Der Amazonas-Regenwald in Peru. Foto von Rhett A. Butler
Eine neue Studie, die in der Zeitschrift Environmental Research Letters veröffentlicht wurde, schätzt, dass durch die Dürre, die den Großteil des Amazonas-Regenwaldes im Jahr 2010 heimgesucht hatte, beinahe 500 Millionen Tonnen Kohlenstoff (1,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid) in die Atmosphäre freigesetzt wurden. Das übersteigt die in dieser Zeit durch Entwaldung verursachten Emissionen in der Region.
Bei der Erstellung ihrer Schätzungen kombinierten Christopher Potter vom NASA Ames Research Centre und seine Kollegen Modelle zur Simulation des Kohlenstoffkreislaufs mit Satellitendaten der NASA, die die Nettoprimärproduktion des Waldes zeigen. Die Forscher berechneten nur den Rückgang der CO2-Aufnahme durch die Vegetation mit ein, der durch Trockenstress verursacht wurde. Dies beinhaltet beispielsweise die Zersetzung des Bodens und toten Holzes in regelmäßig überfluteten Waldgebieten, die durch die Dürre trockengelegt worden waren. Die Schätzung berücksichtigt nicht die Emissionen von Waldbränden, die mit der Dürre in Verbindung stehen.
Im Großen und Ganzen kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die durch die Dürre – die schlimmste, die sich je im Amazonasgebiet ereignet hatte – verursachten Emissionen in etwa gleich hoch waren wie die kombinierten Auswirkungen der vom Menschen verursachten Zerstörung des Regenwaldes und der Waldbrände in unberührten Wäldern Amazoniens.
Regionale Landkarte der Anomalien in der jährlichen Nettoprimärproduktion, abgeleitet durch Subtrahieren der Nettoprimärproduktions-Werte der Jahre 2009 und 2010 von jenem des Jahres 2008, nach dem Simulationsmodell des Carnegie Ames Stanford Approach (CASA). Alle Kohlenstoffflüsse sind in Einheiten von 1 Gramm pro Quadratmeter pro Jahr angegeben. Bild mit freundlicher Genehmigung von ERL. |
Potter und seine Kollegen meinten jedoch, dass ein Teil des Rückgangs der CO2-Absorbtion durch erhöhtes Pflanzenwachstum nach Wiedereinkehr der Normalbedingungen ausgeglichen werden könnte. Andere Studien belegen eine solche Erholung im Anschluss an die Dürre des Jahres 2005, die zu jener Zeit die schlimmste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen war.
Andere Forscher befürchten jedoch, dass die anscheinende Zunahme an schweren Dürren – die vermutlich eine Folge der Abholzung und Fragmentierung der Wälder sowie des Klimawandels ist – auf ein viel schrecklicheres Szenario, nämlich den Zusammenbruch des Ökosystems des amazonischen Regenwaldes, hindeuten könnte.
Unter Verwendung von Simulationsmodellen, die die Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre auf die Temperaturen und Niederschläge in der Region berechnen, haben Wissenschaftler des britischen Hadley Center for Climate Prediction and Research einen bedeutenden Rückgang des amazonischen Regenwaldes bis zur Mitte des Jahrhunderts und den beinahe vollständigen Zusammenbruch des Ökosystems bis 2100 vorhergesagt.
Unterdessen schätzt Dan Nepstad, ein Wissenschaftler des Instituto de Pesquisa Ambiental da Amazônia (IPAM), dass bis zu 55 % des amazonischen Regenwaldes innerhalb der nächsten 20 Jahre abgeholzt, durch Dürren zerstört oder verbrannt sein könnten, sollten die Abholzung der Wälder, Waldbrände und Klimatrends weiterhin so schnell voranschreiten. Dies würde 15-22 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre freisetzen und somit einen Rückkopplungseffekt verstärken, der sowohl die Klimaerwärmung als auch die Degradierung der Wälder verschlimmern würde.
ZITIERT AUS: Christopher Potter, Steven Klooster, Cyrus Hiatt, Vanessa Genovese and Juan Carlos Castilla-Rubio.
Changes in the carbon cycle of Amazon ecosystems during the 2010 drought.
Environ. Res. Lett. 6 (July-September 2011) 034024 doi:10.1088/1748-9326/6/3/034024