Den Kopf in den Sand zu stecken, ist eine Möglichkeit, mit Umweltbeschwerden umzugehen. Nach den Erfolgen der letzten Greenpeace-Kampagnen zu schließen, erweist sie sich aber nicht als besonders wirksam für Indonesiens Forstunternehmen, die in einem globalen Markt bestehen müssen, auf dem Umweltprobleme zunehmend Besorgnis erregen.
Zerstörung von Torfmooren im indonesischen Teil Borneos. Foto von Rhett Butler
Im Oktober 2011 verweigerten indonesische Grenzbeamte in Jakarta dem Direktor von Greenpeace Großbritannien, John Sauven, die Einreise. Sauven, der zwei Wochen zuvor das nötige Geschäftsvisum von der indonesischen Botschaft in London erhalten hatte, hätte sich mit seinem Team in Jakarta treffen, zur Insel Sumatra reisen und gemeinsam mit Regierungsbeamten und indonesischen Geschäftsleuten an einer Forstkonferenz teilnehmen sollen. Am darauffolgenden Tag wurde der Greenpeace-Aktivist Andrew Tait von unbekannten Personen bedroht, die versuchten, ihm einen Abschiebungsbescheid auszustellen.
Neben der Verunsicherung von Reisenden darüber, ob Grenzbeamte in Jakarta von Botschaften im Ausland ausgestellte Geschäftsvisa anerkennen, werfen diese beiden Zwischenfälle auch noch eine andere interessante Frage auf: Warum hat Indonesien Angst vor Greenpeace?
Greenpeace ist eine Umweltschutzorganisation. Sie ist zwar nicht klein – alle Mitgliedsorganisationen zusammen haben ein Jahresbudget von 225 Millionen Dollar. Dennoch stellt sie sicherlich keine Bedrohung für Indonesien dar. Obwohl einige Lokalpolitiker Greenpeace als Terrororganisation bezeichnen, hat diese Gruppe nie zur Gewalt aufgerufen. Ganz im Gegenteil, sie ist stolz darauf, stets eine gewaltfreie Konfrontation zu suchen. Warum also die Angst?
Es ist nicht besonders sinnvoll für Indonesien, der billigste Zellstoffproduzent zu sein, wenn dies das Land seine wertvollsten Naturschätze kostet. (Wald im indonesischen Teil Neuguineas, wo Papier- und Zellstoffproduzenten Expansionsmöglichkeiten sehen) Der indonesische Handelsverband der Papier und Zellstoffproduzenten (APKI) hat vor kurzem angedroht, gerichtlich gegen CIFOR, eine Forstwissenschaftsinstitution, vorzugehen. Der Grund dafür war, dass die Organisation eine Rede von Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono gedruckt hatte, in der er die Papier- und Zellstoffproduzenten für die Zerstörung des Regenwaldes auf Sumatra verantwortlich machte. |
Die Antwort liegt in der wachsenden Effektivität der Organisation von Greenpeace-Kampagnen. Firmen und ganze Industriezweige geraten auf dem Markt vermehrt unter Druck, nachdem sie das Ziel von Greenpeace-Kampagnen geworden sind. Es gibt viele Beispiele dafür: In den letzten fünf Jahren haben Greenpeace-Kampagnen drastische Veränderungen im Soyaanbau und der Viehhaltung im brasilianischen Amazonasgebiet herbeigeführt. In Indonesien zwangen die Umweltschützer den größten Palmölproduzenten des Landes, PT Smart (der im Besitz von Golden-Agri Resources (GAR) steht), eine neue Strategie in Bezug auf den Schutz der Regenwälder zu verfolgen. Und momentan konzentriert sich Greenpeace auf die indonesischen Papier- und Zellstoffproduzenten, die für die großflächige Zerstörung von Regenwäldern und Torfmooren auf Sumatra verantwortlich gemacht werden. Besonders hat es Greenpeace dabei auf Asia Pulp and Paper (APP) abgesehen, einen der größten und umstrittensten Zellstofffaserliferanten des Landes.
Es gibt starke Hinweise dafür, dass Sauvens Abschiebung und die Drohungen gegen Andrew Tait das Ergebnis einer Beeinflussung seitens des privaten Sektors waren und keine neue offizielle Politik gegen Umweltschützer darstellen. Immerhin hatte Sauven die Absicht, sich mit Regierungsbeamten zu treffen und über das Versprechen Präsident Susilo Bambang
Yudhoyonos, die Entwaldung in Indonesien drastisch zu reduzieren, zu sprechen. Immer wieder versuchen Yudhoyonos Gegner, sein Moratorium auf die Ausstellung neuer Forstkonzessionen zu untergraben, und Umweltschützer geraten immer stärker unter Kritik. Interessanterweise gründete eine Gruppe, die die indonesische Papier-und Zellstoffindustrie unterstützt, am selben Tag, an dem John Sauven die Einreise verweigert wurde, eine anti-Greenpeace Website. All dies zeigt, dass sich die Forstunternehmen in ihrer bisherigen Arbeitsweise bedroht fühlen. Die Reformen, die benötigt werden, um Präsident Yudhoyonos Vision einer kohlenstoffarmen Wirtschaft Wirklichkeit werden zu lassen, stellen eine ernste Bedrohung für Unternehmen dar, die auf die Einschüchterung lokaler Gemeinschaften, korrupte Institutionen, die niemandem Rechenschaft schuldig sind, die Gleichgültigkeit der Öffentlichkeit, fehlende Transparenz in Bezug auf die Landnutzung und die Zerstörung der Wälder im großen Stil angewiesen sind.
Alle Zahlen in Hektar |
Angesichts einer ungewissen Zukunft schlagen diese Konzerne jetzt zurück. Sie scheinen zu glauben, dass ihr Wirtschaftsmodell, das in über 30 Jahren der Diktatur unter General Suharto perfektioniert wurde und darauf ausgelegt ist, dass sich einige wenige auf Kosten der Mehrheit der Indonesier bereichern, politisch haltbar sei. Es mag diesen Konzernen zwar kurzfristig gelingen, die indonesische Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen, doch sie müssen auch auf einem globalen Markt bestehen, wo soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz tatsächlich eine Rolle spielen. Ja, ein Unternehmer kann heute seine Gewinne maximieren, indem er tausendjährige Regenwälder in Palmölplantagen umwandelt, aber was ist die Langzeitstrategie? Was wird geschehen, wenn Brasilien seinen Plan, auf 5 Millionen Hektar nicht bewaldetem Land Palmölplantagen anzulegen, in die Tat umsetzt? Werden die attraktivsten Märkte Palmöl, dessen Produktion zu sozialen Konflikten und Umweltzerstörung geführt hat, benachteiligen?
Die Märkte verändern sich bereits. Es wird immer deutlicher, dass konsumentenorientierte Betriebe, vor allem im Westen, aber auch in Brasilien, nicht mit sozialen Konflikten und der Abholzung der Regenwälder in Verbindung gebracht werden wollen. Dies stellt nämlich eine Bedrohung für den guten Ruf dieser Konzerne dar. Ein Beispiel dafür ist PT SMART, Indonesiens größter Palmölproduzent. Diese Firma verlor Aufträge in Millionenhöhe von Nestle, Kraft und Unilever, als sie mit der Abholzung der Regenwälder und Umwandlung von Torfmooren in Plantagen in Verbindung gebracht wurde. Seither verfolgt PT SMART eine neue Strategie, die zu den strengsten in Indonesien zählt. Diese verbietet die Umwandlung von Torfmooren und Regenwäldern und verlangt die Einholung der freien, vorherigen und informierten Zustimmung lokaler Gemeinschaften.
Verliert Indonesien seine wichtigsten Naturschätze? (05/16/2011) In den späten 1980er-Jahren machten Forscher tief im Regenwald des malaysischen Borneo eine unglaubliche Entdeckung: Die Rinde einer bestimmten Baumspezies des tropischen Torfwaldes enthält ein Sekret mit starker Anti-HIV Aktivität. Ein Anti-HIV Medikament, das aus diesem Wirkstoff gewonnen wurde, soll bald in klinischen Versuchsreihen getestet werden. Es könnte hunderte Millionen Dollar wert sein und das Leben von Millionen Menschen verbessern. Diese Entdeckung ist auch für Indonesien relevant, da im indonesischen Regenwald eine ähnliche Baumart vorkommt. In den indonesischen Wäldern könnten noch viele weitere wertvolle Pflanzenarten beheimatet sein, die bislang noch unerforscht sind. Sollten Unternehmen und politische Entscheidungsträger angesichts der biologischen Vielfalt Indonesiens – das Land hat die größte Anzahl verschiedener Tier- und Pflanzenarten der Welt – es nicht zu ihrer Priorität machen, die Regenwälder, Torfmoore, Berge, Korallenriffe und Mangrovenökosysteme zu schützen und zu verstehen, anstatt sie durch die Rohstoffgewinnung zu zerstören? |
Diese Veränderungen geschehen auch außerhalb Indonesiens. In Brasilien haben Soyaanbauer und Viehzüchter, die für den Großteil der Abholzung der Regenwälder im brasilianischen Amazonasgebiet verantwortlich sind, Schutzmaßnahmen ergriffen, nachdem sie von einigen ihrer größten Abnehmer kritisiert worden waren. Brasiliens Rinderfleischsektor, der der größte der Welt ist, kam über Nacht beinahe vollständig zum Erliegen, als Walmart, Nike und Adidas erklärten, dass sie kein Leder oder Rindfleisch mehr kaufen wollten, das mit der Abholzung von Regenwäldern und der Ausbeutung von Arbeitern in Verbindung steht. Es sollte daher keine Überraschung darstellen, dass Brasilien es geschafft hat, seine Wirtschaft anzukurbeln und zugleich die Zerstörung der Regenwälder zu reduzieren: Seit 2004 ist die jährliche Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonasgebiet um 80 % gesunken, während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf des Landes um beinahe 40 % angestiegen ist.
Es gibt keinen Grund, warum Indonesien das nicht auch zustande bringen könnte. Es wird nicht einfach, aber ein intelligentes Entwicklungsmodell, wie jenes, das von Präsident Yudhoyono vorangetrieben wird, kann Kapital aus Indonesiens einzigartigen Naturschätzen schlagen, anstatt sie zu degradieren und zu zerstören.