Reaktion von APP auf diesen Artikel
Umwandlung von Wald in eine Zellstoffmühle in der Provinz Riau, Sumatra, Indonesien. Eyes on the Forest haben ihre Begründung für ein verschärftes Moratorium bei Kuntoro Mangkusubroto, dem Vorstand der indonesischen REDD – Arbeitsgruppe, vorgelegt, der direkt von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono autorisiert wurde. Dieses Bild entstammt den Unterlagen, die Kuntoro von Eyes on the Forest vorgelegt wurden.
Indonesische Umweltschutzgruppen haben eine dringliche Kampagne gestartet, um die beiden größten Zellstoff– und Papierfabriken des Landes daran zu hindern, 800.000 Hektar Wald und Torfmoore auf Sumatra abzuholzen, für die sie die Konzession halten.
Eyes on the Forest, ein Zusammenschluss indonesischer Nicht-Regierungs-Organisationen, haben Karten veröffentlicht, aus denen ersichtlich ist, dass Asia Pulp and Paper (APP) und Asia Pacific Resources International Limited (APRIL) zusammen 31 Prozent der Landflächen in der Provinz Riau, einer der am dichtesten bewaldeten Provinzen auf Sumatra, kontrollieren. Ein großer Teil der Waldfläche befindet sich auf Torfmooren, welche große Mengen an Kohlenstoffverbindungen freisetzen, wenn sie trockengelegt und für den Nutzholzanbau gerodet werden.
Etwa 400.000 weitere Hektar an Waldfläche werden von anderen Firmen kontrolliert.
Laut Aussage von Eyes on the Forest werden durch das vorgeschlagene Moratorium – welches am 1. Januar 2001 unterzeichnet werden sollte, was sich aber durch enormen politischen Druck von Seiten der Forstindustrie verzögert hat – diese Waldflächen nicht geschützt, da die Konzessionen dafür bereits gewährt sind. Vielmehr würde das Moratorium nur neue Konzessionen für bisher nicht näher spezifizierte Wälder betreffen.
„Eyes on the Forest ruft beide Firmen auf, freiwillig und sofort jede Rodung von natürlichen Wäldern sowie die Trockenlegung der Torfmoore zu stoppen, um die Absicht unseres Präsidenten zu unterstützen, Indonesiens Emissionen um 26% zu reduzieren“, so Susanto Kurniawan von Jikalahari in einem Aufruf. „Wir drängen sie, zur Lösung des Problems beizutragen, anstatt fortwährend unangenehm aufzufallen.“
„Die Abholzung der enorm wichtigen natürlichen Wälder in Riau und die Trockenlegung der Torfgebiete haben diese beiden Firmen zur Hauptursache dafür werden lassen, dass die Provinz die Rangliste bezüglich Kohlenstoffemissionen in Indonesien anführt“, fügt Suhandri vom indonesischen Riau – Programm des WWF hinzu. „Wir befürchten, dass diese beiden Firmengruppen ihre Abholzungen in Riau jetzt umso schneller vorantreiben werden, da das Moratorium sie daran hindert, anderswo zu roden.“
Laut Schätzungen von Eyes on the Forest haben APP, die zum multinationalen Mischkonzern Sinar Mas gehören, und APRIL, welche zur in Singapur beheimateten Golden Eagle Group gehören, zusammen etwa 2 Millionen Hektar der natürlichen Wälder in Riau abgeholzt, was etwa der Hälfte des Waldverlustes der Provinz in jüngerer Vergangenheit entspricht. Riau verlor in der Zeit von 1985 bis 2009 4,4 Millionen Hektar seiner einstmals 6,9 Millionen Hektar Waldfläche, was einem Anteil von 63 Prozent entspricht.
Laut Eyes on the Forest würde die Umwandlung der in Riau bereits konzessionierten Waldgebiete in Zellstoffplantagen fast 500 Millionen Tonnen CO2 freisetzen.
Die Forderung kommt für APP und APRIL zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Beide Unternehmen wurden von Umweltverbänden und Menschenrechtsgruppen wegen verschiedener mutmaßlicher Verstöße angegriffen, darunter Abholzung, Trockenlegung von Torfmooren und wegen des Schürens von sozialen Konflikten.
So behauptet APP zum Beispiel, sie würden ihr Nutzholz aus verantwortungsvollen Quellen beziehen, haben dabei aber durchgehend ihre Ziele bezüglich der Rohstoffquellen für Zellstoffe aus Holz verfehlt. Laut Greenpeace – eine der Umweltschutzgruppen, die gegen APP Kampagnen durchgeführt hat – gab der Papierriese zweimal an, sie würden nur noch Plantagenholz verwenden. Die erste Verpflichtung stammt aus dem Jahr 2004, als APP angab, sie würden alle Verwertung natürlicher Wälder bis 2007 beenden. Nachdem dieser Zeitraum nicht eingehalten wurde, verpasste APP im Jahr 2009 erneut das gesetzte Ziel. APP behauptet nun, das Ziel bis 2015 erreichen zu wollen. Weiterhin haben APP und APRIL angeblich gegen das Gesetz verstoßen. Drei Tochtergesellschaften von APP – PT Wirakarya Sakti, PT Rimba Hutani Mas und PT Tebo Multi Agro – wurden von der staatlichen Überwachungsbehörde (BPK) für schuldig befunden, dem Jambi Forestry Service Abholzungs– bzw. Strafgebühren nicht bezahlt zu haben, während mehrere Niederlassungen von APP und APRIL in Zusammenhang mit einem Gerichtsfall wegen illegaler Abholzung in Riau genannt wurden, der laut Eyes on the Forest im Jahr 2008 ‘urplötzlich abgeschlossen’ wurde. Sowohl APP als auch APRIL haben ein großes Netzwerk an Tochterfirmen außerhalb Indonesiens und werden verdächtigt, große Anteile ihrer Gewinne ins Ausland zu transferieren, um Steuerzahlungen zu vermeiden. In der Tat steht Asian Agri, der Palmöl– Ableger von APP, wegen solcher Aktivitäten unter Beobachtung der indonesischen Steuerbehörden.
APP und APRIL wurden auch mit erheblichen Treibhausgasemissionen bei der Herstellung ihrer Papierprodukte in Verbindung gebracht. Neue Veröffentlichungen von Eyes on the Forest sagen aus, dass APRIL momentan die Trockenlegung von Torfmooren in Semenanjung Kampar vorantreibt, „das größte und intakteste Moor– Ökosystem der Insel, mit der möglicherweise größten Konzentration an torfgebundenem Kohlenstoff in Südostasien“. APP behauptet, ihre Papierproduktion sei in etwa kohlenstoffneutral, wobei aber die Berechnungen Umweltschützern zufolge nicht die Emissionen durch Abholzung und Trockenlegung von Mooren berücksichtigen. Ein letztes Jahr veröffentlichtes Gutachten von Rainforest Action Network und Japan Tropical Forest Action Network schätzt die tatsächlichen Emissionen durch APP etwa 500 Mal so hoch ein wie von der Firma selbst angegeben. APP hat mittlerweile eine neue Forschungsinitiative angekündigt, um die Auswirkungen von Plantagenanlagen und Treibhausgasemissionen zu quantifizieren.
Beide Papierhersteller wurden auch wegen ihres Beitrags zur Gefährdung seltener Tierarten heftig angegriffen, so zum Beispiel der Tiger, Elefanten und Rhinozerosse auf Sumatra. Zu Beginn des Jahres startete APP eine Initiative zum Schutz der Tiger, wobei geplant ist, gefährdete Tiger von ihren konzessionierten Abholzungsgebieten in ein geschütztes Gebiet zu verbringen, wo sich bereits eine Tigerpopulation befindet. Dafür hat APP kürzlich eine Vereinigung zum Schutz der Tiger ins Leben gerufen—Sumatran Tiger Preservation Foundation – YPHS. Tigerforscher und Schutzgruppen, bei denen mongabay.com nachfragte, sind unsicher, was sie von der Initiative halten sollen.
Es gibt Widerstand
Umwandlung von Wald in Jambi, Sumatra, im Februar 2011. Foto: Rhett A. Butler. Norwegen hat Indonesien 1 Milliarde US–Dollar zugesagt, um dem Land zu helfen, seine Entwaldung zu reduzieren. Wie in einem kürzlich erschienenen Bericht von Greenomics, (einer indonesischen Nicht– Regierungsorganisation) klargestellt wurde, wird der norwegische Pensionsfonds in PT Indah Kiah Pulp and Paper (IKPP) investieren, eine Tochtergesellschaft von APP. |
Klagen über mangelnden Umweltschutz hatten sowohl bei APP wie auch bei APRIL den Verlust wichtiger Kunden in den Vereinigten Staaten und Europa zur Folge. Besonders APP hat stark gelitten, sie verloren seit 2007 unter anderem Carrefour, Tesco, Kraft, Unisource, Staples, Walmart, Ricoh, Woolworths, Gucci, H&M und Fuji Xerox. Ebenfalls verloren sie das Recht, die FSC – Ökozertifizierung für ihre Produkte zu verwenden. APRIL wurde mittlerweile vom Smartwood – Programm der Rainforest Alliance gerügt, die der Firma die FSC-Zertifizierung im April 2010 vorläufig entzogen. Die Verluste trafen beide Firmen schwer, die seither große Anstrengungen unternehmen, um Kunden zurückzugewinnen.
APP konzentrieren sich auf Public Relations und Marketing, um ihr Image wiederherzustellen. Außer den schon erwähnten Initiativen wurde eine große Anzahl von Berichten über Nachhaltigkeit veröffentlicht und es werden regelmäßig ganzseitige Annoncen in Publikationen wie The Economist geschaltet, in denen ihre Errungenschaften beim Schutz der Umwelt angepriesen werden. APP hat auch auf zweifelhaftere Methoden zurückgegriffen, einschließlich des Einsatzes von Gruppierungen wie World Growth International und Consumer Alliance, die zur amerikanischen Tea Party – Bewegung gehören, um öffentliche Angriffe auf Firmen zu starten, die ihre Produkte nicht mehr einsetzen, und auf Umweltschutzorganisationen, die Zweifel über ihr umweltpolitisches Verhalten äußerten. Als Auditoren Ergebnisse präsentierten, die APP nicht passten, engagierten sie PR– Spezialisten – zum Beispiel ITS Global und Greenspirit – um die Schlussfolgerungen ihren eigenen Vorstellungen entsprechend darzustellen und günstige Berichte zu erstellen, die als „unabhängige Prüfberichte“ vermarktet wurden. Auch wenn unklar bleibt, ob diese Maßnahmen direkt bei APP ihren Ursprung haben oder bei einer der PR – Firmen und Lobbyisten, die sie in den letzten Jahren beschäftigten – darunter Ogilvy&Mather, Weber Shandwick, Cohn&Wolfe, Clark&Weinstock – die Nachricht ist immer die gleiche: APP gibt an, sie würden die Umwelt schützen und die Armut in Indonesien bekämpfen. Aber selbst diese ökonomischen Ansprüche stehen jetzt auf dem Prüfstand. Unabhängige Untersuchungen zeigen auf, dass die Zellstoff – und Papierindustrie im Verhältnis zu ihrem Landbesitz eine relativ begrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen schafft, während offene Schulden, Tochterfirmen und anscheinend auch Steuerhinterziehung durch einige der Firmen den Gesamtbeitrag der Industrie zur Ökonomie Indonesiens verringern.
Beispielhafte Beschäftigungszahlen pro Hektar APP hat laut eigenen Angaben in Indonesien etwa 70.000 Mitarbeiter und hält 2,4 Millionen Hektar an Konzessionen, entsprechend einem Mitarbeiter pro 34 Hektar an Konzessionen (oder 20 Hektar, wenn man die Gebiete ausnimmt, die von APP zur Erhaltung ausgewiesen wurden). Zum Vergleich: Kleinbetriebe in der Waldbewirtschaftung in West Java haben durchschnittlich einen Mitarbeiter pro 0,5 Hektar (Ginoga 2004), beim Palmölanbau sind es für ganz Indonesien 2 Hektar (IPOC 2009) und bei Kakaoplantagen 0,5 bis 1,5 Hektar (Yasa 2007). (Ein Kleinbetrieb wird als einzelne Person gerechnet.) |
Trotz alledem hat die Papier– und Zellstoffindustrie in Indonesien nach wie vor einen starken Einfluss. Im vergangenen Jahr stellte der Mutterkonzern von APP, Sinar Mas Group, den ehemaligen amerikanischen Botschafter in Indonesien, Cameron Hume, als Berater ein, nachdem dieser erst vier Monate zuvor seine vorherige Position aufgegeben hatte. Während dies nicht direkt den ethischen Richtlinien des U.S State Department für die Annahme von Positionen im Anschluss an die Beschäftigung in einem Regierungsamt zuwiderläuft, sorgte der Vorgang doch in einigen Kreisen für erhobene Augenbrauen.
„Die Einstellung von Hume bewegt sich in einer Grauzone“, so ein Vertreter des State Department, mit dem mongabay.com sprach. „Aber uns wird immer gesagt, wir hätten den ‘Eindruck von Irregularität’ zu vermeiden, also können Sie sich vorstellen, warum dies bei manchen Leuten nicht gut ankam.“
APP unternahmen diesen Schachzug, als sie eine Entscheidung des U.S. Department of Commerce anfochten, das einen Anti-Dumping-Aufschlag auf einige ihrer Papierprodukte auferlegte. Es ist unklar, ob die Einstellung von Hume in Zusammenhang mit diesem Disput steht oder was sonst die Rolle des ehemaligen Botschafters im Gesamtunternehmen ist.
Unterstützung des Moratoriums genügt den Umweltschützern nicht
APP ihrerseits behaupten, sie unterstützten das 2-Jahres-Moratorium bezüglich neuer Konzessionen für Wälder.
„Ich glaube, es wäre wirklich gut, eine Pause zu machen“, äußerte Aida Greenbury, damals Nachhaltigkeitsmanagerin bei Asia Pulp & Paper, letztes Jahr gegenüber Voice of America . „Wir waren enormer Kritik aus der ganzen Welt ausgesetzt. Lasst uns alles anhalten, sagt uns, was wir falsch machen, lasst es uns analysieren und prüfen, wo wir Dinge entsprechend der nationalen Richtlinien besser machen können, und lasst uns dann ein neues Regelwerk oder System entwickeln.“
Aber Umweltschützer verlangen jetzt schon mehr von den Zellstoff– und Papierfabriken: Verzicht auf Waldvernichtung und Trockenlegung von Torfmooren, für die sie sich bereits die Konzessionen gesichert haben.
Eyes on the Forest „empfiehlt (…) einen völligen Stopp aller Vorhaben zur Vernichtung von natürlichen Wäldern und Torfmooren in Riau, um eine Waldzerstörung zu verhindern, die sich letztendlich als illegal erweisen könnte.“