialist Group und CEO der NGO Aaranyak, erklärt, er sei besorgt, da Parthenium eine hochinvasive Pflanze ist, die weltweit in über 20 Ländern lokale Ökosysteme schädigt. Australien ist das beste Beispiel dafür. Riesige Mengen einheimischer Weiden und Sommerkulturen, werden von dem Unkraut bedrängt.
Talukdar ist der Meinung, dass das Unkraut den 102 einhörnigen Nashörner (Rhinoceros unicornis) im Park großen Ärger bereiten könnte. Wenn seine Ausbreitung in Pobitora nicht rechtzeitig kontrolliert wird, könnte das Kraut die einheimischen Arten, von denen sich die Tiere ernähren, ersticken.
Es ist nicht klar, wie und wann genau Parthenium nach Indien gekommen ist. Die weitverbreitete Theorie besagt, dass das Saatgut in den 1950er Jahren Indien erreichte, als es im Rahmen eines Ernährungshilfeprogramms der US-Regierung auf Sendungen mit importiertem Getreide Huckepack genommen wurde. Der erste Bericht über das Unkraut geht auf das Jahr 1956 zurück. Damals wurde berichtet, dass es in Pune im Bundesstaat Maharashtra auf Müllhalden wuchs.
Obwohl Parthenium in den 1980er Jahren zum ersten Mal in Assam entdeckt wurde, war es in den Kerngebieten von Pobitora zuvor nicht gemeldet worden. Talukdar war vor neun Jahren Teil eines Forscherteams, das den Status und die Verteilung invasiver Pflanzen im Nashornlebensraum untersuchte. Damals besuchte er den Park und konnte kein Partheniumwachstum beobachten. „Seine Ankunft im Park scheint neu zu sein“, sagt er.
Lautlose Erwürger
Parthenium ist nur die neueste Ergänzung zu einem halben Dutzend invasiver Pflanzen, die das indische Assam besiedeln. Dort leben, in vier Schutzgebieten, auch mehr als zwei Drittel der weltweiten Nashornpopulation.
Laut eines Artikels aus dem Jahr 2011 in der Fachzeitschrift Pachyderm sind die bereits etablierten invasiven Pflanzen in Assams Nashorngebieten die Mimosa invisa, Mikania micrantha (die „Meile-pro-Minute“-Ranke), Chromolaena odorata (Siam Unkraut) und die Ipomoea carnea (rosafarbene Prunkwinde). Alle wurden 2014 in Indiens Fifth National Report on Biological Diversity (zu deutsch: Fünften Nationalen Bericht über die biologische Vielfalt) als invasive Pflanzenarten identifiziert, die für die Schädigung lokaler Ökosysteme verantwortlich sind.
„Sie müssen Parthenium, Eicchronia carssipes [Wasserhyazinthe] und Lantana camara auf die Liste setzen“, meint Iswar Chandra Barua, Professor für Agronomie an der Assam Agricultural University in Assams Stadtteil Jorhat.
Barua, der seit über einem Jahrzehnt die Dynamik der Phytoinvasion in Assam untersucht, sagt, dass derzeit alle vier Nashornreservate von Assam — die Nationalparks Kaziranga, Orang, Pobitora und Manas — von diesen invasiven Pflanzen angegriffen werden.
Jede stellt eine einzigartige Gefahr dar, sagt Barua. Siam Unkraut und Wasserhyazinthe sind „Treiber-Arten“, die einheimische Pflanzen dezimieren können, ohne dass dies durch begleitende Umweltveränderungen unterstützt wird. Parthenium und Mimosa besitzen eine enorm hohe Wettbewerbsfähigkeit. Dies wird als Allelopathie bezeichnet und hemmt das Wachstum einheimischer Pflanzen in Gebieten, die von diesen Unkräutern besiedelt sind. Ipomoea-Stängel bilden dicke Matten, die den natürlichen Wasserfluss blockieren. Dadurch gehören sie nach der Wasserhyazinthe, die für das Verstopfen von Gewässern berüchtigt ist, zum störendsten Wasserunkraut. Lantana verströmt von seinen Wurzeln Gift und tötet einheimische Flora ab. Mikania produziert jedes Jahr rund 40.000 Samen und besiedelt Waldgebiete in einem sehr schnellen Tempo, indem es Gräser und Baumsetzlinge erdrückt und erstickt.
„Hunderte einheimische Pflanzen, einschließlich der Lieblingsfutterarten des Nashorns, sind durch diese invasiven Pflanzen direktem Druck ausgesetzt“, sagt Barua.
Unterschiedliche Parks, unterschiedliche Probleme
Im Kaziranga Nationalpark, in dem nach einer Zählung 2018 2.413 Nashörner leben, wurden verschiedene Gebiete von Mimosen überrannt. Die Situation hat sich jedoch seit Anfang der 2000er Jahre verbessert. Damals war das Problem akuter. Barua schreibt dies den natürlichen Überschwemmungen zu, die den Park in den letzten Jahren getroffen haben. „Während des jährlichen Hochwassers bleibt der gesamte Park tagelang und manchmal wochenlang überflutet. Dies wirkt sich auf natürliche Weise auf das Wachstum von Mimosen aus“, sagt er.
Eine potenzielle Bedrohung vor der Haustür des Parks ist jedoch die Ludwigia peruviana (peruanische Wasserprimel). Eine von Barua durchgeführte Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass dieses semi-aquatische Unkraut bereits rund 200 Quadratkilometer der Sumpfpflanzengemeinschaften im Distrikt Karbi Anglong, in dem sich ein Teil von Kaziranga befindet, beschädigt hat. Er sagt, Ludwigia werde wahrscheinlich die Sumpfgebiete von Kaziranga befallen, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden, um die Ausbreitung zu kontrollieren. „Der Kaziranga Nationalpark liegt ganz in der Nähe der von Ludwigia befallenen Gebiete. Daher könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich das Unkraut in die Sümpfe des Parks schleicht. Wenn wir jetzt nicht wachsam sind, könnte es in ein paar Jahren in ganz Kaziranga sein.“
Im Orang Nationalpark, in dem 101 Nashörner leben, scheint die Mimose die derzeit größte Bedrohung für das Ökosystem zu sein. Von 1987 bis 2008 schrumpfte das Auenland von Orang um 12,8 Prozent, und das Trockensavannen-Grasland sowie das beschädigte Grassland stiegen jeweils um 9,25 Prozent und 6,51 Prozent an. Die lässt sich hauptsächlich auf die Mimose zurückführen. Dies ergab eine Studie aus dem Jahr 2011 zur Veränderung der Landbedeckung im Park.
Der Manas Nationalpark erlebt auch eine Phytoinvasion, bei der Chromolaena und Mikania große Waldflächen befallen. Mit einer Dichte von 9,4 bis 15,1 Pflanzen pro Quadratmeter überschwemmt Chromolaena laut einer Umfrage aus dem Jahr 2004 Gebiete mit bereits beschädigter Vegetation entlang der südlichen Grenze des Parks, während Mikania Flussgrünlandflächen und Waldränder besiedelt.
Im Pobitora Nationalpark ist Ipomoea die größte Bedrohung, das sich vor allem im Grasland angesiedelt hat. Die Ausbreitung von Ipomoea im Park hat einen Wettstreit zwischen einheimischen Grasarten und dem Unkraut um Raum und Nährstoffe ausgelöst. Darüber hinaus ist Parthenium, wie Talukdar feststellte, eine aufkommende Herausforderung. Im letzten Jahr hat sich das Unkraut alarmierend schnell auf den Grünlandflächen des Parks ausgebreitet.
Auswirkungen auf Nashörner
Nashörner leiden bereits, während Assams Ökosysteme von diesen invasiven Pflanzen betroffen sind. „Erstens erdrücken und ersticken sie einheimische Pflanzen, die Nashörner fressen, was in geschützten Gebieten zu einem Schrumpfen des Futters führt“, sagt Talukdar. „Zweitens wird es für Nashörner schwierig zu grasen, wenn Arten wie die dornige Mimose das Grasland erobern. Das zwingt die Tiere dazu, sich von der Sicherheit des Parks zu entfernen. Sie werden somit anfälliger für Wilderei.“
Angesichts dieser Bedrohungen wurde die „New Delhi Declaration on Asian Rhinos 2019“ (zu deutsch: Neu-Delhi-Manifest zu den asiatischen Nashörnern 2019) am 28. Februar von fünf asiatischen Nashornländern in der indischen Hauptstadt unterzeichnet. Dieses Manifest gibt die Erforschung invasiver Arten in Auftrag, die Nashornreservate und andere Lebensräume bedrohen.
In einem Bericht des Wildlife Institute of India (WII) aus dem Jahr 2015 werden invasive Pflanzen für die Zunahme von Vorkommnissen streunender Nashörner in Pobitora verantwortlich gemacht. Dem Bericht zufolge hat das schnelle Wachstum invasiver Pflanzen, einschließlich Ipomoea, und die damit einhergehende Abnahme einheimischer Futterarten im Park zu einer Zunahme von Überfällen durch Nashörner in Dörfern am Rande des Parks geführt.
„Weil das invasive Unkraut Grasland verschluckt, drängen Nashörner immer häufiger in benachbarte Felder, um dort Feldfrüchte zu suchen“, sagt Mukul Tamuly, der Forstbeauftragte von Pobitora.
Darüber hinaus enthalten einige invasive Pflanzen toxische Substanzen, die Nashörnern und anderen Pflanzenfresserb, die sie aufnehmen, schaden können. „Lantana camara enthält zum Beispiel pentazyklische Triterpenoide, eine hepatotoxische Verbindung, die als Lantaden bekannt ist. Wenn sich Nashörner von Lantanablättern ernähren, kann dies zu erheblichen Leberschäden führen“, sagt Tamuly.
Bekämpfung der invasiven Unkräuter
Pflanzen, die zu siegreichen Eindringlingen werden, wachsen schnell und passen sic schnell an neue Umgebungen an. Wenn sie in Ökosysteme eingeschleust werden, in denen ihre natürlichen Raubtiere nicht vorhanden sind, können solche Arten einheimische Pflanzen schnell überraschen.
„Nehmen wir zum Beispiel Parthenium“, meint D.J. Rajkhowa, ein hochrangiger Agronom und Joint Director des India Council of Agricultural Research (ICAR), Nagaland Center. „In fremden Umgebungen wie Indien ist es frei von natürlichen Feinden wie Zygogramma bicolorata, dem mexikanischen Käfer, der sich nur von Partheniumblättern ernährt. Dies verschafft dem Unkraut einen Wettbewerbsvorteil und mehr Ressourcen, um zu wachsen, sich zu vermehren, zu verbreiten und letztendlich einheimische Pflanzenarten zu verdrängen.“
Aufgrund ihrer höheren phänotypischen Plastizitätit — der Fähigkeit, sich in verschiedenen Umgebungen unterschiedlich zu entwickeln — können sich invasive Pflanzen besser an Umweltschwankungen anpassen. Dies hilft ihnen, sich in neuen Gebieten zu verbreiten und zu etablieren. Rajkhowa führt das Beispiel von Mikania an, das nun in einer Reihe von Lebensräumen von terrestrisch bis litoral wächst.
Darüber hinaus sind viele invasive Pflanzen von Natur aus kryptisch und können jahrelang unentdeckt bleiben. Oder aber ihre schädlichen Auswirkungen sind nicht sofort klar, was es schwierig macht, diese Arten zu kontrollieren.
Angesichts dieser Herausforderungen gibt es drei Methoden zur Bekämpfung invasiver Pflanzen: Die mechanische Entfernung; Sprühchemikalien; sowie die Verwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln.
Die mechanische Entfernung, bei der von Hand gejätet wird, ist die einfachste Methode, jedoch arbeitsintensiv, teuer und muss regelmäßig wiederholt werden. Sie ist in Assams Nashornreservaten weit verbreitet, hat jedoch nur geringe Ergebnisse erbracht. „Wir entwurzeln Mimosenpflanzen in regelmäßigen Abständen, aber sie keimen mit sehr hoher Geschwindigkeit wieder nach“, sagt Chakrapani Rai, der Forstbeauftragte im Orang Nationalpark. „Wir haben auch kontrolliertes Brennen angewendet. Selbst das hat sich als vergeblich erwiesen. Die Ausbreitung des Unkrauts scheint nicht aufzuhalten zu sein.“
Das Versprühen von Chemikalien gilt in Schutzgebieten als nicht sinnvoll, da dies katastrophale Auswirkungen auf die Tierwelt und das Ökosystem haben kann.
Die biologische Pflanzenregulierungsmethode, ein weitaus komplizierterer Prozess, bei dem Organismen freigesetzt werden, die sich von der Zieltierart ernähren, wird als weniger gefährliche und potenziell wirksame Methode angepriesen. Die indische Behörde Project Directorate of Biological Control (PDBC), eine Regierungsbehörde mit Sitz in Bengaluru, hat die Aufgabe, die gefahrlose Einführung, Handhabung und Freisetzung von biologischen Pflanzenschutzmitteln sicherzustellen.
Versuche, biologische Pflanzenschutzmittel gegen Parthenium einzusetzen, haben in Indien gemischte Ergebnisse erzielt: Das Bioregierulierungsmittel für die Pflanze, der mexikanische Käfer, hat in Bengaluru erfolgreiche Ergebnisse gezeigt, ist in Delhi jedoch gescheitert.
Laut Rajkhowa ist der beste Weg, um mit dem Problem umzugehen, einen Plan zu entwickeln, der alle verfügbaren Methoden kombiniert. „Bei der Entwicklung eines integrierten Umsetzungsplans gegen das Unkraut sollte die biologische Pflanzenschutzmittel die entscheidende Komponente spielen. Bis geeignete Pflanzenschutzmittel gefunden sind, sollte der Schwerpunkt auf der mechanischen Entfernung liegen.“
Bisher wurden in Assam keine biologischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Rajkhowa meint aber, dass es eine Strategie sei, die in Betracht gezogen werden sollte. „Angesichts der gemäßigten klimatischen Bedingungen des Staates könnte es funktionieren.“
Die Bioregierulierungsmethode birgt jedoch ihre eigenen Risiken: Ein Organismus, der als Pflanzenschutzmittel zur Eindämmung eines bestimmten Eindringlings eingeführt wurde, kann auch andere Arten dezimieren und sich selbst in einen Eindringling verwandeln. Das berüchtigtste Beispiel dafür, dass Biokontrolle schief läuft, ist Australiens Aga-Krötenkatastrophe. Aga-Kröten wurden 1935 eingeführt, um Rohrkäfer in Queenslands Zuckerrohrkulturen zu bekämpfen. Innerhalb weniger Jahrzehnte breiteten sie sich jedoch in ganz Australien aus und verursachten schwere Schäden in den lokalen Ökosystemen.
Barua von der Assam Agricultural University spricht sich dafür aus, andere Alternativen zu erkunden. Auch er befürwortet die Idee eines integrierten Unkrautbewirtschaftungsplans. Dabei sollte jedoch der Schwerpunkt darauf liegen, Möglichkeiten zu finden, invasive Pflanzen als Rohstoffe für die lokale Industrie zu verwenden.
Dahingehend hat es einige Erfolge gegeben. Die Wasserhyazinthe wurde verwendet, um eine Reihe von Produkten wie Matten und Taschen herzustellen. Das Handwerk beschäftigt derzeit rund 3.500 lokale Handwerker im Nordosten Indiens. Seidenraupenzüchter in Karbi Anglong haben damit begonnen, Mikania als Wirtspflanze für Eri-Seide zu verwenden, mangels der primären Wirtspflanze Rizinus (Ricinuscommunis). Recherchen haben ergeben, dass Mikania auch kommerziell genutzt werden kann, um das Unkraut so zu bekämpfen. Weber des Stammes Bodo in der Nähe des Manas Nationalparks experimentieren mit Chromolaena als natürlicher Farbstoff, während Lantana als Rohstoff für Möbel verwendet wird — eine Initiative, die einigen Erfolg bei der Bekämpfung des Unkrauts zeigt.
„Wenn solche Initiativen kommerziell Fuß fassen“, sagt Barua, „werden sie nicht nur zu einem effektiven Unkrautmanagement beitragen, sondern auch die Lebensgrundlage vor Ort verbessern.“