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2009 segelte das taiwanesische Schiff Yu Feng nahe Sierra Leona. Es stand unter dem Verdacht illegal zu fischen und wurde von der amerikanischen Küstenwache und sierra-leonischen Regierungsbehörden aufgehalten. Foto: : US-Verteidigungsministerium//Petty Officer 2nd Class Shawn Eggert, amerikanische Küstenwache.
Der Internationale Seegerichtshof beschloss im April, dass Länder für ihre lizensierten Schiffe Verantwortung tragen, selbst wenn diese im Ausland betrieben werden. Der Gerichtshof hielt fest, dass „Flaggenstaaten“ in der „Sorgfaltspflicht“ stehen Maßnahmen zu ergreifen und sicherzustellen, dass die Schiffe, die sie lizensieren die Vorschriften in anderen Ländern beachten. Sollte dies nicht geschehen, können diese Flaggenstaaten in dem Land vor Gericht gestellt werden in denen die Schiffe illegal, unreguliert oder undokumentiert (IUU) fischen.
Dies bedeutet, dass beispielsweise Gambia die Europäische Union verklagen könnte, wenn ein Schiff unter deutscher Flagge mehr als die erlaubte Fangmenge fischen würde, und die EU nicht beweisen könnte, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um so ein Fehlverhalten zu verhindern.
Der Gerichtshof fällte sein Urteil in Form eines Gutachtens und folgte somit einem Antrag der subregionalen Kommission für die Fischerei (SRFC) aus dem Jahr 2013. Die Kommission verwaltet den Fischereisektor und die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zwischen den westafrikanischen Ländern Mauretanien, Senegal, Kap Verde, Gambia, Guinea-Bissau, Guinea und Sierra Leone.
In einem Interview mit mongabay.com berichtete Diénaba Bèye Traoré, Leiterin der Kommissionsabteilung für Politik und Rechtsvorschriften, sowie deren Vertreterin vor dem Gerichtshof: „Die Hälfte der Fänge in diesen Gewässern ist illegal.“
Ausländische Fischdampfer aus der Europäischen Union, Russland, China und Südkorea durchkämmen die westafrikanischen Gewässer auf der Suche nach kleinen pelagischen Arten wie Sardinen, Meeräschen und Makrelen, sagte Traoré. Viele Schiffe fangen mehr als ihnen laut bilateraler internationaler Abkommen erlaubt ist. Einige der Besuchsfischerboote fischen sogar gänzlich ohne Genehmigung.
„Wenn wir Flaggenstaaten darüber informieren, dass ausländische Fischerboote in unseren ausschließlichen Wirtschaftszonen fischen, bekommen wir keine Rückmeldung.“, sagte sie. „Daher wandten wir uns an den Gerichtshof für juristische Unterstützung.“
Die Ansicht herrscht vor, dass IUU-Fischerei besonders häufig aber nicht ausschließlich in Westafrika vorkommt. Nach den letzten umfassenden Schätzungen aus dem Jahr 2009 verliert die Weltwirtschaft jährlich 10-23,5 Milliarden US-Dollar durch IUU-Fischerei.
Der Internationale Seegerichtshof ist einer von vier Orten an den sich Vertragsstaaten wenden können, um Streitfälle rund um das Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) beizulegen. Seit UNCLOS 1982 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, traten 167 Vertragsstaaten bei, darunter China und die Europäische Union. Die Vereinigten Staaten sind entschiedener Gegner der Konvention und gehören nicht zu den Vertragsstaaten.
Bestimmungen zu den „Hoheitsgewässern“ und den „ausschließlichen Wirtschaftszonen“ gehören zu den Kernbestimmungen von UNCLOS. Somit beschreibt der Bereich bis zu 12 Seemeilen vor der Küste eines Landes die „Hoheitsgewässer“ und der Festlandsockel, auf dem das Land liegt und der Bereich bis zu 200 Seemeilen vor den Hoheitsgewässern umfasst die „ausschließliche Wirtschaftszone“, in denen das Land souveräne Rechte über Erhaltung und Nutzen der natürlichen Ressourcen hat.
Einheimische Fischer kümmern sich um ihre Boote in Tombo, ein geschäftiges Fischerdorf in Sierra Leone. Das Land ist eines von mehreren westafrikanischen Ländern, das durch illegale, undokumentierte oder unregulierte Fischerei betroffen ist. Foto: BBC World Service.
Das Gutachten des Gerichtshofes legt fest, dass Flaggenstaaten „notwendige Maßnahmen ergreifen müssen, einschließlich Zwangsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die unter ihrer Flagge fahrenden Fischereischiffe die verordneten Gesetze und Vorschriften der SRFC-Mitgliedsstaaten befolgen“ und dass Berichte zu IUU-Fischerei überprüft werden muss.
Weiterhin wurde festgelegt, dass „SRFC-Mitgliedsstaaten die Flaggenstaaten eines Schiffes, das IUU-Fangtätigkeiten in deren ausschließlichen Wirtschaftszonen ausübt, haftbar machen können“, wenn die Flaggenstaaten keine Sorgfaltspflicht, einschließlich „Zwangsmaßnahmen“ und „Verwaltungskontrolle“ über lizensierte Schiffe einhält.
„Der Gerichtshof hat kein neues Gesetz verabschiedet, das geltende Fischereigesetz wurde lediglich klargestellt“, berichtete Jessica Battle, WWF-International Marine Manager gegenüber mongabay.com. Battle erzählte, dass die Entscheidung im Sinne von UNCLOS nochmals die Verantwortung der Flaggenstaaten betone und als Mahnung und Klärung für alle Vertragsstaaten der Konvention gelte, nicht nur für die im Fall beteiligten Länder.
Das Gutachten besagt, dass „die Rechtsprechung des Gerichtshof im vorliegenden Fall auf die ausschließlichen Wirtschaftszonen der SRFC-Mitgliedsstaaten beschränkt“ ist. Nichtsdestotrotz glauben Beobachter, dass das Gutachten eine größere Anwendungsbreite hat.
„Der Gerichtshof hat kein neues Gesetz verabschiedet, das geltende Fischereigesetz wurde lediglich klargestellt“, berichtete Jessica Battle, WWF-International Marine Manager gegenüber mongabay.com. Battle erzählte, dass die Entscheidung im Sinne von UNCLOS nochmals die Verantwortung der Flaggenstaaten betone und als Mahnung und Klärung für alle Vertragsstaaten der Konvention gelte, nicht nur für die im Fall beteiligten Länder.
„Die Entscheidung hat eine weltweite Auswirkung. Flaggenstaaten müssen sicherstellen, dass ihre Schiffe gegen keine örtlichen Gesetze verstoßen. Andernfalls können sie je nach Verstoß vor den Internationalen Seegerichtshof, den Internationalen Gerichtshof oder vor ein Schiedsgericht gebracht werden“, sagte Battle.
Der WWF, der die Entscheidung in einer Pressemitteilung, begrüßte, hatte während der Beratungen zu der Entscheidung zwei Amicus-Curiae-Schriftsätze angefertigt.
Bestimmte Vertragsstaaten des UNCLOS sehen die Entscheidung und deren Auswirkung möglicherweise anders. In einer schriftlichen Erklärung an den Gerichtshof stellte die EU bereits vor den Beratungen die Zulässigkeit des Antrags der SRFC aufgrund verfahrensrechtlicher Gründe in Frage und China sagtedass der Gerichtshof nicht berechtigt sei „Ratschläge“ oder „Meinungen“ anzubieten, sondern nur Streitfälle zwischen Vertragsstaaten zu schlichten. Diese Meinungsunterschiede werden sicherlich wieder aufkommen, wenn auf die Entscheidung in einem rechtlichen Rahmen verwiesen wird.
In der Zwischenzeit, sagte Traoré, werde die SRFC ihre eigenen Konventionen an die Entscheidung zur nachhaltigen Fischereibewirtschaftung anpassen. Sie fügte hinzu, dass weitere Folgemaßnahmen, einschließlich der Entscheidung über die Vorgehensweise von SRFC mit Flaggenstaaten ausländischer Schiffe, die bei illegaler Fischerei in den Gewässern der Mitglieder überführt werden, „in Kürze“ beschlossen werden.
Quelle:
- Agnew D.J., Pearce J., Pramod G., Peatman T., Watson R., Beddington J.R., et al. (2009) Estimating the Worldwide Extent of Illegal Fishing. PLoS ONE 4(2): e4570.