- In Europas Hauptstädten wird Buschfleisch verkauft, sogar das Fleisch von gefährdeten Arten wie Primaten und Schuppentieren ist erhältlich. Das volle Ausmaß dieses Problems ist jedoch noch nicht bekannt, da bislang nur wenige Studien zu diesem Thema an Flughäfen und anderen Einfuhrpunkten durchgeführt worden sind.
- Im Rahmen einer Studie am Pariser Flughafen wurden in einem Zeitraum von 17 Tagen 134 Flugreisende aus Afrika durchsucht; bei neun von ihnen fand man insgesamt 188 Kilogramm Buschfleisch. Eine neuere Studie zum Buschfleisch aus Afrika an zwei Schweizer Flughäfen kam zu dem Ergebnis, dass ein Drittel des beschlagnahmten Fleisches von bedrohten, CITES-gelisteten Arten, etwa von Schuppentieren, kleinen Fleischfressern und Primaten, stammte.
- Die vorhandenen Beweise für den Handel legen nahe, dass er zum Teil auf Profit ausgerichtet ist: Einige Schmuggler transportieren ganze Koffer voll Buschfleisch, um es auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Darüber hinaus bringen auch manche Afrikaner, die in Europa leben, Buschfleisch als „kulinarisches Andenken an die Heimat“ mit. Dies könnte möglicherweise zur Verbreitung von Krankheiten beitragen, mit denen das Fleisch infiziert sein könnte.
- Forscher drängen auf einen verstärkten Einsatz von DNA-Analysen, um zu ermitteln, welche Arten als Buschfleisch nach Europa transportiert werden, und um mehr Buschfleischhändler zu bestrafen, die gefährdete Arten verkaufen. Doch die Zollbeamten sind bereits jetzt überlastet und Buschfleisch stellt keine hohe Priorität für sie dar. Daher wird diese Technologie zurzeit nur selten eingesetzt.

In der Schweiz befindet sich der Sitz des Sekretariats von CITES, dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Land immun gegen den illegalen Artenhandel sei oder dass nicht einige seiner Staatsbürger eine Vorliebe für Buschfleisch entwickelt hätten.
„Ich habe in Kamerun bereits bei Direktflügen in die Schweiz eingecheckt. In der Warteschlange vor mir habe ich Menschen gesehen, die große Kühlboxen vor sich stehen hatten und diese auch problemlos einchecken konnten“, berichtet Karl Amman, dem die erstmalige Aufdeckung des Buschfleischhandels in den 90er-Jahren zugeschrieben wird, und der sich weiterhin mit diesem Problem beschäftigt.
Schätzungen zufolge werden über die Flughäfen Genf und Zürich 40 Tonnen Buschfleisch pro Jahr eingeflogen, und auch in anderen europäischen Hauptstädten dürfte von Wilderern erlegtes Fleisch – auch von gefährdeten Arten – illegal verkauft werden und schließlich auf städtischen Esstischen landen. Es könnte sich hierbei um ein ernstzunehmendes Problem handeln, und zumindest ein Teil dieses Handels könnte gut organisiert sein. Bislang sind jedoch nur wenige Studien in ein paar Ländern durchgeführt worden, die sich der Frage widmeten, was an den europäischen Einfuhrpunkten vor sich geht.
Der Großteil des weltweiten Wildtierhandels spielt sich innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen ab – ob in Afrika, Südostasien oder Amerika. Doch Experten haben keine Zweifel daran, dass Buschfleisch seinen Weg in die größten Städte Europas findet, wo die Nachfrage nach exotischen Delikatessen oder „kulinarischen Andenken an die Heimat“ einen Handel beflügelt, dessen Ausmaße bislang noch vollkommen unbekannt sind. Unter den gefährdeten Arten, die in Europa als Buschfleisch serviert werden, könnten sich vom Aussterben bedrohte Menschenaffen befinden, aber niemand weiß, wie oft dies geschieht und um wie viele Tiere es sich handelt.

Buschfleischarten erkennen
Für das ungeübte Auge ist es bei Buschfleisch – vor allem, wenn es zerkleinert und geräuchert wurde – unmöglich zu bestimmen, von welcher Art es stammt. Genau darin liegt das Problem im Hinblick auf die Durchsetzung der Zollvorschriften. Die Zollbeamten sind bereits jetzt ausgelastet und mit einer langen Liste an Bedrohungen konfrontiert, die von Terroristen bis hin zu illegalen Einwanderern reicht. Außerdem wurden sie wahrscheinlich nicht dafür ausgebildet, Buschfleisch zu erkennen –geschweige denn das Fleisch gefährdeter Arten zu identifizieren. Aus diesem Grund werden die verschmorten, nach Europa transportierten Fleischstücke, die konfisziert werden, oft bestenfalls als „Buschfleisch“ oder „Wildfleisch“ kategorisiert, meistens jedoch nur als „Produkte tierischen Ursprungs“ (ein Oberbegriff, der auch Fleisch von Nutztieren und Fisch umfasst).
Wegen dieses Mangels an Daten gestaltet sich die Arbeit von Forschern wie Noëlle Kümpel von der Zoological Society of London (ZSL), der Vorsitzenden der britischen Buschfleischarbeitsgruppe, umso schwieriger. „In Großbritannien veröffentlicht [das Ministerium für Umwelt, Ernährung und Angelegenheiten des ländlichen Raums] jährlich Berichte über die Konfiszierungen von Produkten tierischen Ursprungs“, erklärte sie mongabay.com. Doch es gebe keine genauen Zahlen zu den Buschfleischmengen.
Ein weiteres Problem: Aufgrund der möglichen Gesundheitsrisiken durch den unsachgemäßen Umgang mit unter unangemessenen Bedingungen geschlachtetem Fleisch wird beschlagnahmtes Buschfleisch oft sofort und ohne Artenbestimmung entsorgt oder verbrannt.
Dies bedeutet nicht, dass Buschfleisch keine Gesundheitsrisiken berge, denn Schlachtfleisch wird mit zahlreichen Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter HIV, Marberg und E. coli. Es gibt Hinweise darauf, dass der Ausbruch der Maul-und-Klauen-Seuche in Großbritannien zu Beginn des letzten Jahrzehnts durch Buschfleischimporte. verursacht wurde. Darüber hinaus wird vermutet, dass die Ebola-Epidemie im Jahr 2013 in Westafrika durch den Verzehr von infizierten Flughunden verbreitet wurde.
Angesichts dieser Epidemien wird befürchtet, dass solche Viruserkrankungen durch illegal importiertes Buschfleisch auch in europäische Städte gelangen könnten. Im März 2015 veröffentlichten Kümpel und ihre Kollegen eine Analyse mit dem Titel „Bushmeat and Ebola: Myth and Reality“ [Buschfleisch und Ebola: Mythos und Realität]. Ihr Ziel war es, die Behauptung, dass der Buschfleischhandel die Ursache für den Ebola-Ausbruch gewesen sei und eine weltweite Pandemie auslösen könnte, näher zu beleuchten und einige Missverständnisse aufzuklären.
Ebola-Erreger könnten in unbehandeltem Buschfleisch nur höchstens 3-4 Tage lang aktiv bleiben, schrieben die Forscher. Außerdem sei der Großteil des geschmuggelten Buschfleisches geräuchert, weshalb nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Virus die Reise nach Europa oder in die USA überlebe. „Das Risiko der Verbreitung in neue Gebiete entsteht durch infizierte Personen, nicht durch infiziertes Fleisch.“
Dennoch ist die Gefahr einer möglichen Übertragung von Krankheiten der Grund dafür, dass Buschfleisch selten für Analysezwecke aufbewahrt wird – im Gegensatz zu Elfenbein, Nashornhörnern, den Schädeln von Menschenaffen oder anderen erkennbaren Körperteilen von Wildtieren. Die wissenschaftliche Untersuchung des Buschfleischhandels in Europa wird immer noch dadurch behindert, dass große Angst vor der Übertragung von Infektionskrankheiten von Buschfleisch auf Menschen und/oder Nutztiere besteht und geschmuggeltes Buschfleisch daher rasch vernichtet wird.
Selbst wenn Buschfleischproben zur Untersuchung aufbewahrt werden, können sich die Experten irren. „Wir nennen uns Buschfleischspezialisten, und wir glauben, dass wir es erkennen können. Doch wir lagen schon oft falsch“, erklärt Bruno Tenger in Bezug auf vergangene Analysen. Er ist Mitglied der Tengwood Organization und des Forscherteams, das die Buschfleischeinfuhr in der Schweiz untersuchte. Eine DNA-Analyse sei die einzig sichere Methode zur Artenbestimmung.
„Daher ist die DNA-Analyse ein entscheidender Schritt“, fügt Kathy Wood, Tengers Forschungspartnerin, hinzu. Bei Buschfleischbeschlagnahmungen an internationalen Flughäfen und anderen Einfuhrpunkten werde dieser Test jedoch derzeit nicht durchgeführt.

Europa als Ziel des Buschfleischhandels
Obwohl den Behörden seit Langem bekannt war, dass Buschfleisch auf europäischen Tellern landet, wurde eine der ersten bedeutenden Untersuchungen des Handels erst vor acht Jahren in Paris durchgeführt. Forscher der ZSL sowie der École Nationale Vétérinaire und des Muséum d’Histoire Naturelle in Toulouse untersuchten Buschfleisch, dass am Flughafen Charles de Gaulle bei Flügen aus Afrika beschlagnahmt wurde. In einem Zeitraum von 17 Tagen wurden insgesamt 134 Passagiere durchsucht; bei neun von ihnen wurden insgesamt 188 Kilogramm Buschfleisch sichergestellt.
Hochgerechnet könnten diesen einen Flughafen pro Jahr 270 Tonnen Buschfleisch passieren, so die Forscher. Nachdem sie dieses Ergebnis mit der Zahl der großen Flughäfen in Europa multipliziert hatten, offenbarte sich den Forschern ein schockierendes Ausmaß des Handels. „Es war bekannt, dass mit Buschfleisch gehandelt wurde, doch niemand wusste, in welchem Umfang“, sagte Anne-Lise Chaber, die das Forschungsprojekt leitete.
Chaber berichtet, dass das Team den Flughafen Charles de Gaulle teilweise deshalb ausgewählt habe, da andere Flughäfen nicht bereit gewesen seien, sich einer Überprüfung zu unterziehen. „Ich bin mir sicher, dass wir einen ähnlichen Trend feststellen würden, wenn wir die Studie in anderen europäischen Hauptstädten durchführen würden … Wahrscheinlich sind die meisten großen Städte vom Buschfleischhandel betroffen.“
Vier Jahre später wurde diese Hypothese in der Schweiz weiter untermauert.
Tenger und Wood von der Tengwood Organization untersuchten Buschfleisch, das an den Flughäfen Genf und Zürich ankam. Die 40 Tonnen pro Jahr, die ihren Schätzungen zufolge ins Land geschmuggelt werden, mögen vielleicht unbedeutend erscheinen, wenn man sie mit den Tausenden von Tonnen vergleicht, die in afrikanischen Staaten jährlich von Wilderern für den lokalen Verzehr oder zur Abdeckung der Nachfrage in den Städten dieser Region erlegt werden. Für die Forscher waren sie dennoch ein Schock.

Die Wissenschaftler sind der Ansicht, dass ihre Studie wohl nur grünes Licht bekommen habe, weil die Zollbehörden davon ausgegangen seien, dass es nichts oder nur wenig zu finden gebe. „Sie dachten, sie hätten ein sehr kleines Problem. Die Überraschung war, dass überhaupt [Buschfleisch] eingeführt wurde, und zwar in beträchtlichen Mengen“, schilderte Wood gegenüber Mongabay.
In der Schweizer Studie wurden darüber hinaus neue Details des Handels erforscht: DNA-Analysen wurden eingesetzt, um genau feststellen zu können, welche Arten ins Land geschmuggelt wurden. Dabei zeigte sich, dass ein Drittel des Fleisches von bedrohten, CITES-gelisteten Arten stammte, unter anderem von Schuppentieren, kleinen Fleischfressern und Primaten. Drei Meerkatzenarten (afrikanische Affen) wurden entdeckt, die alle aus Kamerun stammten.
„Wenn es in die Schweiz, ein kleines Land, das den Sitz des CITES-Sekretariats beherbergt, eingeführt wird, dann gelangt es offensichtlich auch an viele andere Orte“, stellt Wood fest.
Zur Sensibilisierung für das Buschfleischproblem arbeitete die Tengwood Organization mit dem Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zusammen. Gemeinsam entwickelten sie eine Broschüre, die Abbildungen von verschmortem Buschfleisch enthält und Zollbeamten bei der Identifizierung geschmuggelter Arten helfen soll.
Laut dem Schweizer CITES-Zweijahresbericht für 2013/14 gab es in diesem Zeitraum sieben Beschlagnahmungen von als Buschfleisch identifizierten Produkten mit einem Gesamtgewicht von 83,3 Kilogramm, für die Strafen in der Höhe von 8.500 Schweizer Franken (US $ 8.431) verhängt wurden. Die höchste Strafe von 3.000 Schweizer Franken gab es für die illegale Einfuhr von 30 Kilogramm Buschfleisch. Darunter befanden sich zahlreiche Arten, wie etwa gering gefährdete Schwarzrückenducker (Cephalophus dorsalis), afrikanische Quastenstachler (Atherurus africanus) sowie stark gefährdete Schuppentiere.
„Die Schweiz ist mit denselben Herausforderungen konfrontiert wie jedes andere Land: Es ist nicht möglich, jeden einzelnen ankommenden Passagier zu kontrollieren. Daher wird es immer Importe geben, die unentdeckt bleiben“, sagte Lisa Bradbury, eine Wissenschaftlerin, die für die Schweizer CITES-Verwaltungsbehörde arbeitet. „Die Studie hatte keine direkten Auswirkungen auf die [Beschlagnahmungen] in der Schweiz, die wir messen oder quantifizieren konnten.“
Die Schweizer Studie und die Broschüre hätten aber „hoffentlich“ Zoll- und CITES-Beamten dabei geholfen, festzustellen, welche Arten in CITES gelistet sind und daher eine Strafe erfordern. Buschfleisch von nicht in CITES gelisteten Arten werde ohne weitere Maßnahmen vernichtet, berichtet Bradbury.

Menschenaffen auf der Speisekarte, oder doch nur eine urbane Legende?
Auch das Fleisch von Menschenaffen wird über die Weltmeere nach Europa transportiert, wenngleich das Ausmaß dieses Handels weitgehend unbekannt ist, da kaum aktuelle Daten zur Verfügung stehen. In einer Studie aus dem Jahr 2006 wurden in Buschfleischmärkten in Städten in Nordamerika und Westeuropa 27 Körperteile von Gorillas und Schimpansen verzeichnet.
Es gibt Berichte, dass man in New York und Toronto Menschenaffenfleisch erwerben könne, und Behauptungen, dass es auch in Paris, Brüssel und sogar in den Midlands im Zentrum Englands erhältlich sei. Doch Forscher haben bislang nicht ermittelt, wie viel geschmuggelt wird und welcher Anteil des Buschfleischhandels – wenn überhaupt – auf Menschenaffenfleisch entfällt. Dieses mangelnde Wissen ist jedoch kein Grund zur Zuversicht, sondern ein Anlass zur Sorge. Es sind weitere Untersuchungen notwendig, um festzustellen, ob es sich nur um Gerüchte handelt, oder ob tatsächlich Menschenaffenfleisch auf europäische Märkte gelangt.
In Afrika machen Menschenaffen nur einen sehr geringen Anteil des gesamten Buschfleischhandels aus. Doch obwohl die Jäger es meist nicht auf Menschenaffen abgesehen haben, gilt die Wilderei dennoch als einer der Hauptgründe für den Rückgang ihrer Bestände. Andere vom Aussterben bedrohte Arten werden in deutlich größeren Mengen verzehrt, doch schon ein paar von Wilderern erlegte Menschenaffen können ein großes Risiko für diese stark gefährdeten Arten darstellen: Letztes Jahr wurde der Östliche Flachlandgorilla (Gorilla beringei graueri), der auch als Grauergorilla bekannt ist, von der IUCN als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft,. Schätzungen zufolge leben nur noch 5.000 Exemplare dieser Art in freier Wildbahn. Drei weitere Menschenaffenarten, nämlich der Westliche Flachlandgorilla (Gorilla gorilla gorilla), der Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) und der Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii) werden ebenfalls als „vom Aussterben bedroht“ klassifiziert; Schimpansen (Pan troglodytes) und Bonobos (Pan paniscus) werden dagegen als „stark gefährdet“ eingestuft, und ihre Bestände gehen Jahr für Jahr weiter zurück.
Im Laufe seiner Karriere habe Tom de Meulenaer, der wissenschaftliche Leiter des CITES-Sekretariats in Genf, schon zahlreiche Gerüchte gehört, dass Menschenaffenfleisch in europäischen Städten erhältlich sei. Er sei jedoch der Ansicht, dass der Mangel an Beweisen darauf schließen lasse, dass der Handel lediglich eine urbane Legende sei. „Wir würden davon hören“, ist er sich sicher. „Es ist wie bei den Nashörnern, man hört davon, und es gibt Beschlagnahmungen. Im Falle von Primaten gibt es nur extrem selten Berichte darüber, dass sie außerhalb von Afrika verzehrt werden.“
Doch nicht alle Buschfleischforscher teilen diese Ansicht: Chaber weist darauf hin, dass ihre Studie nur in kleinem Rahmen durchgeführt worden sei. Nur weil dabei kein Menschenaffenfleisch identifiziert worden sei, bedeute dies nicht, dass die Primaten nicht geschmuggelt werden.
Tenger stellt fest, dass es durchaus möglich sei, dass beschlagnahmte Buschfleischlieferungen Menschenaffenfleisch enthalten, da diese von Zollbeamten nicht analysiert werden: „Sie wissen nicht einmal, was Sie haben. Sie könnten ein Stück Menschenaffenfleisch entsorgen, ohne sich dessen bewusst zu sein.“
„Es gibt keine ernsthaften Bemühungen zur Identifizierung von geräuchertem Fleisch, das aus Zentralafrika nach Europa transportiert wird. Es kann von jedem Tier stammen … Das ist die Realität“, räumt de Meulenaer ein.

Die Notwendigkeit, Gewissheit zu erlangen
Angesichts dieses Mangels an Daten drängen Forscher darauf, dass mehr DNA-Proben entnommen werden. Laut Michael Bruford, einem Molekularökologen an der Universität Cardiff, könnten DNA-Analysen von geräuchertem Buschfleisch mit Leichtigkeit an den nationalen Einfuhrpunkten durchgeführt werden.
In einer Studie, die 2011 in Guinea-Bissau durchgeführt wurde, verwendeten Bruford und ein Forscherteam die Methode des DNA-Barcodings, um zu bestimmen, von welcher Art verschiedene verschmorte Fleischstücke auf lokalen Märkten stammten. Sie waren auf der Suche nach Beweisen für den Verzehr von Menschenaffen, doch stattdessen stellten sie fest, dass die Händler oft falsche Angaben über die Herkunft des von ihnen verkauften Fleisches machten. Sie fanden heraus, dass Warzenschweinfleisch als Pavian verkauft wurde – eine der teuersten Fleischsorten in Guinea-Bissau — und dass Campbell-Meerkatzen (Cercopithecus campebelli), die von der IUCN als „nicht gefährdet“ eingestuft werden, entgegen lokaler Annahmen die am zweithäufigsten verkaufte Art darstellten.
Bruford bedauert, dass ein solches Werkzeug zur DNA-Analyse nicht häufiger eingesetzt werde, vor allem von internationalen Zollbehörden, da es kostengünstig und einfach anzuwenden sei. Seiner Ansicht nach könnte der Einsatz dieser Methode sowohl zur Artenbestimmung von Buschfleisch als auch zur Eingrenzung des Herkunftslandes beitragen. Dies könnte die strafrechtliche Verfolgung der Täter erleichtern, ähnlich wie bei der DNA-Datenbank für Nashörner, die dazu dient, Nashorn-Wilderer zu überführen.
Obwohl diese Technologie seit 2009 verfügbar sei, hätten Grenzbeamte kein Interesse daran gezeigt, sie in größerem Umfang zu nutzen, berichtet er. Dies liege wahrscheinlich daran, dass der Bestimmung von Buschfleisch keine hohe Priorität eingeräumt werde.
Auf die Frage, ob Menschenaffenfleisch nach Europa transportiert werde, könne Bruford keine Antwort geben, doch er sei der Meinung, dass es immer ein Grund zur Sorge sei, ganz gleich, ob es sich um Menschenaffen oder andere Primaten handle, denn viele Primaten stünden auf der Roten Liste der IUCN.
Kulinarisches Andenken an die Heimat oder organisiertes Verbrechen?
Eine wichtige Frage, auf die es derzeit weitgehend keine Antwort gibt, ist, ob der Buschfleischhandel von Einzelpersonen betrieben wird oder in größere, kriminelle Schmugglernetze integriert ist.
In den 1990er-Jahren sei bekannt gewesen, dass diplomatische Kuriere mit Taschen voller Buschfleisch von Afrika nach Europa reisten, schildert de Meulenaer. Er ist der Ansicht, dass diese ausgeklügelten Schmugglerringe heute nicht mehr existieren, doch er räumt ein, dass die Zahlen aus den wenigen verfügbaren Studien für sich selbst sprechen: „Buschfleisch kommt nicht von selbst hierher“, sagt er. „Es muss ein regelmäßiges Hin und Her geben. Ansonsten ist es nicht möglich, diese Mengen an Fleisch einzuführen.“
Es ist bekannt, dass einige Afrikaner auf der Reise von ihren Herkunftsländern zu ihrem neuen Wohnsitz in Europa ein wenig Fleisch mitbringen, ebenso, wie beispielsweise ein Franzose vor dem Aufbruch in seine neue Heimat, New York, eine Tasche mit ein paar Rädern französischem Premium-Käse vollstopfen würde. Das Mitbringen eines „kulinarischen Andenkens an die Heimat“ ist unter Menschen aus Westafrika, wo Buschfleisch eine lange Tradition hat, weit verbreitet.
Es ist wichtig zu beachten, dass es dabei nicht zwangsläufig um den Handel mit bedrohten Arten gehen muss; der Verzehr von Rohrratten ist in Westafrika weit verbreitet, und sie werden auch oft bei Buschfleischbeschlagnahmungen gefunden. 2013 kam eine Studie in den USA zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Hälfte von 543 Buschfleischbeschlagnahmungen um Nagetiere handelte.

Andere Menschen reisen jedoch mit nichts als Buschfleisch in ihren Taschen, was darauf hinweist, dass das Fleisch für den Verkauf an Händler bestimmt ist. Der Schmuggel kann ein lukratives Geschäft sein. Ein vier Kilogramm schwerer Affe kann in Paris rund € 100 einbringen, während man für dasselbe Fleisch im Kamerun nur € 5 erhält.
Amman erklärt, dass dieser Handel „spezialisiert“ sei und von Menschen betrieben werde, die genau darüber Bescheid wüssten, wo die Strafverfolgung am strengsten sei. Er gibt zu bedenken, dass Buschfleisch im Gegensatz zu Elfenbein oder Nashornhörnern, für die es beschränkte Handelsrouten gebe, überallhin transportiert werde. In Europa könne dies überall sein, wo es Migrantenpopulationen aus Afrika gebe. Inwieweit der Handel auch Gourmet- oder Delikatessenmärkte einschließen und ob das organisierte Verbrechen in den Transport verwickelt sein könnte, ist nicht bekannt.
Die Spitze des Eisbergs
Bekannt ist dagegen, dass die Einfuhr von Buschfleisch in Europa im Vergleich zur deutlich größeren Krise in Afrika ein geringes Problem darstellt.
„Wir alle sind besorgt über die großen negativen Auswirkungen der Buschfleischmärkte in Zentral- und Westafrika“, beklagte de Meulenaer. „Schätzungen zufolge werden pro Jahr sechsmal so viele Tiere getötet, wie der Wald erhalten kann. Afrika ist gerade dabei, seine Wälder leer zu essen, und schon bald werden wir auch hier das Syndrom der leeren Wälder beobachten können – wie dies bereits jetzt in Südostasien der Fall ist.”
Es werde nur sehr wenig unternommen, um dieser eskalierenden Krise Herr zu werden, beklagt er.
Dennoch spielt der europäische Buschfleischmarkt eine wichtige Rolle. Er ist ein lukratives Ziel für afrikanische Schmuggler, ein Ort, an dem sie immer seltener werdende afrikanische Arten um einen hohen Preis verkaufen können. Aufgrund der hohen Gewinnaussichten sind sie bereit, die Risiken des illegalen Fleischhandels auf sich zu nehmen, die aufgrund der laxen Strafverfolgung derzeit ohnehin nur minimal sind. Wenn die Bestände afrikanischer Arten weiterhin zurückgehen und für ihr Fleisch daher im Ausland ein immer höherer Preis erzielt werden kann, könnten sich Europa und die USA zu florierenden Buschfleischmärkten entwickeln.
De Meulenaer erklärt, dass sich der gesamte subsistenzwirtschaftliche Aspekt des Buschfleischhandels verändert habe. Die lokale Bevölkerung in entlegenen Gebieten sei zur Abdeckung der täglichen Proteinzufuhr und zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts oft immer noch auf Buschfleisch angewiesen, doch in afrikanischen Städten habe sich nun auch ein florierender Markt für seltene Arten entwickelt. „Es ist nun ein Wirtschaftszweig zur Versorgung dieser Märkte – der Megastädte, die die Hauptstädte dieser Länder sind – entstanden.“ Von hier aus sei es nur ein kleiner Schritt für die Händler, die höheren Profite anzustreben, die sie durch den Transport ihrer Ware übers Mittelmeer erzielen können.
Angesichts dieser potenziellen Bedrohung fordern Forscher, dass wichtige Fragen in Bezug auf die Rolle Europas im internationalen Buschfleischhandel schnell geklärt werden. Die Regulierungs- und Strafverfolgungsbehörden müssen Folgendes wissen: Wie viel Fleisch wird illegal eingeführt? Wird das Fleisch von Menschenaffen zusammen mit anderen gefährdeten, und nicht gefährdeten, Arten geschmuggelt? Wenn ja, in welchen Mengen? Und ist ein Anstieg bei den transportierten Fleischmengen zu beobachten?
Kümpel drängt darauf, mehr Studien zur Ermittlung des Ausmaßes des Problems durchzuführen und anschließend Mechanismen zur Überwachung des Handels zu schaffen. Ersteres müsse geschehen, bevor Strafverfolgungsmaßnahmen umgesetzt werden können, betont sie. „Zurzeit stehen uns nur die Daten der Beschlagnahmungen zur Verfügung, und darin wird Buschfleisch nicht [nach Arten] unterschieden. Daher können wir nicht feststellen, ob es sich um ein zunehmendes oder abnehmendes Problem handelt“, erklärt sie.
Solange nicht genau bekannt ist, wie viel Buschfleisch nach Europa geschmuggelt wird und von welchen Arten es stammt, ist es nicht möglich, die dadurch entstehende Bedrohung für gefährdete Arten, unter anderem für Primaten, abzuschätzen.
Man ist, was man isst
Experten sind der Ansicht, dass noch ein weiteres Teil im komplexen Puzzle des Buschfleischhandels unter die Lupe genommen werden sollte: die Verbraucher.
Eine Analyse der Essgewohnheiten und Trends in Bezug auf Buschfleisch unter afrikanischen Einwanderern in Europa würde wichtige Erkenntnisse über den Handel, die damit in Zusammenhang stehenden Gesundheitsrisiken und die sich daraus ergebenden Folgen für den Schutz der betroffenen Artenliefern. Derzeit gibt es de Meulenaer zufolge jedoch nur „sehr wenige“ solche Daten oder Bemühungen zur Einbeziehung der Migrantenbevölkerung zur Ermittlung dieser Informationen.
Bei der Betrachtung des Schmuggels von Afrika nach Europa sei es jedoch wichtig, den Handel nicht zu dämonisieren, warnt Kümpel. Schlagzeilen, die Menschen dafür anprangern, dass sie Ratten oder Affen essen, seien nicht hilfreich. Sie würden bei manchen Menschen nur Entsetzen hervorrufen, da wir im Westen keinen Bezug zu diesen traditionellen Lebensweisen hätten. „Ich sehe die Jagd, den Verzehr von Buschfleisch und den Buschfleischhandel an sich nicht als Problem. Besorgniserregend werden diese Praktiken erst, wenn sie den Erhalt der betreffenden Arten gefährden oder mit Gesundheitsrisiken verbunden sind“, stellt sie fest.
Charismatische Arten wie Elefanten und Nashörner stehen weiterhin im Zentrum des Kampfes gegen den illegalen Artenhandel. Doch neben den Elefantenstoßzähnen, Tigerknochen und Leopardenfellen gibt es möglicherweise auch einen umfangreichen Handel mit exotischem Fleisch von bedrohten Arten, der konstant bleiben oder zunehmen könnte – wir wissen es einfach nicht. Es könnte sich auch herausstellen, dass dieser illegale Handel hauptsächlich weniger bedrohte Arten betrifft. Doch auch in diesem Fall wäre es möglich, dass er nicht nachhaltig ist und daher langfristig verheerende Auswirkungen haben könnte.
Aus diesem Grund sind verstärkte und laufende Kontrollen an den Einfuhrpunkten erforderlich, um festzustellen, wie viel Buschfleisch nach Europa importiert wird, von welchen Arten es stammt und ob ein Auf- oder Abwärtstrend zu erkennen ist. Was wir dabei herausfinden, könnte schockierend sein, aber unabhängig von den Ergebnissen werden eingehende Studien wichtige nutzbare Daten liefern.