Die Versauerung der Ozeane schreitet schneller voran als je zuvor in 300 Millionen Jahren.
Links ein Discoaster- eine Art von marinem Plankton – vor einem Auftreten von ozeanischer Versauerung vor 56 Millionen Jahren, und rechts sein Gegenstück, durch die Versauerung der Ozeane angegriffen. Aufnahmen erstellt mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops
Von Menschen verursachte Kohlendioxidemissionen könnten eine Versauerung der Ozeane in einem Umfang verursachen, wie er in 300 Millionen Jahren nicht aufgetreten ist. Dies legt eine in Science veröffentlichte neue Studie nahe. Die bahnbrechende Arbeit, bei der zum ersten Mal die aktuell gemessene Versauerung mit anderen, bis zu 300 Millionen Jahren zurückliegenden Vorgängen verglichen wird, warnt davor, dass der ungebremste Ausstoß von Kohlendioxid sehr wahrscheinlich zu einem Massensterben in den Weltmeeren führen wird. Die Versauerung gefährdet insbesondere Lebewesen, die auf Kalziumkarbonat – einen chemischen Stoff, der bei verstärkter Versauerung abnimmt – angewiesen sind. Dazu gehören Korallenriffe, marine Mollusken und sogar manche Planktonarten. In dem Maß, wie diese Arten verschwinden, werden ihnen wahrscheinlich tausende andere folgen, die von ihnen abhängig sind.
„Wir wissen, dass das Leben während vergangenen Ereignissen von Versauerung der Ozeane nicht ausgelöscht wurde – aber neue Arten erschienen, die diejenigen ersetzten, die ausstarben. Aber wenn die industriellen Kohlendioxidemissionen mit der momentanen Geschwindigkeit fortschreiten, könnten wir Lebewesen verlieren, an denen uns viel liegt – Korallenriffe, Austern und Lachse“, so Bärbel Hönisch, Paleozeanographin am Lamont-Doherty-Erdobservatorium der Columbia University und Hauptautorin der Studie, in einer Pressemitteilung.
Fast ein Drittel der weltweiten Kohlenstoffemissionen endet schließlich in den Ozeanen. In dem Maße, wie der Anteil von CO2 in den Ozeanen zunimmt — und das über den normalen Verlauf des Kohlenstoffzyklus hinaus – fallen auch die pH-Werte in den Ozeanen, was einer Zunahme der Versauerung entspricht. Während der letzten hundert Jahre sind die pH-Werte um 0,1 Einheiten gefallen. Auch wenn diese Zahl klein erscheint, so bedeutet sie doch einen unglaubliches Absinken in nur einem Jahrhundert.
Die schlimmste Versauerung der Ozeane in den letzten 300 Millionen Jahren fand während einer rapiden Klimaänderung vor 56 Millionen Jahren statt, die als Paleozän-Eozänes thermales Maximum bekannt ist. Über einen Zeitraum von etwa 20 000 Jahren fielen damals die pH-Werte der Ozeane um etwa 0,45 Einheiten, während die Temperaturen gleichzeitig um etwa 6 Grad Celsius anstiegen. Das Ergebnis war ein Massensterben von Arten.
„Aufgrund vulkanischer Emissionen und der Destabilisierung gefrorener Methanhydrate auf dem Boden der Ozeane wurden große Mengen an Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen, vergleichbar mit den Werten, die Menschen in der Zukunft erreichen könnten”, erklärt Carles Pelejero, Wissenschaftler am Institut für marine Forschung des nationalen spanischen Forschungsinstituts CSIC und Mitautor der Studie. „Während dieser Periode fanden Artensterben im großen Stil statt, besonders bei der Fauna in Gewässern.“
Obwohl durch das derzeitige Absinken der pH-Werte bisher noch nicht so extreme Werte erreicht wurden, fallen sie doch mindestens 10mal schneller als während des Paleozän-Eozänen thermalen Maximums. Was noch alarmierender ist, ist die Vorhersage des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), wonach die momentanen pH-Werte vor 2100 um nochmals 0,3 Einheiten fallen könnten.
„Dies verheißt katastrophalere Konsequenzen als die derzeitigen von Menschen verursachten Änderungen“, so Pelejero.
Eine Versauerung der Ozeane hat bisher zwei- oder dreimal stattgefunden; etwa vor 201 Millionen Jahren und dann nochmals etwa 50 Millionen Jahre später. Allerdings macht es ein Mangel an Daten schwierig, diese Ereignisse zu analysieren, auch wenn Forscher wissen, dass beide Male ein Massensterben von Arten verursacht wurde.
Wissenschaftler sind der Meinung, dass es zurzeit nur einen Weg gibt, um gegen die Versauerung der Ozeane vorzugehen und ein Massensterben von Arten zu verhindern.
Wie eine andere Co-Autorin der Studie, Patrizia Ziveri, Wissenschaftlerin am Institute of Environmental Science and Technology (ICTA), es ausdrückt: “Ohne jeden Zweifel müssen wir das Problem baldmöglichst an der Wurzel packen, Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um unseren CO2-Ausstoß in die Atmosphäre sofort zu reduzieren.
QUELLEN: Bärbel Hönisch,
Andy Ridgwell,
Daniela N. Schmidt,
Ellen Thomas,
Samantha J. Gibbs,
Appy Sluijs,
Richard Zeebe,
Lee Kump,
Rowan C. Martindale,
Sarah E. Greene,
Wolfgang Kiessling,
Justin Ries,
James C. Zachos,
Dana L. Royer,
Stephen Barker,
Thomas M. Marchitto Jr.,
Ryan Moyer,
Carles Pelejero,
Patrizia Ziveri, Gavin L. Foster, Branwen Williams. The Geological Record of Ocean Acidification. Science. Vol. 335 no. 6072 pp. 1058-1063. DOI: 10.1126/science.1208277.