- Als Donald Trump letzten Juni im Namen der USA den Austritt aus dem Pariser Abkommen vollzog, bot der französische Präsident Emmanuel Macron den amerikanischen KlimaforscherInnenn Zuflucht, um weiter ihrer Forschung nachgehen zu können. Deutschland tat es ihm gleich. Mehrere 100 folgten diesem Aufruf, allerdings heißt es für viele andere noch abwarten und Tee trinken.
- Durch die vorgeschlagenen massiven Budgetkürzungen für wissenschaftliche Programme und das Mantra "anti Wissenschaft", das durch die neue Regierung hallt, wird der Weg nach oben auf der Karriereleiter für junge WissenschaftlerInnen beschwerlicher. Während einige aktiv nach Forschungsmöglichkeiten entweder im privatwirtschaftlichen Bereich oder im Ausland suchen, bleiben andere in den USA und stellen sich der Anti-Wissenschaftspolitik von Trump entgegen.
- Einige Experten warnen davor, dass ein Rückgang der politischen Offenheit der USA und Trumps Plan, die Tore für EinwandererInnen zu schließen, die oft Arbeitsplätze in der Wissenschaft besetzen, die Wissenschaft in den USA vor größere Probleme stellen könnte als jede Abwanderung von WissenschaftlerInnen. Einstein, Enrico Fermi und viele andere WissenschaftlerInnen waren Immigranten in die USA und für einige der größten wissenschaftlichen Fortschritte der Nation verantwortlich.
Amerikanische KlimaforscherInnen, die unter einer Regierung, die für ihre feindselig Haltung gegenüber der Wissenschaft bekannt ist, mit einer ungewissen Zukunft konfrontiert sind, hatten einen möglichen Ausweg: man beantwortet ein paar Fragen auf einer Webseite der französischen Regierung, reicht einen Projektvorhaben ein und möglicherweise wird einem eine Stelle an einer französischen Universität angeboten mit ausreichender Bezahlung für die Dauer des Aufenthalts dort. Der/Die EhepartnerIn des Wissenschaftlers/der Wissenschaftlerin könnte ebenfalls mitkommen und arbeiten, wenn er/sie möchte. Ein lukratives und attraktives Angebot, das eine starke Resonanz hervorbrachte.
Nachdem Präsident Trump im Juni das Pariser Klimaabkommen gekündigt hatte, antwortete der französische Präsident Emmanuel Macron mit einem Weckruf, „Make Our Planet Great Again“ angelehnt an Trumps Slogan aus seiner Wahlkampagne. Einen Teil seiner Botschaft richtete er direkt an die amerikanischen KlimaforscherInnen mit einem Angebot, das sie dazu einlud, den drakonischen Budgetkürzungen der amerikanischen Regierung und Trumps feindseliger Rhetorik zu entgehen, indem sie Schutz in Frankreich suchen.
Das war nicht übertrieben: Die französische Regierung meinte ihr Angebot ernst und hat seitdem 30 Millionen Euro zur Seite gelegt, um die Immigranten zu unterstützen.
Das Programm wurde vor mehreren Monaten beendet, nachdem mehrere 100 Bewerbungen eingegangen waren, wobei hunderte weitere WisssenschaftlerInnen um Zusatzinformationen gebeten hatten. Von den 255 Bewerbungen kamen 45% von AmerikanerInnen und 55% von WissenschaftlerInnen, die in den USA arbeiten. Für ein Partnerprojekt in Deutschland, das über 15 Millionen Euro an Fördergeldern verfügt, wurden 287 Bewerbungen aus 40 Ländern eingereicht. Laut den Organisatoren kamen die meisten Bewerbungen von WissenschaftlerInnen, die entweder gebürtige AmerikanerInnen sind oder in den USA leben.
Seit Trumps Wahl sind Gespräche über den wissenschaftlichen Brain Drain in den USA weit verbreitet, insbesondere unter KlimaforscherInnenn, deren Geldmittel für das schlanke Budget vorgesehen sind, wie der Präsident im März bekanntgegeben hatte. Als dieser Artikel geschrieben wurde, wurde die Höhe der der Budgetkürzungen für die NASA (Nationale Aeronautik- und Raumfahrtbehörde), die NSF (National Science Foundation) und des NOAA (Nationale Behörde für Ozean und Atmosphäre), insbesondere der Klimaprogramme, noch diskutiert, allerdings zeichnet sich ab, dass der Kongress die schlimmsten Kürzungen von wissenschaftlichen Programmen ablehnen wird.
Um die Auswirkungen der Stellenangebote aus Frankreich und Deutschland zu messen, suchte Mongabay.com KlimaforscherInnen auf, um sie nach ihrer Meinung zu befragen und herauszufinden, wer von ihnen bleibt und wer geht.
Eine sensible Situation
Ashley Ballantyne, angehender Professor für Bioklimatologie an der Universität von Montana, hat sich für das französische Programm „Make Our Planet Great Again“ beworben. Er sagt, er fühlt sich nicht unter Druck gesetzt, sondern eher von der sich bietenden Möglichkeit motiviert: „In den letzten Jahren war es eine Herausforderung, hier in den USA finanzielle Unterstützung für die Forschung zu bekommen; ich glaube nicht, dass das so gewollt ist, ich glaube, das liegt einfach am starken Wettbewerb.“ Er sagt, ein Umzug nach Frankreich wäre für ihn eine Gelegenheit, um sein Forschungsnetzwerk zu erweitern, aber auch um seine bisherige Arbeit mit französischen Kollegen zu auszuweiten.
Ballantyne deutet aber auch ein anderes, größeres Problem an: „Meiner Meinung nach gibt es eine große Diskussion über offene Gesellschaften und wie diese die Wissenschaft aufnehmen… im Moment hab ich das Gefühl, dass Europa eher eine solche offene Gesellschaft ist.“ Wenn das der typische Standpunkt ist, dann gibt es nicht nur einen negativen Umschwung im Bereich der Förderung, um den sich WissenschaftlerInnen in den USA Gedanken machen, sondern auch einen Wandel des politischen und gesellschaftlichen Klimas zusammen mit zunehmend fehlender Transparenz.
„Ich glaube, Trump hat Öl in das Feuer des anti-intellektuellen und des Anti-Wissenschaftslagers geschüttet“, so Lauren Kurtz, Geschäftsführerin des Climate Science Legal Defense Fund. Ihre Organisation unterstützt WissenschaftlerInnen, die während ihrer Arbeit mit Gerichtsverfahren und Belästigungen umgehen müssen. Laut Kurtz hat ihr Team in den vergangenen Jahren etwa 20 bis 30 WissenschaftlerInnen pro Jahr in unterschiedlichem Ausmaß mit juristischem Rat oder Vertretung geholfen; in diesem Jahr unter Trump sind sie allerdings auf dem Weg, diese Zahl zu verdoppeln.
„Ich glaube, Trump hat Öl in das Feuer des anti-intellektuellen und des Anti-Wissenschaftslagers geschüttet“, so Lauren Kurtz, Geschäftsführerin des Climate Science Legal Defense Fund. Ihre Organisation unterstützt WissenschaftlerInnen, die während ihrer Arbeit mit Gerichtsverfahren und Belästigungen umgehen müssen. Laut Kurtz hat ihr Team in den vergangenen Jahren etwa 20 bis 30 WissenschaftlerInnen pro Jahr in unterschiedlichem Ausmaß mit juristischem Rat oder Vertretung geholfen; in diesem Jahr unter Trump sind sie allerdings auf dem Weg, diese Zahl zu verdoppeln die Worte „Klimawissenschaft“ in Anträgen für Zuschüsse nicht verwenden können. Andere wiederum wurden ihres Amtes enthoben und auf Assistenzstellen heruntergestuft. „Sie werden also genauestens im Auge behalten“, schließt Kurtz.
Einer der KlimaforscherInnen, der für diesen Artikel befragt wurde, bewarb sich bei der französischen Initiative, bat allerdings aus Angst vor Konsequenzen darum, anonym bleiben zu dürfen. „Ich glaube, es wird Ihnen schwerfallen, WissenschaftlerInnen zu finden, die bereit sind, sich gegen die Trump-Regierung auszusprechen, da wir alle von öffentlichen Geldern finanziert werden. In Sachen Karriere ist es wahrscheinlich keine besonders gute Idee, einen Namen hinter etwas zu setzen, das gegen die Regierung spricht.“
Einige WissenschaftlerInnen fürchten nicht Trumps Wissenschaftspolitik sondern seine Immigrationspolitik.
Murray Rudd, Kanadier und angehender Professor an der Universität von Emory, soll eine Stelle an einer Universität in Schweden antreten; eine Stelle, für die er sich einen Tag nach Trumps Wahlsieg beworben hat. Die Unsicherheit über seinen Aufenthaltsstatus brachte ihn dazu, im Ausland nach Stellen zu suchen. „Die größten Bedenken, die mich anspornten, war das mögliche Risiko, dass ich nicht mehr in diesem Land arbeiten dürfte“, sagt er. Andere Bedenken wie Kürzungen des Forschungsbudgets waren nachrangig.
Er hatte damit gerechnet, dass er seine Stelle an der Universität von Emory noch jahrelang bis zur Rente behalten können würde. Aber er sagt, er bereut es nicht, dass er seine Bewerbung abgegeben hat. „Es gab nichts, das meine Bedenken in dieser Zeit gelindert hätte“, erklärt er. „Tatsächlich wurden meine Bedenken bezüglich Immigration mit der Zeit dringlicher… Ich komme aus Kanada und das ist wahrscheinlich für mich die sicherste Möglichkeit.“
Zwischen Hammer und dem Weißen Haus
WissenschaftlerInnen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, sind besonders besorgt über die offene Feindseligkeit der Trump-Regierung gegenüber der Wissenschaft. Neulinge in der Wissenschaft hatten es noch nie leicht und finden möglicherweise etwas Trost in der Tatsache, dass es andernorts schwierig ist, eine Vollzeitstelle zu finden. „Es ist schwierig, hierfür weltweite Statistiken zu finden, aber nur drei oder vier von 100 Doktoranden im Vereinigten Königreich bekommen eine Festanstellung in einer Universität. In den USA ist es nur ein kleines bisschen besser.“ Siehe hierzu ein vor kurzem erschienener Leitartikel in der Zeitschrift Nature.
„Ich würde nicht davon ausgehen, dass viele KlimaforscherInnen einfach ihren Beruf hinter sich lassen, nur weil die Karrierechancen jetzt schlechter sind“, sagt Alex Rezovsky, forschender WissenschaftlerInnen am Laboratoire des Sciences du Climat et l‘Environnemnet in Frankreich. Rezovsky ist lange vor Trumps Wahlsieg ins Ausland gegangen und sagt, seine Gründe waren klar: Er suchte nach Arbeit, egal wo. „Keiner von uns hat sich in erste Linie für diese Karriere mit dem Gedanken entschieden, dass es einfach sein würde, eine unbefristete Anstellung zu finden.“
Michael Diamond, Alumnus in Atmosphärenwissenschaft an der Universität von Washington ist gleichermaßen besorgt über die trostlosen Jobchancen in den USA: „Für meine Überlegungen bezüglich meiner Karriere sind Verfügbarkeit staatlicher Gelder und Jobchancen oder nicht vorhandene Jobchancen wichtig“, sagt er. „Ich glaube, das wäre auch bei einem anderen politischen Klima wichtig, aber insbesondere angesichts der aktuellen US-Politik interessieren sich WissenschaftlerInnen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, mehr für eine Laufbahn im privatwirtschaftlichen Bereich.“
Wie andere WissenschaftlerInnen, die wir für diesen Artikel befragt haben, sagt Diamond, er würde Möglichkeiten im Ausland für seine Forschung nach seinem Doktorstudium in Erwägung ziehen, aber er wollte daraus keine dauerhafte Entscheidung machen.
In a sense, this is nothing new, with past U.S. administrations slowly tightening the screws on science funding over the decades since the big science boom of the 1960s launched by President John F. Kennedy. A 2013Das ist gewissermaßen nichts Neues, da frühere US-Regierungen langsam den Gürtel für die Finanzierung der Wissenschaft über die Jahrzehnte seit dem Wirtschaftsboom der 1960er, ausgelöst von John F. Kennedy, enger schnallen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 mit dem Titel Unlimited Potential, Vanishing Opportunity (dt.: Unbegrenztes Potential, verschwindende Gelegenheiten) zogen es fast 20 Prozent der WissenschaftlerInnen in den USA in Erwägung, aufgrund der stärker werdenden finanziellen Restriktionen ins Ausland zu gehen. Seit der Geldbeutel der Regierung nicht mehr so locker sitzt, die Zuschüsse geringer, schlechter verfügbar und umkämpfter werden, richten junge WissenschaftlerInnen ihren Blick nicht mehr auf eine akademische Laufbahn, sondern mehr und mehr auf den privatwirtschaftlichen Bereich.
„Ich habe sehr gute und insbesondere junge WissenschaftlerInnen gesehen, die nach Europa gegangen sind, um dort finanziell gut bezuschusste Wissenschaftsprogramme zu nutzen“, sagt Mark Urban, angehender Professor an der Universität von Connecticut, dessen Labor die biotische Reaktion auf den Klimawandel untersucht. Die, die gegangen sind, haben das vor Trumps Wahlsieg getan, sagt Urban.
„Unter meinen Kollegen habe ich eine Massenabwanderung in die Industrie bemerkt. Viele ziehen auch eine Karriere im Ausland in Erwägung“, erzählt Tripti Bhattacharya, Post-Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Geowissenschaften an der Universität von Arizona. Wie Urban sagt sie, diese „Abwanderung“ begann vor der Trump-Regierung und hängt hauptsächlich mit der Finanzierung zusammen – allerdings scheint Trump diese Abwanderung klar zu beschleunigen.
Bhattacharya hat sich aufgrund ihrer eigenen Sorgen über zukünftige Finanzierungsmöglichkeiten für eine Stelle im Vereinigten Königreich und Kanada beworben. Aber wie Rudd widerstrebt es ihr, die USA zu verlassen: „Im Idealfall könnte ich in den USA bleiben, in einem Finanzierungssystem, mit dem ich vertraut bin.“ Allerdings könnte es sein, dass die Umstände nicht dafür sprechen.“
„Die Konkurrenz um die Finanzierung ist bereits sehr groß und wenn das Budget gekürzt wird oder Programme gestrichen werden, wird es noch schwieriger werden“, fügt Jennifer Hertzberg hinzu, Postdoktorandin und WissenschaftlerInnenin an der Universität von Connecticut mit dem Fachgebiet Foraminifera – ein kleines Plankton aus dem Ozean, auf dem Muscheln wachsen und das Einblicke in vergangene Klimaveränderungen gibt. „Ich bewerbe mich auf unbefristete Stellen im akademischen Bereich im Ausland und wenn man mir eine Stelle anböte, zöge ich es ernsthaft in Erwägung, die USA zu verlassen.“
An Ort und Stelle bleiben
Zwar gibt es ein allgemeines Unwohlsein bezüglich zukünftiger Finanzierung und echte Bedenken über zunehmende politische Repressalien befallen amerikanische KlimaforscherInnen, allerdings polieren die meisten noch nicht ihr Französisch oder Deutsch auf. Für viele hat sich bisher nur wenig verändert. Also heißt es für sie abwarten und Tee trinken. Andere ziehen andere Möglichkeiten in Betracht, um ihre Forschung fortzusetzen, sei es durch anderweitige Beschaffung von Fördergeldern oder unter einem anderen Schwerpunkt zu arbeiten.
„Wir müssen herausfinden, wie das Klima auf die Mengen an CO2 und Treibhausgasen reagieren wird, die wir in die Atmosphäre lassen und ich denke, diese Arbeit wird weiterhin wichtig sein“, sagt Gijs de Boer an der Universität von Colorado. Für ihn hat sich bisher nur sehr wenig verändert. Im Moment gibt es zu viele andere Dinge, um die er sich Sorgen macht, sagt er, als die Entscheidung über den Staatshaushalt und was eintreten könnte oder auch nicht.
Matthew Shupe, forschender WissenschaftlerInnen am Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences an der Universität von Colorado beschrieb Trumps ursprünglichen Plan für das Budget, das schlanke Budget, als „lächerlich“ und fügte hinzu, dass „er so ziemlich jedes Programm, aus dem ich finanzielle Unterstützung beziehe, für diese bedeutenden Einschnitte benannt hat… Ich hätte also ziemlich große Nachteile, wenn dieses Budget abgesegnet würde.“ Aber er hält die Füße still und wartet ab, ob diese Kürzungen, wenn überhaupt, im finalen Budget 2018 des Kongress‘, das im Dezember fällig ist, auftauchen werden.
Shupe sieht den Gang ins Ausland als etwas an, „das man irgendwann in der Zukunft in Betracht ziehen könnte“, hat aber keine Pläne, es in naher Zukunft zu tun. Er geht eher davon aus, dass Budgetkürzungen dazu führen würden, etwas an seiner Wissenschaft zu verändern, bevor er seine Sachen packt. „Es ist ein schmaler Grat zwischen Wetter und Klima… Im Prinzip könnte ich ein paar kleine Veränderungen vornehmen und meine Arbeit unter Wettervorhersage verkaufen.“
Die Widrigkeiten unter Trump haben dazu geführt, dass viele andere nicht aus ihrem Land fliehen, aber sich stattdessen dazu entschieden haben, aufzustehen und das Wort zur Verteidigung der amerikanischen Wissenschaft zu ergreifen. „Ich kenne niemanden, der klar gesagt hat ‚Ich bin raus hier‘“, sagt Sarah Myhre, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Ozeanographie an der Universität von Washington. Zumindest für sie und ihre KollegInnen war die Nachricht des Französischen Präsidenten vielleicht wichtiger als das Angebot.
„Wir haben das beklatscht, es war wundervoll und ermutigend“, sagt sie. „Ich glaube, dass in der gesamten Forschungsgemeinde klar war, dass es hinter den Arbeitnehmern und Intellektuellen, die in dieser grundlegenden Wissenschaft arbeiten, diesen internationalen Wettstreit gab.“
Myhres sofortige und intuitive Reaktion war es, sich aktiver und lauter für die Wissenschaft stark zu machen. „Es ist tatsächlich meine Aufgabe zu bleiben und mich in den politischen Prozess zu involvieren“, sagt sie. Und sie ist nicht allein. Andere sagen, dass die jüngsten Attacken auf die Wissenschaft durch die Regierung ihnen nur deutlicher gemacht habe, wie wichtig es sei, als lautstarke BotschafterInnen für die Wissenschaft in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Jonathan Sanderman, Biogeochemiker am Woods Hole Research Center in Massachusetts, der sich darauf spezialisiert, wie Bodenkohlenstoff und Nährstoffzyklen durch den Klimawandel beeinflusst werden, sah Macrons Einladung als symbolische Geste, ähnlich dem Versprechen von Gouverneur Jerry Brown, dass Kalifornien „verdammt noch mal seine eigenen Satelliten“ starten würde.
„Für mich gilt, ich werde meine Familie hier nicht entwurzeln und nach Frankreich gehen“, sagt Sanderman und fügt ironisch hinzu: „Aber wenn man mir eineinhalb Millionen Euro gäbe, um ein Programm ins Leben zu rufen, das wäre verlockend…“
Urban fügt hinzu: „Angesichts des Rückgangs der Forschungsbudgets, der vor dem Regierungswechsel schon begonnen hat, sehe ich mich weiterhin abseits staatlicher Förderprogramme nach Alternativen und möglicherweise nachhaltigeren Finanzierungsmöglichkeiten um.“ Allerdings behaart Urban, dass er sich hartnäckig seiner Arbeit verschrieben hat, egal was passiert: „Selbst wenn ich alle Zuschüsse verloren hätte, würde ich mit Stiefeln und einem Laptop versuchen zu tun, was ich kann.“ Diese hartnäckige Entschlossenheit der Laufbahn in der Wissenschaft und dem Klima treu zu bleiben, komme was wolle, war allen Menschen zu eigen, die wir für diesen Artikel befragt haben.
Brenda Ekwurzel, leitende KlimaforscherInnenin der Union of Concerned Scientists, beschreibt einen komplett anderen Brain Drian: Die Abwanderung staatlicher Behörden in andere Bereiche, seien es Arbeitsplätze in der Industrie oder bei NGOs, die sie als eine horizontale Bewegung beschreibt. „Die meisten Menschen bleiben und geben ihr bestes, denke ich. Ich kenne einzelne, die gegangen sind, aber unter den vielen, mit denen ich seit November 2016 gesprochen habe, sind sie sehr selten.“
Rudd glaub allerdings, dass es nur eine frage der Zeit ist, bevor andere ihre Taschen packen und das Abfluggate ansteuern. „Mit Ihrem Artikel sind Sie vielleicht ein bisschen früh dran“, vermutet sie und betont, dass der Einstellungsprozess in der akademischen Welt eine Zeit dauern kann, bis er in Gang kommt. „Wahrscheinlich erwischen Sie gerade mal die ersten paar Menschen, die diesen Weg einschlagen… Jede Unsicherheit wird Menschen dazu bringen, andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen.“ Tatsächlich könnte es sein, dass Mongabay sich diesem Thema in einem Jahr erneut zuwenden wird.
Ist denn ein Brain Drain so schlecht?
„Ich finde Brain Drains super!“ Ruft Cassidy Sugimoto aus und bezieht sich auf die französischen und deutschen Initiativen „Make Our Planet Great Again“. Die jüngste Forschung dieser angehenden WissenschaftlerInnenin für Informatik an der Universität von Indiana legt nahe, dass offene Gesellschaften Wissenschaft befürworten, insbesondere wenn die WissenschaftlerInnen sich frei bewegen können. Und Forschungsprogramme wie die, die nun in Europa angeboten werden, können diese Freiheit nur verbessern.
Anstatt von „Brain Drains“ und Einbahnstraßen zu sprechen, nennt Sugimoto das Phänomen „Brain Circulation“ (dt. Gehirnkreislauf), eine Drehtür, durch die ein konstanter Fluss internationale WissenschaftlerInnen in Länder hinein und wieder hinaus ermöglicht wird. Sie befürchtet, dass Trumps Antagonismus gegenüber der Wissenschaft wie ein Keil sein könnte, der den Drehmoment dieser Tür und die internationale Durchmischung von WissenschaftlerInnen stoppt: „Die isolierenden Handlungen der US-Regierungen im Moment sorgen für ein eiskaltes Klima für die Wissenschaft und ein sehr feindseliges Umfeld für akademische Arbeit“, sagt Sugimoto.
Im Moment macht sie sich besonders Sorgen um die neuen Hürden für WissenschaftlerInnen, die in die USA einreisen wollen, darunter auch der so genannte „Muslim-Ban“, der verhindern könnte, dass ausländische WissenschaftlerInnen das Land betreten oder sie davon abbringen könnte. Einige der größten WissenschaftlerInnen und UmweltaktivistInnen der USA, von Albert Einstein bis John Muir oder von Subrahmanyan Chandrasekhar bis Chien-Shiung Wu, waren ImmigrantInnen. Daher muss man sich auch fragen, wie anders das Ende des zweiten Weltkriegs verlaufen wäre, hätten die USA Einstein und andere immigrierte PhysikerInnen ausgewiesen, die in der Rüstungsindustrie und am Manhatten-Projekt gearbeitet haben.
Laut Sugimoto sind WissenschaftlerInnen, die ins Land kommen, tendenziell produktiver und produzieren bedeutendere Arbeit. „Wir haben eine enorme Zahl an im Ausland geborenen und im Ausland gebildeten WissenschaftlerInnen, die in die USA kommen… Sie stellen die Mehrheit der NobelpreisgewinnerInnen und von unseren anderen elitären und prestigeträchtigen Preisen, sie schreiben die Arbeiten mit dem größten Einfluss, sie werden in unseren Blättern veröffentlicht.“
Sie weist auf einen generellen Rückgang internationaler Bewerbungen an amerikanischen Universitäten hin, in manchen Fällen seit Trumps Wahl um bis zu 30 Prozent. „Diesen Pool aus hochqualifizierten WissenschaftlerInnen zu verlieren, wird dramatische Auswirkungen auf den Wissenschaftskontext in den USA haben.“
Laut einem vor Kurzem aufgenommenen Momentaufnahme von 522 Colleges und Universitäten aus diesem Herbst vom Institute of International Education (IIE), sind die Zahlen internationaler Bewerbungen im Schnitt um sieben Prozent in diesem Jahr zurückgegangen, wobei etwa die Hälfte der befragten Institute Rückgänge verzeichneten. Die Hälfte der Institute äußerste außerdem Bedenken, dass das gesellschaftliche wie politische Klima in den USA potenziell abschreckend auf BewerberInnen wirken könnte, während ein Fünftel angab, dass einige internationale Studierende erwogen, die USA zu verlassen oder es schon getan hatten. Der Vorsitzende des IIE sagte gegenüber der Washington Post, es sei zu früh um zu sagen, ob das alles mit Trumps Politik zusammenhänge.
Es ist für Sugimoto daher nicht überraschend, dass Länder wie Frankreich, Deutschland, Kanada und China diese Lücke füllen und versuchen, die Talente aus den USA zu rekrutieren. Laut einem Report der Japan Technology and Science Agency, hat China die USA bereits in vier von acht Wissenschaftsgebieten überholt. China führt nun in Informatik, Mathematik, Materialwissenschaft und Ingenieurwissenschaft. Die USA führen noch in Physik, Umwelt- und Geowissenschaften, grundlegenden Biowissenschaften und klinischer Medizin – für jetzt.
Der so genannte „Trump-Effekt“ verheißt nichts Gutes für die von den USA lange gehaltene globale Führungsposition in der Wissenschaft. Allerdings könnte er auch für das weltweite Streben nach Wissenschaft sprechen, da WissenschaftlerInnen dazu aufgefordert werden, sich zwischen den Ländern hin und herzubewegen, wodurch sozusagen eine Kreuzbestäubung von Wissen stattfindet.
Es bleibt abzuwarten, ob die von Trump vorgeschlagenen Budgetkürzungen für 2018 im Kongress standhalten werden. Allerdings weisen ExpertInnen darauf hin, dass die Regierung nach wie vor mindestens drei weitere Jahreshaushalte vor sich hat und bei keinem davon erscheint es wahrscheinlich, dass dass das Budget für die Wissenschaft aufgestockt wird. Während allerdings einige KlimaforscherInnen Möglichkeiten außerhalb den USA erwägen, haben im Moment die meisten keine Lust, das Land zu verlassen.
Als Reaktion auf die Attacken der Regierung auf die Wissenschaft, halten einige lieber die Füße still und hoffen, dass sich das politische Wetter bessern wird. Andere verteidigen lauter als jemals zuvor die wissenschaftliche Methode – die überwältigende Teilnahme letzten Frühling am March for Science (dt.: Marsch für die Wissenschaft) in Washington zeigt, dass der Widerstand gegen die Trump-Regierung stark bleibt und sich aufbauen könnte.
Ein wichtiger Vorbehalt: Während die Mehrheit der KlimaforscherInnen, die Mongabay befragt hat, unterschiedliche Ansichten bezüglich ihrer persönlichen Berufssituation hatte, stehen sie mit ihren Bedenken bezüglich dessen, was Trumps Angriff auf die Wissenschaft für die Bemühungen, den Klimawandel jetzt und in der Zukunft zu verstehen und zu bekämpfen fest zusammen. Ob sie in den USA, Frankreich, Deutschland oder China leben, sie wissen, dass es keinen Planeten B gibt, auf den sie oder ihre Kinder sich retten können, wenn wir es nicht schaffen, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Angesichts dieser umfassenderen Sicht auf die Dinge erscheint die Frage, ob es in den USA zu einem Brain Drain kommt oder nicht, eher akademischer Natur.
Weder NOAA noch NSF antworteten auf Anfragen zu diesem Artikel. Die U.S. Environmental Protection Agency antwortete mit einer Floskel, die auch keine Antwort sein könnte: „Das Budget der EPA für das Geschäftsjahr 2018 erhält grundlegenden Umweltschutz und regulative Verbindlichkeiten, während es sich auf die gesetzlich verankerte Kernarbeit der EPA konzentriert. Wie im Entwurf der EPA für die Geschäftsjahre 2018-2022 dargelegt, sind die Ziele des Verwalters so gewählt, dass sie die Art, wie die EPA agiert so verändert, dass sie effizienter und effektiver Resultate bezüglich der Gesundheit der Menschheit und der Umwelt hervorbringt.