Global Forest Watch zeigt die Höhe der Bäume sowie die Zu- und Abnahme der Waldflächen zwischen 2000 und 2012.
Das World Resources Institute (WRI) hat im Februar die Veröffentlichung eines Systems bekannt gegeben, das die Überwachung der Wälder revolutionieren könnte.
Die Plattform mit dem Namen Global Forest Watch wurde in Zusammenarbeit mit über 40 Partnern über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg entwickelt. Ausgehend von einer Vielzahl von Daten über die weltweiten Waldbestände erstellt dieses neue Wald-Monitoring-System interaktive Karten und Grafiken, die Trends im Zusammenhang mit der Entwaldung, der Erholung der Wälder und der Ausbreitung der industriellen Forstwirtschaft aufzeigen. Global Forest Watch ist das erste Instrument, mit dessen Hilfe die Wälder auf der ganzen Welt monatlich überwacht werden können. Dies ermöglicht es Behörden und Umweltschützern, sofort Maßnahmen zu ergreifen, sobald es zur Abholzung von Wäldern kommt.
„Unternehmen, Regierungen und Gemeinden verlangen dringend bessere Informationen über die Wälder. Nun können sie diese Informationen endlich erhalten“, erklärte der Präsident des World Resources Institute, Andrew Steer, in einer Pressemitteilung. „Global Forest Watch ist eine beinahe in Echtzeit operierende Monitoring-Plattform, die die Art und Weise, wie Menschen und Unternehmen mit den Wäldern umgehen, grundlegend verändern wird. Von nun an können sich die „Bösen“ nicht länger verstecken, und die „Guten“ erhalten Anerkennung für ihre nachhaltige Waldbewirtschaftung.“
Global Forest Watch nutzt die Google Cloud-Technologie, um enorme Mengen an Satellitendaten der NASA auszuwerten. Früher hätte man für die Verarbeitung dieser Daten Jahre gebraucht, berichtete Rebecca Moore, leitende Ingenieurin bei Google Earth Outreach und Earth Engine, die gemeinsam mit einem Forscherteam unter der Führung von Matt Hansen von der Universität Maryland an der Erstellung des hochauflösenden Datensatzes über die Veränderungen der weltweiten Waldbestände, der dem System zugrunde liegt, gearbeitet hatte.
“Zur Erstellung dieser Datenbank analysierten wir fast 700.000 Aufnahmen der Landsat-Satelliten“, so Moore. „Wir verarbeiteten insgesamt 20 Terrapixel an Landsat-Daten, und wir benötigten eine Million CPU-Stunden auf 10.000 parallel laufenden Computern, um Dr. Hansens Modelle zur Analyse der Veränderungen des Waldbestandes ausführen zu können. Ein einzelner Computer hätte für diese Analyse, die wir mithilfe der Technologie von Google Earth Engine in wenigen Tagen durchführten, 15 Jahre gebraucht.“
Das Ergebnis ist eine hochauflösende Weltkarte, die die jährlichen Veränderungen des Waldbestandes seit 2000 darstellt. Global Forest Watch integriert Daten aus anderen Quellen, um beinahe in Echtzeit Entwaldungswarnungen zu generieren. Die Verwendung eines ähnlichen Systems hat in Brasilien dazu beigetragen, dass die Entwaldung seit 2004 um fast 80 Prozent zurückgegangen ist. Die Nutzer des Systems – seien es Regierungsbehörden, Naturschützer, indigene Völker, Aktivisten oder Hobby-Umweltschützer – können personalisierte Warnungen festlegen. So werden sie durch E-Mails verständigt, sobald in einem bestimmten Gebiet, wie etwa in einer Gemeinde, einem Nationalpark oder einem vom Nutzer selbst auf der Karte eingezeichneten Bereich, Anzeichen für Entwaldung zu bemerken sind.
„Technisch versierte Nutzer können die Daten zur eigenen Analyse herunterladen“, erklärte Nigel Sizer, Leiter des Global Forest Project. „Aber eine nützliche Funktion für jedermann ist das Warnsystem, das den Nutzern automatisch Warnungen zusendet, sobald sich der Waldbestand im von ihnen festgelegten Gebiet verändert.“
Rückgang des Waldbestandes und Ausbreitung der Palmölplantagen in der Provinz Riau in der Nähe des Tesso Nilo Schutzgebietes in Indonesien.
Global Forest Watch stellt jedoch nicht nur Daten über die Veränderungen des Waldbestandes dar, sondern es kann noch viel mehr. Das WRI konnte nämlich die Regierungen mehrerer Länder dazu bewegen, Daten über Forstkonzessionen zu veröffentlichen. Darunter befinden sich Daten über Plantagen zur Gewinnung von Palmöl, Nutzholz, Papier und Zellstoff in Indonesien, einem Land, das bislang für die mangelnde Transparenz seines Forstsektors berüchtigt war. Auf Global Forest Watch werden alle Konzessionen des Landes sowie die Namen ihrer Inhaber und Informationen zur jeweiligen Genehmigung aufgelistet. Mithilfe dieser Daten kann festgestellt werden, wie schnell sich Palmölplantagen auf Kosten der natürlichen Wälder ausgebreitet haben, und wo in einem Naturschutzgebiet illegale Plantagen angelegt wurden. So zeigt die Karte beispielsweise Palmölplantagen in zwei Naturschutzgebieten – Gunung Nuit Penrisen und Gunung Raya Pasi – in der indonesischen Provinz West-Kalimantan. Darüber hinaus verfügt Global Forest Watch auch über umfassende Daten zu den Konzessionen in den Ländern des Kongobeckens, in Liberia und in Kolumbien. Weitere Daten sollen hinzugefügt werden, sobald sie verfügbar sind.
Holzfällkonzessionen in Liberia
Diese Daten über Konzessionen könnten sich vor allem für jene Unternehmen als nützlich erweisen, die sich dazu verpflichtet haben, Produkte, die mit der Abholzung von Wäldern in Verbindung stehen, aus ihren Lieferketten zu verbannen.
„Dadurch werden unsere Lieferanten beweisen können, dass auch sie keine Wälder roden“, so Duncan Pollard von Nestlé. Der Konzern hatte 2010 angekündigt, dass er zukünftig kein Palmöl mehr aus Quellen beziehen wolle, die zur Entwaldung beitragen. „Dieses System wird uns dabei helfen, die Fortschritte, die wir auf dem Weg zur Einhaltung unserer globalen Verpflichtungen machen, zu überwachen und darüber zu berichten.“
„Die Entwaldung stellt ein materielles Risiko für Unternehmen dar, die auf Forstprodukte angewiesen sind. Dieses Risiko könnte sogar die Zukunft dieser Unternehmen gefährden“, erklärte Paul Polman, Vorstandsvorsitzender von Unilever, in einer Pressemitteilung. „Da wir uns gerade bemühen, die Herkunft der Zutaten unserer Produkte nachvollziehbarer zu machen, wird uns die Einführung von Global Forest Watch – einem großartigen und innovativen System – die Informationen liefern, die wir so dringend brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, Transparenz und Verantwortungsbewusstsein zu fördern und Partnerschaften zu ermöglichen.“
Das Profil Boliviens auf Global Forest Watch
Dem WRI zufolge wird es diese webbasierte Plattform, die mit beinahe jedem internetfähigen Gerät genutzt werden kann, Regierungen ermöglichen, Wälder und Naturschutzgebiete besser zu verwalten.
„Viele Regierungen, unter anderem Indonesien und die Demokratische Republik Kongo, begrüßen Global Forest Watch, da diese Plattform ihnen dabei helfen kann, bessere Maßnahmen zu ergreifen, ihre Forstgesetze durchzusetzen, illegale Rodungen aufzuspüren, die Wälder nachhaltiger zu bewirtschaften sowie Naturschutz- und Klimaziele einzuhalten“, so das WRI.
Heru Prasetyo, der Leiter der indonesischen REDD+-Agentur, fügte hinzu, dass diese Internetseite ein Segen für seine neu gegründete Agentur sei, deren Aufgabe darin bestehe, die Entwaldung in diesem Land zu bekämpfen und durch nachhaltige Waldbewirtschaftung zu ersetzen.
„Die Möglichkeit, unsere Wälder besser zu überwachen, und die Verfügbarkeit aktueller Informationen, die als Grundlage für unsere Entscheidungen dienen können, sind ausschlaggebend“, sagte er in einer Pressemitteilung. „Ich lobe die Global Forest Watch Initiative, werde sie weiterhin unterstützen, und ich glaube, dass es sich dabei um ein effektives Instrument für die ganze Welt und jedes einzelne Land handelt, sodass Vernachlässigung und Unwissenheit von nun an der Vergangenheit angehören.“
Die Unwissenheit wird durch die Möglichkeit zur Integration neuer Datenquellen in Global Forest Watch in Zukunft weiter zurückgedrängt werden, da dieses System von neuen Satelliten, deren Start in den kommenden Jahren vorgesehen ist, profitieren kann.
„Es ist erstmals möglich, beinahe in Echtzeit Updates über den weltweiten Zustand der Wälder zu erhalten“, so Moore von Google. „So etwas hat es wirklich noch nie gegeben.“
„Außerdem gibt es einige vielversprechende Satelliten, deren Start bereits geplant ist, und von denen wir erwarten, dass sie die Aktualität und Auflösung unserer Daten noch verbessern werden.“
Global Forest Watch zeigt starken Rückgang der Wälder in Paraguay in den letzten zwölf Jahren
Global Forest Watch nutzt auch neue Entwicklungen im Bereich der nutzergenerierten Inhalte und des Crowd Sourcing, um sein Angebot zu erweitern. Die Nutzer können auch ihre eigenen Fotos und Berichte auf das System hochladen. Damit könnte ein weltweites Netzwerk von Waldbeobachtern geschaffen werden, mit dessen Hilfe Regierungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen für die Zerstörung oder den mangelnden Schutz der Wälder zur Verantwortung gezogen werden können. Darüber hinaus arbeitet Global Forest Watch mit den Medien zusammen, um seine Karten mit Nachrichten über die Wälder zu verknüpfen. Doch auch die Plattform selbst hat das Potenzial, eine beinahe unerschöpfliche Menge an Berichten über den Zustand der Wälder zu generieren und das Bewusstsein der Öffentlichkeit für Waldangelegenheiten zu schärfen.
„Wir haben nun Möglichkeiten, die vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen wären. Wir können heute Daten beinahe in Echtzeit an jeden Menschen mit einem Laptop oder Smartphone schicken“, erklärte Andrew Steer, der Präsident des World Resources Institute. „Als der indonesische Präsident gute Forstgesetze verabschiedete, war es für ihn schwierig zu wissen, was gerade in Kalimantan vorging. Nun ist dies jedoch kein Problem mehr.“
Global Forest Watch zeigt die Höhe der Bäume sowie die Zu- und Abnahme der Waldflächen zwischen 2000 und 2012.