- Sie sind große Säugetiere— wilde Yaks, Moschusochsen, Saiga, Takin und weitere — und verfügen über geniale evolutionäre Adaptionen, die es ihnen erlauben, an den Rändern von Asiens kältesten Lebensräumen zu leben. Aber sie sind in Gefahr und müssen vor uns geschützt werden.
- Während einigen dieser fantastischen Tiere in den letzten Jahren verstreut Aufmerksamkeit von Umweltschützern und den Medien zuteilwurde, profitieren die meisten der Tiere nicht von dem öffentlichen Segen — oder den Budgets — die Nashörner und Schneeleoparden erfahren.
- Sie sind verkannt, größtenteils unerforscht, leben in den Schatten – versteckt durch hohe Gebirge, tiefe Schneemaßen, abschreckende Wüsten und durch unser fehlendes Wissen und Desinteresse. Der Wissenschaftler Joel Berger bittet uns darum, zu hinterfragen, warum wir nur die vereinzelten Aspekte der natürlichen Welt lieben und den Reichtum und die Schönheit an den Rändern ignorieren. Wo doch gerade sie uns Hoffnung und Inspiration geben könnten.
- Dieser Beitrag ist ein Kommentar. Die geäußerten Ansichten sind die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die von Ansichten von Mongabay wieder.
Dies ist vor allem eine Geschichte über verkannte Arten — nicht über die Megafauna mit außergewöhnlicher Symbolik wie die eines Schneeleoparden, eines Blauwals oder eines Nashörner. Diese wenig bekannten, meist unerkennbaren Tiere sind aus entlegenen Gegenden, in denen extreme Bedingungen herrschen und Touristen nur selten zu Besuch sind. Aber zunächst ein Quiz, das Sie gerne an Ihren Freunden testen können:
In welchem Land gibt es Elche, Elefanten, Tiger und Karibus? Falls Sie unsicher sind, grenzen Sie die Suche ein und fügen Sie Braunbären und Leoparden und anschließend wilde Kamele zur Liste hinzu. Verwirrt? Schließen Sie wirklich bekannte Ikonen mit ein, wie das anmutige gefleckte Riesengleithörnchen und die Buckeldelfine; die Takin mit ihren Knubbelnasen oder auch die Rüssel-schwingenden Saiga. Und nun auch noch den Zwerglori. Die Antwort findet sich sicher, sobald wir die Liste mit dem letzten Tier schließen: dem Riesenpanda.
Die meisten Leute kennen die Notlage der chinesischen Riesenpandas, aber wenige kennen die Geschichten, der wenigen außerordentlichen, einzigartigen und wunderschönen große Säugetiere, die an den ökologisch harten Ecken und Enden der Welt leben.
Das liegt vielleicht daran, dass diese unbekannten Tiere keine effektiven Märkte bilden, belebt durch das Geschick der digitalen Medien, das Können von Naturschutz NGOs oder ihnen schlichtweg das nötige Charisma fehlt. Wenn das der Fall ist, könnte es dann eine bessere Zukunft geben, wenn wir einfach den Wiedererkennungswert dieser Tiere steigern?
Oder liegt das Problem darin, dass diese unbekannten Tiere — diese Hoffnungsboten — an den Rändern des Planeten leben, bei denen nur wenige von uns gewillt sind, tief in den Waldvorhang Bhutans zu blicken oder sich zu den weitentferntesten Ecken der Gobi Wüste vorzuschlagen? Noch unsicherer sind die Arten, die im Himalaya auf dem Dach der Welt herumstreifen und auf den artenreichen Polarinseln, geschützt hinter komplizierter und geheimer russischer und chinesischer Bürokratie.
Aber entlang der menschenleeren Teile Asiens bleiben zahlreiche große Säugetiere Symbole der Hoffnung. Einige dieser ausdauernden Arten leben knapp 6.000 km im Gebirge, wo der Sauerstoff in der Luft nur halb so hoch wie auf Meereshöhe ist. Andere erreichen sogar die höchsten Breitengrade des Landes. Anders als die Woll-Mammuts, die ausgestorben sind, tragen zwei hinterbliebene Arten Winterfelle, die bis zum Boden hängen und leben in Herden.
Aber erwähnen Sie “wildes Yak” gegenüber einem Freund und er wird gedanklich abschweifen. Andere erinnern sich vielleicht an Yakety Yak, das Lied aus dem Jahr 1958 von der Rockgruppe “The Coasters”. Einige wenige wissen vielleicht, dass 14 Millionen Hausyaks in mehr als einem halben Dutzend der kalten zugigen Hochländer zentralasiatischer Länder leben.
Bei Moschusochsen denken sie vielleicht an die Produzenten von Moschus, aber dieser behelmte arktische Überlebende — und das weltweit größte Polarland-Säugetier — ist weder Moschusproduzent noch ein Ochse. Das Tier ist enger mit Schafen und Ziegen verwandt und seine Vorfahren stammen auch aus dem Reich des Himalayas.
Warum sind also wilde Yaks — ein Totem des tibetanischen Plateaus dessen Hörner die Eingänge von Erd- und Steinhäuser zieren — so weit aus unserem Sichtfeld entschwunden? Wir in den USA feiern seinen nächsten Verwandten, das Bison, erkennen es sogar als Nationaltier an, ignorieren aber seine wesentlich gefährdeteren Brüder, eine Art, die wie das Bison barbarisch abgeschlachtet wurden.
Populationen wilder Yaks erholen sich glücklicherweise in ihren natürlichen Lebensräumen. Dies ist auf den bewaffneten Schutz durch chinesische Ranger zurückzuführen. Aber auch durch die Errichtung von verbundenen Naturschutzgebieten, die so groß wir Kalifornien sind, hat dazu beigetragen.
Nördlich des tibetanischen Plateaus, den tiefen Steinwüsten und trockenen Steppen gibt es eine andere Tierart, über der ein Schleier des Schweigens liegt. Diese Art, die an eine unmögliche Kreuzung zwischen einem Rüsselspringer und einem Elch erinnert, wird von den Mongolen Bukhun genannt. Der Rest der Welt nennt sie Saiga und ihre Babys sind zweifellos süßer als Bambi. Saiga wanderten einst quer durch Nordalaska nach England ein, starben in diesen Gebieten jedoch aufgrund von mehreren schweren Klimaveränderungen aus.
Nachdem die russische, kasachische und mongolische Regierung Naturschutzbemühungen unternahmen, lebten 400.000 Tiere in der Wildnis — eine Erholung von nur etwa 50.000 Tieren einige Jahrzehnte zuvor. 2015 jedoch erhielt die Population ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal: der größte Populationszusammenbruch, der je von Menschen bei großen Säugetieren beobachtet wurde. Ein einziger hochansteckender Fall tötete mehr als 200.000 Tiere auf einmal.
Glücklicherweise zeichneten sich Lichtblicke ab, nachdem sich die Population, aufgrund der Arbeit engagierter Naturschützer aus der Heimat der Tiere und internationaler NGOs, wieder erholt hat.
Im Süden der Mongolei und verdeckt in den undurchdringlichen Wäldern von Bhutan und Burma, China und dem Nordosten Indiens, leben Takin. Sie sind die Beute mehrerer Wildkatzen und müssen sich um eine labile Balance bemühen — Tiger als Raubtiere unten und hungrige Schneeleoparden oben in der Höhe. Sie entkommen Blutegeln und von Insekten heimgesuchten Flachländern, um sich den Krankheiten von Hausyaks zwischen Bergen entgegenzustellen, während sie hinter tief hinabstürzenden Wasserfällen verschwinden, auf Hängen von Schlamm, Schmutz und Steinen. Harold Frank Wallace kommentierte 1913: „Der Takin ist ein komisches Tier, das in einem komischen Land lebt. Kein anderes Tier… ist so schwer zu beschreiben oder … konnte mich auf seine Gestalt gefasst machen.“
Der angesehene Biologe George Schaller bot einmal die Beschreibung an, dass Takin „den massigen, buckligen Körper eines Braunbären, die Beine einer Kuh, den breiten flachen Schwanz einer Ziege, die knorrigen Hörner eines Gnus und das schwarze wulstige Gesicht eines Elchs mit Mumps“ haben. Andere sagen, es sei halb Tapir, halb Schwein.
Wir wissen, dass die Hinterläufe des Takin kürzer als die Vorderläufer sind. Wir wissen, dass sie in kalten, feuchten und natürlichen Lebensräumen leben. Wir wissen, dass sie fast so groß werden wie ausgewachsene, weibliche Bisons. Wir wissen nicht, wie viele es gibt. Wir wissen nicht, was für einen Status sie haben oder ob ihre Population in ernsten Schwierigkeiten ist. Sie verfügen über keine der Auszeichnungen anderer schwer-zu-erforschenden Arten wie Nashörner oder Grizzlybären. Es gibt nur wenige Studien, wir wissen nur wenig über ihre Demographie. Sie verdienen etwas Besseres. Sie sind Bhutans Nationaltier, schaffen es aber kaum auf die „Aufmerksamkeitsskala“, weder in ihrem Heimatland, regional oder weit darüber hinaus.
In den extremen Breitengraden des Landes in Asien, Grönland und Nordamerika lebt ein anderes großes Säugetier— eine ziegenartige Antilope, die das Sein des kalten kargen Landes, vergleichbar mit den wilden Yaks auf dem Dach der Welt, widerspiegelt. Im Jahre 1780 machte der dänische Missionar und Zoologe Otto Fabricius in seinem meisterhaften Buch Fauna Groenlandica eine Beobachtung zu Hörnern, Hufen und dem Haar eines großen Säugetieres, das man im Eis schwimmend fand. Er dachte zuerst, dass sie zu einem Yak gehören würden, das aus Sibirien abgedriftet war. Jahrzehnte später korrigierte Fabricius seinen Fehler und realisierte, dass es sich bei der Art um einen Moschusochsen handelte.
Und es war diese Tierart, die Richard Nixon dem Zoo Beijing schenkte, nachdem China den USA Riesenpandas geschenkt hatte. 1975, das Jahr nachdem Nixon zurückgetreten war, wurden Alaskanische Moschusochsen dazu genutzt, gemeinsam mit russischen Biologen eine Population auf der Tschukotka Wrangelinsel aufzubauen. Diese Insel ist nun das einzige Weltnaturerbe in der Arktis.
Die Moschusochsen überlebten dort und anderswo zusammen mit Polarbären und Braunbären und einer Reihe wilder Rentiere (Nordasien) und wilder Karibus (Nordamerika). Sie sind Tiere der Extreme und eine Art, die wie Polarbären durch klimatische Änderungen belastet werden. Polarbären müssen allerdings nicht über fehlende.
Genau wie Takinbabies und Saigakälber haben neugeborene Moschusochsen die Anbetungswürdigkeit von einem Wombat. Sie unterscheiden sich aber dahingehend, dass junge Moschusochsen auf eine komplett kooperative Gesellschaft als Überlebensschutz vor vierbeinigen Raubtieren angewiesen sind.
Und so sehen wir, dass es Arten mit bemerkenswerten adaptiven Fähigkeiten gibt, von immenser Größe, wenn sie ausgewachsen sind und von endloser Niedlichkeit, wenn sie klein sind. Doch nur wenige kennen diese asiatischen Wunder.
Warum denken wir anders über diese heimlichen Arten, die in den Schatten entfernter Berge leben oder tief in der Wüste Gobis herumgeistern? Liegt es an der Aufklärung, liegt es an der Abgelegenheit, liegt es an mangelnden Bemühungen? Ist es hoffnungslos?
Die Geschichten von Naturschutzerfolgen sollten mehr als nur die Saiga und wilde Yaks und Moschusochsen umfassen. Das tun sie auch, für bekannte und einige weniger bekannte Arten. Aber das liegt nicht an der Argumentation, dass diese bisher geretteten Arten wesentlich zum Zweck der menschlichen Lebensgrundlage beitragen würden. Auch spielen sie keine ökologische Rolle, die notwendig für die Artenvielfalt wäre.
Letzten Endes erfüllen uns die ausgewählten Tierarten, die wir retten, mit Hoffnung, aufgrund von Mitgefühl und Aufmerksamkeit und Erkenntnis.
Ich frage mich, wieso Fleischfresser so viel mehr Aufmerksamkeit erregen als Pflanzenfresser? Oder warum der Menschenaffe und die Großkatzen mehr Berücksichtigung erhalten als ihre kleineren Verwandten? Es kann nicht an ihrer ökologischen Funktion oder ihrem bezaubernden Aussehen liegen, und auch nicht, weil sie so geheimnisumwoben sind oder tiefste Not erleiden. Liegt es daran, dass ihre Populationen so gefährlich niedrig sind?
Ich denke, dass wir — damit meine ich die NGOs und die Akademiker — versagt haben, mehr Faszination für die Vielfalt an sich und alle Lebensformen zu zeigen oder eine Leidenschaft für die Heiligkeit des Lebens zu wecken.
Vielleicht wären wir besser darin, wenn wir uns vorstellen könnten, wie schwierig das Leben eines Bärenspinners in Grönland ist — einem Insekt, das bis zu sechs Jahre braucht, um die Pubertät zu erreichen — oder eines Waldfrosches in Alaska — dessen Körpergewebe bis zu zwei Drittel vereisen kann und ihn dennoch den Winter überleben lässt.
Alle Arten können fesselnd sein, doch es scheint eine globale Gleichgültigkeit vorzuherrschen. Kämpfen zu viele von uns darum, unser Leben zu leben und unsere Familien zu ernähren und zu schützen?
Ich lasse vieles außen vor, aber nicht das Entscheidende: Es gibt Hoffnung.
Ich habe diesen Beitrag mit der komplexen Aufzählung von Tierarten in China begonnen, viele davon sind der Öffentlichkeit unbekannt. Verständlicherweise haben wir so viel um die Ohren und scheinen nur unsere eigene Existenz im Blick zu haben, geschweige denn das von Tieren, die so gar nichts mit unserem täglichen Leben zu tun haben. Meine Eltern und das soziale Milieu von Los Angeles, in dem ich groß geworden bin, interessierten sich wenig für den Schutz von Tieren. Die Gebote der Geographie und Kultur beeinflussen uns nicht nur heute, sondern passen auch die Fragen an, die wir stellen und die Gegebenheiten, wie Wissenschaften funktionieren. Dies wiederum entscheidet darüber, was wir erreichen.
Jeder weiß, dass Naturschutz mehr als nur eine Wissenschaft ist. Was er braucht sind Motivation, Antrieb und Leidenschaft. Es muss die Erkenntnis geben, dass unsere Lebenserhaltungssysteme von verschiedenen Arten des Artenreichtums abhängen. Es muss Möglichkeiten geben, begeistert zu werden. Dies kann durch Reisen geschehen, durch digitale Medien und durch andere Formen der Bildung und Beteiligung.
Tierarten können auch in Ersatzumgebungen beobachtet werden. Es gehen etwa genauso viele Menschen in den Zoo wie Zuschauer jedes Jahr zu professionellen Baseball-, Fußball- und Basketballspielen zusammengenommen. Es gibt sie, die Möglichkeiten, aufregende aber stille Arten zu entdecken.
Wenn wir aber nur wenig Platz in unseren Herzen für Sanftmut haben und wenn Mitgefühl aus unserem Sprachgebrauch verschwindet, schwinden auch die Aussichten für den Artenschutz. Dann ist es ein Leichtes, sich den Weg der Verkannten vorzustellen.
Joel Berger ist der Cox-Anthony Vorsitzende der Wildlife Conservation an der Colorado State University und ein leitender Wissenschaftler in der in New York ansässigen Wildlife Conservation Society. Sein neues Buch, „Extreme Conservation: Confronting Species Extinction at the Edges of the World“ (zu Deutsch: „Extremer Naturschutz: Dem Artensterben am Ende der Welt die Stirn bieten“; Anmerk. d. Übers.: noch nicht auf Deutsch erschienen) wird 2017 von der University of Chicago Press veröffentlicht.