- In den 1980er Jahren in der Natur fast ausgestorben, erholt sich der Kalifornische Kondor dank eines intensiven Bestandsbewirtschaftungsplans und eines teilweisen Verbots von Bleigeschossen gerade. Leider sind Bleivergiftungen bei in Gefangenschaft lebenden Kondoren, die ausgewildert werden weiterhin ein Problem.
- Holly Copelands GIS-Mapping-Studie hat gezeigt, dass Kondore in Küstennähe seltener an Bleivergiftungen leiden als jene im Landesinneren. Mapping hilft auch dabei, weniger riskante Gebiete für die Auswilderung zu finden und zu bestimmen, an welchen Orten die Vögel dem höchsten Risiko einer Bleivergiftung ausgesetzt sein könnten.
- Die Mapping-Studie hat zunehmend artgemäßes Verhalten bei den Kondoren ermittelt, was bedeutet, dass diese sich weiter von den Auswilderungsstationen entfernen. Das sind gute Nachrichten, bedeutet aber auch, dass die Vögel, die weiter ins Landesinnere fliegen einem größeren Risiko einer Bleivergiftung ausgesetzt sind.
- Copeland hofft, dass, wenn das umfassende kalifornische Verbot von Bleigeschossen im Jahr 2019 vollständig in Kraft tritt, die wildlebenden Kondore davon profitieren werden. Die Forscherin wendet ihre beim Mapping von Kondoren gewonnenen Erfahrungen auch auf Adler und andere Greifvögel in Wyoming an.

Geierpopulationen sind weltweit einem tödlichen Risiko durch Giftstoffe ausgesetzt, die sich in den Kadavern ansammeln, von denen die Vögel sich ernähren – von giftigen Schmerzmitteln bei Rindern in Indien über Pestizide, die Löwen bei der Rinderjagd in Afrika niedergestreckt haben, bis zu bleihaltiger Jagdmunition in kalifornischen Wildtieren.
Der Kalifornische Kondor (Gymnogyps californianus) wurde in den 1980er Jahren fast ausgerottet, mit nur 22 in freier Wildbahn verbleibenden Exemplaren. Vergiftungen durch bleihaltige Munition – die in dem von den Kondoren verzehrten Aas enthalten war – war die häufigste Todesursache bei diesen wundervollen Gleitvögeln, die für ihre Flügelspannweite von bis zu über zweieinhalb Metern bekannt sind.
Trotz einer Erholung dank eines intensiven Bestandsbewirtschaftungsprogramms und eines teilweisen Verbots von bleihaltigen Jagdgeschossen haben Routineüberwachungen ergeben, dass mindestens 20 Prozent der frei fliegenden Kondore noch immer Bleispiegel im Blut aufweisen, die hoch genug sind um eine medizinische Behandlung zu erfordern, und dass nahezu jeder Vogel in freier Wildbahn vor Erreichen des Fortpflanzungsalters eine Notfallbehandlung wegen Bleivergiftung benötigen wird.

Holly Copeland, Ökologin am Nature Conservancy in Wyoming, hat mit einem Team zusammengearbeitet, dass Daten über Verhalten, Gebiete und Jagdreviere des Kalifornischen Kondors erfasst hat. Die Karte, die sie erstellt hat, zeigt Bereiche mit hoher Bleivergiftungsgefahr; eine Tatsache, von der sie sich erhofft, dass sie zu besseren Management-Strategien beitragen wird. Die Karte zeigt auch noch etwas anderes: dass Kondore wieder mehr ihres artgemäßen Verhaltens zurückerlangen, was eine gute Nachricht ist für eine Spezies, die fast ausgestorben war.
“Karten sind mächtig,” sagt Copeland. “Sie holen Daten aus dem Abstrakten und machen aus ihnen etwas sehr Reales”.
Mongabay: Wie kommt eine Naturschutzwissenschaftlerin aus Wyoming dazu, gefährdete Kondore in Kalifornien zu kartieren?
Holly Copeland:Holly Copeland: Ich bin räumliche Ökologin und interessiere mich sehr dafür, wie sich die Wanderungen von Tieren auf den Naturschutz beziehen. Das Nature Conservancy bietet ein Coda-Stipendium an, dass es Mitarbeitern ermöglicht, über staatliche Verbände hinaus an Projekten zu arbeiten. Mit diesem Stipendium schloss ich mich einem vom US Fish and Wildlife Service finanzierten Team an, um zu sehen, ob wir aus GPS-Daten über vergiftete Kondore in Zentral- und Südkalifornien einen Sinn ergeben können. Könnten uns diese Informationen etwas über Verhaltensweisen sagen, die riskant für die Kondore sind, oder über Orte, die eine Gefahr darstellen?
Obwohl die wildlebende Kondorbevölkerung endlich die der in Gefangenschaft lebenden übertrifft, werden die Vögel noch immer stark kontrolliert. Sie werden mit telemetrischen Marken versehen ausgewildert. “Sicheres” Aas wird für die Kondore zum Fressen auslegt, Müll wird regelmäßig um die Nistplätze herum aufgesammelt und alle sechs Monate werden die Kondore einem Check-up unterzogen, zu dem ein Bluttest zur Messung sicherer Bleiwerte gehört.
Wir haben also Blutproben von Kondoren, von denen wir wissen, dass sie stark vergiftet sind. Wir sahen uns an, was sie zwei Wochen, bevor sie vergiftet wurden taten: wo waren sie? Und wo waren sie im Vergleich zu Kondoren, die nicht vergiftet wurden?

Mongabay: GIS-Karten bieten die Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Arten von geografischen Daten zu betrachten. Was haben Ihre Karten ergeben?
Holly Copeland: Holly Copeland: Zunächst einmal muss ich sagen, dass dies, im Gegensatz zur meisten Feldarbeit, für mich ein Schreibtisch-Job war. Sobald die Tracking-Geräte an die Tiere angebracht worden sind geht es darum, die Daten zu manipulieren, obwohl ich, wenn ich in Kalifornien wäre, mich vor Ort begeben hätte, um die Kondore zu erfassen…
Mit den GPS- oder telemetrischen Halsbändern der Vögel wussten wir also, wohin sie gingen. Doch die Daten [erfassten] auch landschaftsbezogene Informationen wie Vegetation und Stadtentwicklung, Gebiete mit starker Schweinejagd sowie “sichere Futtergebiete”, in denen das Kondor-Programm unkontaminiertes Aas auslegt.
Wir wollten wissen, ob es Gebiete gibt in denen die Vögel chronisch vergiftet wurden. Obwohl wir noch dabei sind, alle Daten auszuwerten, haben wir festgestellt, dass in Zentralkalifornien ein höheres Risiko einer Bleivergiftung für die Vögel im Inland herrscht als für jene, die mehr Zeit in Küstennähe verbringen.
Die gute Nachricht ist, dass diese Vögel ein “wilderes” Verhalten an den Tag legen. Als 1992 die ersten in Gefangenschaft aufgezogenen Vögel ausgewildert wurden, betrug die wildlebende Population praktisch Null. Nun beobachten wir artgemäßeres Verhalten, was bedeutet, dass sich die Vögel weiter von ihren Auswilderungsorten entfernen – und das ist gut. Doch dieses Verhalten birgt auch mehr Risiken. Die Vögel mit höheren Bleiwerten reisen weiter ins Landesinnere.


Die Daten zeigen, dass die Kondore noch immer vergiftet werden, trotz des Ridley-Tree Condor Preservation Act aus dem Jahr 2007, der die Jagd mit bleihaltiger Munition im Lebensraum des Kalifornischen Kondors verbietet. Das Verbot umfasste nicht alle Bleiquellen in der Landschaft. Die anhaltende Toxizität besteht vermutlich, weil das Verbot nicht umfassend genug war, und außerdem einige Verwirrung darüber herrscht, auf was es sich bezog – deckte es auch Eichhörnchen, Kaninchen oder die Dezimierungsjagd auf Kojoten ab? Wenn das umfassende Verbot von bleihaltiger Munition im Jahr 2019 vollständig in Kraft tritt, wird dessen Nutzen hoffentlich zu sehen sein.
Im Augenblick könnte Mapping dabei helfen, weniger riskante Auswilderungsgebiete zu finden, oder vorherzusagen, wo Vögel in Gefahr geraten könnten. Zudem ist das Blei-Problem nicht nur ein Problem des Kalifornischen Kondors. Ich wende meine Erkenntnisse auch auf Adler und andere Greifvögel in Wyoming an.
Mongabay: Was erhoffen Sie sich von Ihrer GIS-Arbeit?
Holly Copeland: Es geht im Grunde wirklich darum, klüger im Umgang mit wildlebenden Tieren zu werden, zu deren Gunsten.
Karten holen Daten aus dem Reich des Abstrakten. Ob es darum geht, zu zeigen, wo Kondore einer größeren Gefahr einer Bleivergiftung ausgesetzt sind, oder wo Maultiere häufiger von Autos angefahren werden; ich finde, es ist für Menschen sehr fesselnd, die Bewegungen leibhaftiger Tiere in der Landschaft zu beobachten.
Wenn die Menschen zum Beispiel in einem anderen Projekt, in dem wir die Bewegungen von Maultierhirschen in Wyoming kartierten, einen Migrations-Korridor sehen konnten, den leibhaftige Tiere nutzten – anstatt dass wir nur eine Linie auf einer Karte zogen und sagten: “wir wissen, dass sich hier Tiere aufhalten” – das ist etwas viel Greifbareres. Und ich glaube, das bewegt Menschen dazu, Gutes für die Wildtierwelt zu tun.
Weitere Informationen zum Thema:
Bakker VJ, Smith DR, Copeland H, et al. Effects of Lead Exposure, Flock Behavior, and Management Actions on the Survival of California Condors (Gymnogyps californianus). EcoHealth (2016). doi:10.1007/s10393-015-1096-2
Kurle CM, Bakker VJ, Copeland H, et al. Terrestrial Scavenging of Marine Mammals: Cross-Ecosystem Contaminant Transfer and Potential Risks to Endangered California Condors (Gymnogyps californianus). Environ. Sci. Technol. (2016). doi: 10.1021/acs.est.6b01990.
Finkelstein ME, Doak DF, George D, et al. Lead poisoning and the deceptive recovery of the critically endangered California condor. PNAS (2012) doi:10.1073/pnas.1203141109.
Holly Copelands Blog über das Migrations-Mapping-Project
