Die Agrarwirtschaft zerstört den Lebensraum der verbliebenen 14.600 Orang-Utans in Sumatra rasend schnell und ersetzt ihn mit sich weit erstreckenden Palmölplantagen.Es wird prognostiziert, dass die Population der Art weiter fallen wird, wenn kein Weg gefunden wird, ihren Lebensraum zu schützen.SOCP, das Sumatran Orangutan Conservation Program, hat es sich zum Ziel gesetzt, Orang-Utans, die aus ihrer Waldheimat von neuen Palmölplantagen vertrieben wurden, zu retten und siedelt sie in intakten Wäldern um, die nicht in den geplanten Konzessionen liegen.Diese Geschichte geht über die Statistiken des Artenschutzes hinaus und folgt dem Leben einer einzelnen Orang-Utan-Familie: die der blinden Eltern Leuser und Gober und ihrer Nachkommen Ganteng und Ginting — Tiere, die heimatlos waren und dann gerettet wurden. Ganteng und Ginting, die Nachkommen von Leuser und Gober, zwei blinder Sumatra-Orang-Utans. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Der junge Orang-Utan wurde in den Wäldern Sumatras auf dem Höhepunkt des Unabhängigkeitskrieges der Provinz Ace, von einem Soldaten gefangen. Im Februar 2004 war dieser Orang-Utan auf dem Weg nach Jakarta, wo er das illegale Haustier eines Polizisten werden sollte. Das war der Moment, in dem das Schutzprogramm für Sumatra-Orang-Utans Sumatran Orangutan Conservation Program (SOCP) und das Ministerium für die Waldnaturschutzdirektion von Aceh (BKSDA Aceh) eingriff und den fünf Jahre alten Affen konfiszierte. Sie nannten ihn Leuser, in Erinnerung an den Ort, wo er ursprünglich herkam — dem Ökosystem Leuser. Das indonesische Ökosystem Leuser, am nördlichen Ende der Insel Sumatra, ist eine 25.900 qm (2,6 Millionen Hektar) große Fläche mit einem vielfältigen Artenreichtum, die unterschiedliche Geländearten umfasst, von Bergen und tropischen Regenwäldern bis hin zu Tiefland-Wäldern und Torfsümpfen. Die Fläche ist wie ein Lungenpaar geformt und erstreckt sich über zwei Provinzen: 15 Prozent der Region liegt in Nordsumatra und 85 Prozent liegt in Aceh. Leuser hat sich gut erholt, nachdem er von Dorfbewohnern der Sehkraft beraubt und ihm 62 Mal auf Kopf und Genitalien geschossen wurde. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Leuser wird of als „letzter Ort auf Erden“ bezeichnet, an dem ein Lebensraum von stark gefährdeten Sumatra-Elefanten, -Rhinozeros, -Tiger und -Orang-Utans geteilt wird. Die indonesische Regierung erklärte das Ökosystem Leuser 2008 zu einem Nationalen Strategiebereich, nicht nur, weil es ein wichtiger Lebensraum ist, sondern auch, weil es wichtige Umweltdienste leistet— Kohlenstoffspeicherung in den Torfsümpfen und Wäldern und Schutz vor Überschwemmungen und Dürren als entscheidende Wasserscheide. Und trotzdem wollen Palmölbarone, illegale Holzfäller und Bergbauunternehmen diesen Ort erschließen. Die Landesregierung verabschiedete 2013 einen kontroversen Flächennutzungsplan für Aceh, der das Ökosystem Leuser überhaupt nicht erwähnte (trotz der Bedingung der Regierung, nationalstrategische Gebiete zu erfassen). Der Flächennutzungsplan erlaubte die Öffnung des Waldes für Unmengen von Waldrodungen und den Straßenbau im Ökosystem Leuser. Dies bedroht die Sumatra-Orang-Utans, deren Population aufgrund des Lebensraumverlustes weiter sinkt. Während eine neue Studie, unter zur Hilfenahme von Erhebungen zum Verfall von Nistplätzen, die erwartete Population 2015 auf etwa 14.600 verdoppeln konnte, warnte die Studie auch davor, dass die Anzahl der Tiere weiter sinken würde, voraussichtlich von 14 auf 33 Prozent in den nächsten 15 Jahren. Opfer der agrarwirtschaftlichen Erschließung Orang-Utans leiden, wenn das Land für Palmölplantagen gerodet wird und verlieren nicht nur ihr Zuhause und ihre Nahrung, sondern geraten immer häufiger in Kontakt — und Konflikt — mit Bauern und Dorfbewohnern. Wenn eine Palmölfirma auf den Plan tritt, fällt sie Holz und zündet alles Übrigbleibende an, um Platz für die Palmölsetzlinge zu schaffen — die in langen Reihen gepflanzt werden. Diese Art der Brandrodung wird als schnelle Möglichkeit angesehen, Land für neue Plantagen zu roden — sorgt aber für viele miteinander verflochtene Probleme. Ein Großteil der gerodeten Landflächen ist Torfwald und brennt wie Zunder. Und selbst wenn die Feuer übertage absterben, können die unterirdischen Feuer monatelang weiterbrennen und an neue, unbeabsichtigte Orte weiterwandern. Die Feuer zerstören nicht nur große Teile des früheren Waldes, sondern setzen auch Unmengen an Treibhausgasen frei. Allein Ende 2015 brannten Indonesiens Rekordfeuer — ausgelöst durch schlechte Landverwaltung und einem der stärksten El Ninos der Geschichte — durch zehntausende Hektar Land, der einen Dunst entstehen ließ, Atemwegsinfektionen bei bis zu 500.000 Menschen auslöste und Emissionen von 1,4 Milliarden Tonnen von CO² äquivalenten Treibhausgasen – mehr als Japans jährlicher Ausstoß – erzeugten. Obwohl es in Indonesien illegal ist, einen Orang-Utan zu fangen, töten oder als Haustier zu halten, gibt es nur wenig Strafverfolgung und Orang-Utans trifft oft genau dieses Schicksal. Leuser, der junge Orang-Utan, war einer der „Glücklichen“, die von den Behörden konfisziert wurde und in eine Rettungseinrichtung gebracht wurde. Röntgenstrahlen von Pistolenkugeln in Leusers Schädel. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Rehabilitation der Orang-Utans Leuser wurde zunächst in die Quarantänestation des SOCP in der Nähe von Medan gebracht, wo alle Neuankömmlinge 30 Tage in Quarantäne für medizinische Untersuchungen und Behandlung verbringen und sichergestellt wird, dass sie keine übertragbaren Krankheiten haben. Anschließend werden sie normalerweise nach Jambi oder Jantho überführt, um in die Wildnis freigelassen zu werden. Beide Standorte liegen absichtlich außerhalb des Ökosystems Leuser— das als Art Versicherung für die Tierart dient. Das Ökosystem Leuser ist das Zuhause von etwa 85 Prozent der verbliebenen in freier Wildbahn lebender Sumatra-Orang-Utans. Die Konzentration sorgt bei Wissenschaftlern jedoch für Besorgnis, da ein einziger Krankheitsausbruch dafür sorgen könnte, dass die gesamte Population ausgelöscht wird. Um die Tierart zu schützen, baut das SOCP zwei zusätzliche und gesonderte Orang-Utan-Populationen auf — eine in Jambi im Südosten Sumatras, an der Grenze des Nationalparks Bukit Tiga Puluh und eine andere in Jantho, im nördlichen Sumatra in und um das Naturreservat Jantho. Jambi wurde ausgewählt, da sich dort der größte zusammenhängende Block geschützten Tieflandwaldes befindet. Mit den Bemühungen wurde im Januar 2003 begonnen und seitdem konnte das SOCP dort etwa 185 Orang-Utans freilassen. Jantho wurde als zweiter Standort für die Freilassungen 2010 gewählt, nachdem die Regierung von Aceh entschieden hatte, dass alle Orang-Utans, die illegal als Haustiere gehalten wurden und in Aceh konfisziert wurden, in der Provinz freigelassen werden sollten. Das Gebiet Jantho wurde ausgewählt, da es die Hauptlebensraum für Orang-Utans mit reichen Tieflandwälder und einer Fülle von Feigenbäumen und anderen Fruchtbäumen – die Grundnahrungsmittel dieser fantastischen Affen – bietet. Die Freilassungen begannen im März 2011 und bis heute wurden mehr als 80 Affen erfolgreich umgesiedelt. Die Flächenumwandlung für die Agrarwirtschaft hat zu einer großen Zahl von Rettungen von Orang-Utans in ganz Indonesien geführt und Rehabilitationstationen im ganzen Land sind im Vollbetrieb, wie in dem umfassenden Bericht State of the Apes 2015 der Arcus Foundation festgehalten wurde. Ab Dezember 2014 lebten beispielsweise in Borneo 489 Orang-Utans in der Wiedereingliederungseinrichtung Nyaru Menteng Orangutan Reintroduction Center in Zentralkalimantan, mehr als die vorgesehene Kapazität der Einrichtung. Gober und die Zwillinge, Ganteng und Ginting. Zwillinge sind ungewöhnlich für Orang-Utans. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Dies ist eine alltägliche Situation in Borneo. Orang-Utans können jahrelang in Rettungseinrichtungen leben, da es zu wenig Freilassungsorte gibt. Das liegt zum Teil an der bundesstaatlichen Richtlinie (Ministerialerlass 280 1995), die es verbietet, Tiere an Orten freizulassen, an denen bereits existierende freilebende Populationen leben. Borneo Orang-Utans scheinen weniger empfindlich auf Waldunruhen zu reagieren als ihre Artgenossen in Sumatra, daher gibt es fast in jedem Stückchen Wald einige Orang-Utans, die es bewohnen. Das macht es schwierig, Wälder in Borneo zu finden, ohne dort lebende Artgenossen. Einen passenden Ort zum Freilassen zu finden wird noch einmal erschwert, da auf große Teile des Waldes bereits Konzessionen erteilt wurden und diese nur darauf warten, ausgebeutet zu werden, oder die Höhenlage zu hoch ist und somit keine guten Lebensräume darstellen. Daher erhalten die Rettungsstationen in Borneo viele heimatlose Orang-Utans, mühen sich aber damit ab, sie wieder in den Wald freizulassen. In Sumatra gibt es gute Wälder ohne Orang-Utans, daher wählt das SOCP einen anderen Weg und lässt die geretteten Orang-Utans in Jambi und Jantho frei. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass sich zwei Populationen der Sumatra-Orang-Utans unabhängig vom Ökosystem Leuser entwickeln. Das SOCP hofft darauf, jährlich etwa 25 bis 30 Orang-Utans freizulassen, bis sich jeweils mindestens 350 an den Standorten befinden. Das ist die Nummer, die laut dem Leiter des SOCP Ian Singleton eine überlebensfähige und nachhaltige Gemeinschaft von mehr als 250 überlebender, kräftiger und vor allem sich fortpflanzender Orang-Utans sicherstellen kann. Nach seiner Quarantäne wurde Leuser im Juni 2004 nach Jambi gebracht, um sein Training zur Wiedereinführung zu beginnen — Nahrung zu finden und ein Nest zu bauen. Die Mitarbeiter zeigten ihm Materialien, mit denen er üben konnte, Äste in einen charakteristischen Orang-Utan Schlafplatz zu biegen, brechen und zu formen. Durch Ausprobieren, das Beobachten anderer Orang-Utans und der Mitarbeiter lernte Leuser Waldwege kennen und experimentierte mit Fressverhalten. Im Dezember war er zurück in der Wildnis. Die SOCP-Mitarbeiter ließen Orang-Utans kontrolliert frei und im Laufe der nächsten Jahre konnten sie Leuser ab und zu beobachten. Sie sagten, er gewöhnte sich problemlos an den Wald zurück, als ob er ihn nie verlassen hätte. Dies hielt aber nicht lange an. Im November 2006 erhielt das SOCP einen Anruf, dass die Dorfbewohner einen Affen auf einer Plantage gefangen hätten, etwa 40 Kilometer von den Parkgrenzen entfernt. Ein Team machte sich auf den Weg dorthin und erkannte den Orang-Utan. Es war Leuser. Er befand sich in einem schlechten Zustand. Er hatte einen 40 Zentimeter langen Schnitt am rechten Bein und sein Körper war von Luftgewehrkugeln durchlöchert — 62 davon rund um Kopf und Genitalien. Beide Augen waren angeschossen worden. Das Team nahm Leuser zurück in die Quarantänestation. Veterinäre konnten nur 14 der 62 Kugeln sicher entfernen. Er war komplett blind. Strafverfolgung von Straftaten gegen Orang-Utans Drei Dorfbewohner wurden wegen der Jagd auf Leuser verurteilt und erhielten sechsmonatige Gefängnisstrafen. Sie behaupteten, dass sie das Tier nur hatten fangen und es an ein Orang-Utan-Projekt hatten verkaufen wollen, die Beweise deuteten aber daraufhin, dass sie auf Leuser aus reinem Spaß schossen. Obwohl Orang-Utans durch das Indonesische Gesetz Nr. 5/1990 geschützt sind, gibt es nur selten Strafverfolgungen. Laut des Berichts The Indonesian Chainsaw Massacre (zu deutsch: Das indonesische Kettensägen-Massaker), das 2009 von der Schutzorganisation Nature Alert und dem Centre for Orangutan Protection veröffentlicht wurde, werden jährlich schätzungsweise 2.500-3.000 Orang-Utans getötet oder verstümmelt, ohne dass es nennenswerte Strafverfolgungen gibt. Leusers Fall war anders. Es markierte „das erste Mal, dass jemand zu einer Gefängnisstrafe wegen der Jagd auf Orang-Utans verurteilt wurde“, sagte Singleton. „Zählt man noch die 3.000 und mehr Beschlagnahmungen in Indonesien seit den 1970er Jahren, wurden nur eine Handvoll verfolgt und solche Fälle drehten sich meist um den Verkauf oder den Handel mit den Tieren.“ Das Wiederansiedlungszentrum Jantho. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Die erste Strafverfolgung eines illegalen Besitzers von Orang-Utans in Sumatra erfolgte im Februar 2012, als ein illegaler Wildtierhändler in Medan in Nordsumatra zu einer siebenmonatigen Haftstrafe für den Besitz und Verkauf von Orang-Utans verurteilt wurde. Im April desselben Jahres wurden Mitarbeiter und Leiter einer Palmölplantage in Ost-Kalimantan in Borneo wegen der Tötung von Orang-Utans und anderen Arten verurteilt, nachdem ihnen die Firma ein Kopfgeld für die toten Tiere angeboten hatte. Die Männer erhielten 110 US-Dollar für jeden toten Orang-Utan. Die Finanzbücher deuteten darauf hin, dass mindestens zwanzig Tiere getötet worden waren. Sie erhielten Geldstrafen und achtmonatige Gefängnisstrafen. Obwohl die Schutzorganisation, das Centre for Orangutan Protection die Strafen als zu spät und zu mild ansah, würdigten sie die Tatsache, dass es einen Wandel hin zu höheren Strafen gibt und es „früher fast unmöglich war, sie einzusperren.“ Solche Kopfgelder und „Schädlingsbekämpfung“ sind keine Einzelfälle. Laut des Berichts State of the Apes 2015, wurden 2007 schätzungsweise 750–1.800 Orang-Utans alleine in Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo getötet, infolge von Abholzungen und von landwirtschaftlicher Entwicklung. Im Dezember 2014, nahm die Schutzorganisation Bornean Orangutan Survival Foundation in Nyaru Menteng einen weiblichen Orang-Utan auf, der durch 40 Schrotflintenkugeln verletzt und gebrochene Arme und Beine hatte — zugefügt auf der Ölpalmplantage Barunan Miri, einer Niederlassung der Makin Group. Obwohl sie später an ihren Verletzungen starb, hatte Leusers Geschichte ein glücklicheres Ende. Es wurde wieder vollständig gesund — abgesehen von seiner Erblindung — und lebt auf der Station des SOCP. Zwar kann er nie wieder in den Wald zurückkehren, seine Geschichte hat jedoch ein neues faszinierendes Kapitel durch seine Beziehung zu einem anderen blinden blind Orang-Utan, Gober, geschrieben. Gobers Geschichte Konflikte entstehen immer dann, wenn Orang-Utans, die nirgendwo sonst hin können und nichts anderes zu essen haben, Felder plündern. So wie im Falle von Gober, einem ausgewachsenen weiblichen Orang-Utan, der in einem isolierten Fleckchen eines gemischten Agroforstsystems in der Nähe des Dorfes Citra Kasih und Sampan Getek in der Langkat-Gegend von Nordsumatra lebte. Bereits betagter und vom grauen Star erblindet, hatte sie begonnen, sich ausschließlich von den Feldfrüchten zu ernähren — der sicherste Weg in eine Katastrophe. Aus Angst um ihre Sicherheit fing das SOCP Gober im November 2008 und brachte sie in die Quarantänestation. Sie hasste die Gefangenschaft und fürchtete sich vor Menschen, wahrscheinlich aufgrund dessen, dass sie von den Bauern jahrelang angeschrien oder beschossen wurde oder mit Stöcken und Steinen bedroht wurde. Sie war bereits zu Anfang untergewichtig und es ging ihr nicht gut. Um ihre Lebensqualität zu verbessern, machte das Team des SOCP eine ungewöhnliche Entscheidung und stellte ihr Leuser vor. Der Leiter des Sumatran Orangutan Conservation Program (SOCP) Ian Singleton. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Das SOCP trennt weibliche und männliche Affen voneinander, um Schwangerschaften zu verhindern. Angesichts der Tatsache, dass sich bereits hunderte von Orang-Utans in Gefangenschaft befinden und nirgendwo hin können, wollen die Wissenschaftler die Zahlen nicht noch weiter erhöhen, abgesehen davon, dass die Paarung in der Wildnis geschehen sollte. Aber Gobers Fall war anders. Wegen der Gefangenschaft deprimiert und ohne die Aussicht in die Wildnis zurückzukehren, aufgrund ihrer Erblindung, brauchte sie eine mentale Stärkung. Ein Baby könnte dies ermöglichen und dann irgendwann freigelassen werden. Kurz nachdem sie Leuser im Juni 2010 kennenlernte, wurde Gober schwanger. Am 21. Januar 2011 gebar sie Zwillinge, ein Männchen namens Ganteng und ein Weibchen namens Ginting — ein sehr seltenes Vorkommnis und die einzigen Orang-Utan-Zwillinge, deren Eltern beide blind waren. Gober bewies, dass sie in der Lage war und war eine aufopfernde Mutter, sie zog die Zwillinge mühelos groß, auch wenn sie offensichtlich immer noch die Gefangenschaft und Menschen hasste. Als sie die Jungen großzog, reagierte sie noch gestresster auf Menschen in der Nähe des Käfigs. In einem Versuch, die angespannte Situation zu verbessern, bot ein indonesischer Augenarzt schließlich an, die landesweit erste Kataraktoperation ab einem Orang-Utan durchzuführen. (Eine wurde 2007 in Malaysia durchgeführt.) Die Operation fand am 27. August 2012 und war ein Erfolg. Gober erhielt ihre Sehkraft wieder — und die Chance auf Freiheit. Zurück in den Wald Nachdem Gober ihr Augenlicht zurückerhalten hatte, war sie bereit, in den Wald zurückzukehren. Es gab allerdings Probleme, denn junge Orang-Utans bleiben normalerweise bis zum 10. oder 11. Lebensjahr bei ihren Müttern. Um ihnen die bestmöglichsten Erfolgschancen und ein Überleben zu ermöglichen, wartete das Team des SOCP bis die Zwillinge vier Jahre alt waren, bevor sie die Familie freiließen. Die Wissenschaftler vermuteten, dass die Jungen unter vier Jahren sich an ihrer Mutter festhalten würden, wenn sie sich von Baum zu Baum bewegte — eine Herausforderung bei zweien. Ab vier Jahren wären die jungen Orang-Utans alt genug, um selber zu klettern und sich selber zu ernähren, aber noch jung genug, um zum Schutz nahe bei der Mutter zu bleiben und Überlebensfähigkeiten zu lernen. Alle neu geretteten Orang-Utans durchlaufen eine Quarantänephase. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Gober und die Zwillinge wurden am 5. Dezember 2014 nach Jantho verlegt. Nach einem Monat in der Wiedereinführungsstation, in der sie sich an das Waldklima und die Nahrung, die sie dort vorfinden würden, gewöhnten, wurde die Familie endlich freigelassen. Doch es verlief nicht alles nach Plan. Während Gober und ihre Tochter Ginting sich schnell an den Wald gewöhnten, folgte ihnen Ganteng nicht. Das junge Männchen klammerte sich an die Baumstämme kleiner Bäume, während sich seine Mutter und Schwester weiter entfernten. Sie kam zurück, aber er schloss sich ihnen dennoch nicht an. „Ich war überrascht“, gestand Singleton. „Es war schwierig, als ihr Ganteng nicht folgte. Eventuell dachte sie, dass ihr Überleben im Wald und das ihrer Tochter, die Gefahr Ganteng zurückzulassen, überwog.“ „Wir mussten uns alle damit abfinden, dass dies von nun an so sein würde; Gober und Ginting frei lebend, während Ginting alles von ihrer Mutter lernen würde, was sie wissen musste. Und Ganteng alles später aufholend, wenn er soweit wäre, es ohne die Hilfe und Unterstützung seiner Mutter zu probieren.“ Zunächst ging es Gober und Ginting im Wald gut. Ginting „zeigte wachsendes Selbstbewusstsein als freilebender Orang-Utan“, schrieb Singleton auf seinem Blog. „Sie fand nun nicht nur ihre eigenen Früchte in den Bäumen zu fressen, sie hatte auch gelernt, Rattanstängel zu verarbeiten und zu fressen, genau wie ihre Mutter. Das ist eine besonders nützliche Fähigkeit, da Rattan normalerweise immer eine Notfallnahrung ist, auf die sie zurückgreifen kann, wenn andere Nahrung knapp wird. Es ist auch bekanntermaßen dornig und stachelig und erfordert eine behutsame Verarbeitung, um sie sicher zu bearbeiten.“ Singleton konnte die beiden Tiere mehrmals im Laufe der Wochen nach ihrer Freilassung beobachten und empfand jedes Mal „eine große Freude, die beiden hoch oben in den Bäumen zu sehen und zu sehen, wie sie sich im Wald absolut heimisch verhielten und sich so sehr freuten, dort zu sein.“ Gober und Ginting verlassen ihre Transportkäfige. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP „Gintings Zukunft schien geradezu sicher“, schrieb er. „Sie würde zu einem wilden Orang-Utan heranwachsen und irgendwann eine neue Orang-Utan Population gründen, die sich in Jantho etablieren würde. Gober würde ihr restliches Leben wieder in Freiheit verbringen, so wie sie es früher getan hatte, nur diesmal in einer viel besseren Umgebung mit reichhaltigeren Wäldern als sie sie je vorher gekannt hatte. Ganteng würde diese Chance auch noch bekommen und mit etwas Glück wieder auf seine Mutter und Schwester treffen, als wilder Orang-Utan.“ Daher war es ein riesiger Schock als das Beobachterteam im Mai 2015 Gintings Leiche am Fuße eines Baumes fand. SOCP kann nur mutmaßen, was passiert sein könnte. Die unerfahrene Ginting könnte versehentlich von einem Baum gefallen sein oder, genauso plausibel, heruntergefallen sein, nachdem sie von einem männlichen Orang-Utan geschlagen oder zur Seite geschubst wurde, der an ihrer Mutter interessiert war — Gober ist momentan eine der wenigen geschlechtsreifen Weibchen, die in Jantho leben. „Das Durchschnittsalter für die Freilassung liegt zwischen 5 und 7, der Großteil der dort lebenden Orang-Utans ist nun zwischen 10 und 12 Jahre alt“, erklärt Singleton. „Wildlebende Weibchen gebären ihre ersten Jungen im Alter von etwa 15 Jahren. Das bedeutet, dass die meisten Weibchen, die in Jantho freigelassen werden, einige Jahre lang nicht geschlechtsreif sind. Das macht sogar ältere Weibchen wie Gober zu einem großen Anziehungspunkt für die weitestgehend männlichen Bewohner des Waldes.“ Gober und Ginting, endlich frei im Wald Jantho. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Männchen können aggressiv werden, wenn sich ein Weibchen wehrt und das Paaren könnte gewalttätiges Schlagen, Fassen oder Beißen beinhalten. Ein junges Orang-Utan-Weibchen wie Ginting könnte leicht von einem Baum gestoßen werden und beim Aufprall auf den Boden nach so einem Kampf getötet werden — eine Mahnung, dass Orang-Utans auch anderen Gefahren, neben denen, die ihnen Menschen und ihre Palmölplantagen in den Weg legen, ausgesetzt sind. Hoffnung— in Jantho, Jambi und in dem Ökosystem Leuser Das Leben geht weiter. Der erblindete Leuser bleibt in Gefangenschaft und wird es bis ans Ende seines Lebens bleiben. Das SOCP entwickelt momentan das Schulungszentrum und den Zufluchtsort Orangutan Haven and Wildlife Conservation Education Centre, ein 46 Hektar (113 Morgen) großes natürliches Areal für Orang-Utans wie Leuser, die nicht in der Wildnis überleben können. Es wird das erste dieser Art sein. Auch wenn er niemals in die Wildnis zurückkehren kann, so lebt sein Erbe durch seinen Sohn, Ganteng und Partnerin Gober weiter. Gober ist nun ein komplett freilebender Orang-Utan. Nachdem sie ihre Sehkraft wiedererlangt hat und zu hochwertigen Primärwaldlebensräumen zurückkehrt ist, hat sich ihre Lebensqualität stark verbessert. Sie könnte sogar wieder schwanger sein. Mitarbeiter beobachten die freigelassenen Orang-Utans. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Ganteng wurde im Januar 2016 fünf Jahre alt. Er hat sich, dank des intensiven Trainings von SOCP schnell entwickelt. Er verbringt nun längere Zeit im Wald und zeigt viele neue Fähigkeiten, vom Finden von Früchten bis hin zum Bauen von Nestern — er verhält sich nun endlich wie ein wilder Orang-Utan. In 5-6 Jahren werden viele der freigelassenen Tiere in Jantho und Jambi geschlechtsreif und eine hoffentlich neue wilde Generation von Orang-Utans wird in den indonesischen Wäldern geboren — weit weg von ihrem ursprünglichen Zuhause des Ökosystems Leuser, aber mit der „Sicherstellung“, dass die Art auch in Zukunft weiterbesteht und mit der Absicherung vor den Gefahren, die Menschen mit der Umwandlung von Wäldern in Ackerflächen bewirken. Es ist nicht einfach eine neue Orang-Utan Gemeinschaft aufzubauen, aber durch das SOCP und andere Organisationen, sehen die Aussichten für unsere rothaarigen Primatencousins ein wenig besser aus. Freigelassene Orang-Utans hoch oben in den Bäumen in Jantho. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP Leuser ist heute sicher in seinem neuen Gehege. Foto mit freundlicher Genehmigung von SOCP