- Der 28-Megawatt-Barro-Blanco-Damm im Westen von Panama ist beinahe fertig, aber der Bau steht seit Februar aufgrund von Widerstand der eingeborenen Gemeinschaften vor Ort still.
- Ein Feier am Montag, das dazu gedacht war, eine Vereinbarung zwischen der Regierung von Panama und den Anführern der eingeborenen Ngäbe-Gemeinschaften zu treffen, wurde von Protestierenden des Ngäbe-Volkes gestört, was eine starke Spaltung innerhalb der eingeborenen Gemeinschaft verdeutlicht.
- Protestierende des Ngäbe-Volkes beendeten zeitweise das Feier mit einer Demonstration, bei der Gewalt ausbrach.
- Der Bau des Damms wird unter der gemäß der unterzeichneten Vereinbarung voranschreiten, die neue Zugeständnisse bezüglich wirtschaft und Beaufsichtigung für die Gemeinschaften und Enteigung des umstrittenen Besitzers des Damms spezifiziert.
Am Montag unterbrachen Protestierende des eingeborenen Ngäbe-Volkes, die den umstrittenen Barro-Blanco-Damm im Westen von Panama ablehnen, eine Feier zum Beschluss der Vervollständigung des Projektes, was zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei führte.
Die Vereinbarung wurde zwischen dem Präsidenten von Panama und der eingeborenen Obrigkeit des Ngäbe-Buglé getroffen, der von den Protestierenden vorgeworfen wurde, dass sie handele, ohne den Richtlinien des Eingeborenenrechts zu folgen oder ohne zuvor ordungsgemäß Rücksprache mit der Gemeinschaft zu halten.
Die Feier fand in einer Schule in der Stadt Llano Tugri innerhalb des autonomen Gebiets des einheimischen Ngäbe-Buglé statt. Sie diente dazu, die Einigung zur Genehmigung der Fortführung des 28-Megawatt-Wasserkraftprojekts vorzuführen, zu der die Parteien nach mehr als eineinhalb Jahren der von der UN unterstützten Verhandlungen gelangt waren.
Der Bau des Damms auf dem Tabasara-Fluss wird von zwei europäischen Entwicklungsbanken unterstützt und bekam grünes Licht für den Verkauf von Emissionszertifikaten durch den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung der UN.
Der Damm ist beinahe fertiggestellt. Allerdings steht der Bau seit Februar 2015 aufgrund von Widerstand aus den Ngäbe-Gemeinschaften im Umland still. Seit 1980 kämpfen einheimische Gruppierungen gegen Dammbauvorhaben; ihre aktuellen Bedenken sind, dass der Stausee direkten Einfluss auf ihr Land, die Umwelt, heilige Orte und den Wohnraum einiger Menschen haben wird. Das Projekt sorgte im Mai dieses Jahres weiter für eine kontroverse Diskussion, als mit der Testflutung des Stausees ohne das Wissen der Gemeinschaften begonnen wurde.
Juan Carlos Varela, Präsident von Panama, und Vizepräsidentin Isabel Saint Malo nahmen beide an dem Fest am Montag teil. Doch obwohl etwa 80 Polizisten anwesend waren, hielten ein Duzend Protestierende die Veranstaltung auf, nur Augenblicke bevor sie begann.
Nachdem allerdings der Präsident und die einheimischen Verhandelnden in einen anderen Teil des Schulgeländes gebracht wurden, wurde die Vereinbarung komplett verlesen und von dem General Cacica der Ngäbe, einem gewählten Anführer, Silvia Carrera, unterzeichnet.
Protestierende, hauptsächlich aus von dem Stausee des Damms direkt betroffenen Ngäbe-Gemeinschaften, die schon lange den sofortigen Abbruch des Projekts fordern, unterbrachen den Ablauf mit den Damm verurteilenden Rufen.
“Wir respektieren den Präsidenten [Varela], aber er muss uns respektieren! Wir wollen direkt mit den Kaziken sprechen […] die Gemeinschaft wusste nichts von dieser Vereinbarung”, rief einer der Protestierenden und bezog sich auf die drei Anführer der Ngäbe, die die Vereinbarung mit der Regierung ausgehandelt hatten.
Mit der Behauptung, die drei Verhandlungspartner hätten sich nicht an die Gesetze der Einheimischen gehalten, bevor sie die Vereinbarung getroffen haben, blockierten die Protestierenden die Schultore und verhinderten, dass die Verhandlungspartner das Gebäude verlassen konnten.
“Wie kann es sein, dass sie hierher gekommen sind, um ein Abkommen ohne vorherige Rücksprache zu unterzeichnen? […] die Gemeinschaft muss zuerst befragt werden, so lauten die Regeln in der Comarca [das autonome Gebiet der Einheimischen]”, sagte Toribio Garcia, einer der Anführer der Proteste, gegenüber Vertretern der Medien an der Schule. Garcia ist außerdem Vorsitzender des Ngäbe Regional Congress, einem leitenden Organ, das nicht an den Verhandlungen beteiligt war.
Die friedlichen aber aufgeheizten Demonstrationen schlugen schnell um, nachdem eine Handvoll Protestierender Steine in Richtung der Funktionäre der Regierung und der Einheimischen geworfen hatten – Aktionen, die die Anführer der Proteste der Einheimischen selbst sofort verurteilten. Vier Polizeibeamte wurden laut Präsident Varela bei einem impulsiven Konflikt verletzt und mindestens drei Protestierende wurden mit Pfefferspray besprüht.
Die verhärteten Fronten konnten zwei Stunden später friedlich aufgelöst werden, nachdem eine Besprechung zwischen Präsident Varela und den Anführern der Proteste dazu führte, dass die Protestierenden den Kaziken erlaubten, das Schulgelände zu verlassen. Niemand wurde festgenommen. Die Protestierenden gaben allerdings an, sie planten weitere Bemühungen, um die unterzeichnete Vereinbarung für ungültig erklären zu lassen und zu verhindern, dass der Damm einsatzbereit wird.
Gemäß dem unterzeichneten Vertrag wird ein Fond eröffnet, um die Entwicklung von “Aktivitäten bezüglich Landwirtschaft, Vieh, Ökotourismus und Handwerk” zu unterstützen, ebenso wie das menschliche Kapital der Gemeinschaften, das durch den Damm beeinträchtigt wurde. Des Weiteren garantiert die Vereinbarung, dass 50 % der Angestellten für den Damm aus der Ngäbe-Buglé-Gemeinschaft angestellt werden und stellt sicher, dass jegliche Zusatzprojekte, die weiter Einfluss auf den Tabasara-Fluss nehmen, eingestellt werden. Alle zukünftigen Projekte in der Comarca bedürfen der Zustimmung durch ein öffentliches Referendum und der verschiedenen einheimischen Behörden.
Die Parteien einigten sich ebenso darauf, den Besitzer und Betreiber des Damms, die Baufirma Generadora del Istmo S.A. (GENISA) aus Panama, der die Regierung wegen Verstößen gegen Umweltnormen und des Versäumnisses, die ordnungsgemäße Zustimmung der Gemeinschaften einzuholen, bereits ein Bußgeld auferlegt hat, zu hinauszuwerfen. Eine andere unabhängige Firma aus Panama wird deren Platz einnehmen.
“Schlussendlich wurde die Vereinbarung trotz all der einzelnen Vorfälle heute unterzeichnet”, sagte Präsident Varela, bevor er die Schule verließ. Er fügte hinzu, dass die Regierung den Dialog zwischen den betroffenen Gemeinschaften und der Regierung aufrecht erhalte.
Am nächsten Tag, am Dienstag, lehnte GENISA, die nicht an den Gesprächen teilgenommen hatte, die Vereinbarung ab und sagte dazu in einer Stellungnahme, dass sie die Rechte des Unternehmens “verletze”. “Wir behalten uns das Recht vor, Maßnahmen zu ergreifen und verfügbare rechtliche Mechanismen in Gang zu setzen, um unser Recht auf faire und gleichberechtigte Behandlung unserer Investition zu schützen”, lautet es in der Stellungnahme.
In einer Stellungnahme der Regierung, die kurz darauf veröffentlicht wurde, wird argumentiert, GENISA habe den “Status des Projektes” umfassend verstanden und “habe bei der Lösungsfindung kooperiert.”
Dieser Artikel wurde aktualisiert, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die durch die Regierung von Panama und die einheimische Behörde des Ngäbe-Buglé unterzeichnete Vereinbarung nach wie vor von einem höheren politischen Organ der Einheimischen ratifiziert werden muss, also dem Ngäbe-Buglé General Congress, bevor der Barro Blanco wieder vollständig in Betrieb genommen werden kann. Wir bitten diese Auslassung im ursprünglichen Artikel zu entschuldigen. |